Wenn der Dienst zum Horror-Trip wird

Sie müssen gequälte und halb verhungerte Tiere aus verdreckten Wohnungen befreien, psychisch kranke Menschen daran hindern, sich selbst oder andere zu verletzten und auch Beerdigungen übernehmen, wenn die Angehörigen das nicht tun können oder wollen. Trier hat acht kommunale Vollzugsbeamte, deren Dienst schnell zum Horror-Trip werden kann.

 Hinter jedem Funkspruch steht ein weiterer Einsatz für den Vollzugsdienst des Ordnungsamts. TV-Foto: Friedemann Vetter

Hinter jedem Funkspruch steht ein weiterer Einsatz für den Vollzugsdienst des Ordnungsamts. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. (jp) Die Ordnungsämter sind beliebte Hauptdarsteller in Fernseh-Dokumentationen der Privatsender. Dort verwarnen sie die Halter frei laufender Hunde, ermahnen Rotwein-Zecher im Stadtpark und rüffeln generell Menschen, die gegen Regeln, Richtlinien und Verfügungen verstoßen. Wenn sich die Gerüffelten anschließend aufregen, geht die Kamera gerne nah ran und fängt jedes Schimpfwort ein.

"Natürlich gibt es auch solche Fälle", sagt Jörg Elsen. Leiter des Trierer Ordnungsamts. "Die Realität sieht jedoch anders aus." Der Verantwortungsbereich des Ordnungsamts, zu dem der kommunale Vollzugsdienst gehört, sei wesentlich größer und führe die Mitarbeiter nicht selten "an die Grenzen der Belastbarkeit und darüber hinaus".

Sieben der acht Vollzugsbeamten in Trier sind ehemalige Polizisten. "Sie haben sich bewusst für einen Wechsel zum Vollzugsdienst entscheiden, da sie auf diese Weise heimatnah eingesetzt werden und bei ihren Familien bleiben können", sagt Elsen.

Ein Vollzugsbeamter müsse Szenen miterleben, "die aus einem Horrorfilm stammen könnten". Beispiele: "Wir werden zu hilflosen Personen gerufen, die ohne Pflege allein in mit Müll vollgestopften und total verdreckten Wohnungen leben. Wir werden auch gerufen, wenn der Verwesungsgestank eines unbemerkt verstorbenen Menschen aus seiner Wohnung ins Treppenhaus wabert."

Gequälte und halb verhungerte Tiere können ebenso zu einem Fall für den kommunalen Vollzugsdienst werden. "Man erlebt dabei Szenen, die man im 21. Jahrhundert und in einer Stadt wie Trier nicht für möglich halten würde", sagt Elsen.

Im Fall von Gewalt geordneter Rückzug



Ein Vollzugsbeamter ist kein Polizist. "Wir haben wie jeder Bürger das im Paragrafen 127 geregelte Jedermanns-Recht, einen Straftäter so lange festzuhalten, bis die Polizei eintrifft und seine Identität klärt", so Elsen. Wenn körperliche Gewalt ins Spiel kommt, wird den Vollzugsbeamten der "geordnete Rückzug" empfohlen. "Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist sehr gut", betont der Trierer Ordnungsamts-Chef.

Das Ordnungsamt muss auch für Bestattungen sorgen, wenn der Verstorbene keine Angehörigen mehr hat oder falls die Angehörigen die Beerdigung nicht bezahlen können. "Im Jahr 2009 gab es 20 Fälle dieser Art", sagt Elsen. "Tendenz steigen." Wenn der Verstorbene nichts hinterlassen hat und keine anderen Wünsche der Angehörigen bekannt sind, erfolgt eine Einäscherung und eine anonyme Beisetzung, da die Ordnungsbehörde nur verpflichtet ist, den "notwendigen Mindestaufwand" durchzuführen und zu bezahlen.

Eine häufige falsche Annahme: Die acht Mitarbeiter des Vollzugsdiensts schreiben keine Knöllchen. Für die "Überwachung des ruhenden Verkehrs" ist in Trier nicht das Ordnungsamt zuständig, sondern das Straßenverkehrsamt.

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