Wenn der Streit mit der Chefin krank macht

TRIER. Die Kindertagesstätte "Schneidershof" hat einen guten Ruf in der Region Trier. Doch hinter den Kulissen spielen sich extreme Konflikte ab. Mehrere Erzieherinnen sind über Monate hinweg arbeitsunfähig, sie sprechen von Problemen mit der Leiterin des Hauses. Die Vorgänge in der Kita füllen Ordner bei der Gewerkschaft Verdi und dem Arbeitsgericht.

"Es ist schade um diesen Kindergarten, und es ist schade um hervorragende Erzieherinnen, die seine Qualität ausgemacht haben. Ich werde wohl nie verstehen, wie eine Einrichtung, die sich so hohe Ideale und Ziele auf ihre Fahnen geschrieben hat, so unsozial mit ihren Angestellten umgehen kann." Dieser Auszug stammt aus einer E-Mail, die von der Mutter eines der Schneidershof-Kinder verfasst wurde. Empfänger war der Vorstand des Vereins "Kindertagesstätten an den Trierer Hochschulen e. V.", der Träger der Kita Schneidershof ist. Die Probleme in der Einrichtung sind komplex, doch diese beiden Sätze treffen den Kern der Vorwürfe, die von mehreren Erzieherinnen - drei sind über Monate hinweg krank geschrieben - und auch Eltern erhoben werden. 28 Mütter und Väter von Schneidershof-Kindern fassten ihre Bedenken in einem Brief, der dem TV vorliegt, zusammen. "Der Umgang mit Konflikten im Team und das teilweise unschöne Verhalten der Leiterin uns Eltern gegenüber, auch im Beisein der Kinder, beunruhigt uns", heißt es darin. "Hier werden Fronten aufgebaut."Anderthalb Jahre lang krank geschrieben

Diese Fronten trennen zwei Parteien, die sich momentan vor dem Arbeitsgericht auseinander setzen. Irmgard Meier (Name geändert), seit mehr als elf Jahren Erzieherin im Schneidershof, tritt gegen ihren Arbeitgeber an. Sie war anderthalb Jahre lang arbeitsunfähig, ist seit einigen Tagen wieder fit und will arbeiten - doch der Schneidershof will sie nicht mehr, denn durch ihren Fall kam das böse Wort ans Tageslicht: Mobbing. Die Erzieherin kämpft noch um ihre Wiedereinstellung. Sie will deshalb momentan außerhalb des Gerichtssaals keine Aussagen zum Verhältnis mit der Leiterin Rita Hauser (Name geändert) machen. Verdi-Gewerkschaftssekretär Frank Hutmacher, der Irmgard Meier vertritt und dem sie die Problematik ausführlich geschildert hat, findet dagegen deutliche Worte: "Ich habe schon viele Mobbing-Fälle erlebt und betreut. Das hier ist ganz eindeutig einer." Die Leiterin habe zwei Erzieherinnen aufgefordert, die Wiedereingliederung von Irmgard Meier "schwierig zu gestalten und diese im hohen Maße zu belasten" - das schreibt Frank Hutmacher dem Vorsitzenden des Vereins "Kindertagesstätten an den Trierer Hochschulen e. V.", Jörg Zisterer. Diese Aufforderung zum Mobbing bestätigen die beiden Kolleginnen von Irmgard Meier in einer eidesstattlichen Erklärung. "Wir wollen die hier nicht, mit ihr kann man nicht arbeiten" - das habe die Kita-Leiterin gesagt. Statt Meier zu mobben, erzählten ihr die Kolleginnen von diesem Gespräch, woraufhin die Erzieherin den Repräsentanten ihrer Gewerkschaft ins Vertrauen zog. Hutmacher schrieb an den Trägerverein. Die Reaktion: zuerst eine fristlose und dann eine fristgerechte Kündigung für Irmgard Meier, gegen die sie vor dem Arbeitsgericht kämpft. Die Mobbing-Aufforderung habe es nie gegeben, sagt der Arbeitgeber. Das sei "Verleumdung" und "üble Nachrede" und damit ein Kündigungsgrund. Vor Gericht argumentierte der Anwalt des Trägervereins, die Leiterin des Schneidershofs könne "nicht klar bestätigen, dass ein solches Gespräch stattgefunden hat". Zu den Begründungen der Kündigung gehörte auch der Vorwurf, Irmgard Meier habe behauptet, sie könne mit der Leiterin nicht mehr zusammenarbeiten - ein Satz, der während einer Mediation, einer Gesprächsrunde zur Konfliktbereinigung, gefallen ist. Interessanterweise wurde vor Beginn des Mediationsgesprächs absolute Vertraulichkeit zugesichert, das bestätigen mehrere Erzieherinnen. Dennoch landete die Aussage von Irmgard Meier prompt im Kündigungsschreiben. Vor Gericht begründete der Anwalt des Trägervereins diesen Schritt mit der "Wahrung von berechtigten Interessen". Die Mediation wurde übrigens nach dem ersten Gespräch als aussichtslos beurteilt und abgebrochen. Die Mediation und den Mobbing-Vorwurf will sich Richterin Uta Lenz noch genauer ansehen. Die Verhandlung vor dem Arbeitsgericht wird am 1. Februar 2005 fortgesetzt. Die Leiterin der Kita weist alle Vorwürfe zurück. "Ich habe weder Mobbing betrieben noch jemals dazu aufgefordert", sagt Rita Hauser im TV -Gespräch. Auch das im Elternbrief genannte "unschöne Verhalten" könne sie nicht nachvollziehen. Wieso sind mehrere Erzieherinnen über Monate hinweg arbeitsunfähig? "Sie haben sich nie über Art und Ursache ihrer Erkrankung geäußert." Der einzige Kommentar des Vereins-Vorsitzenden Jörg Zisterer: "Schwierigkeiten in diesem Bereich müssen auch wegen der Schweigepflicht auf Arbeitgeberseite intern gelöst werden." Was brennt Ihnen auf den Nägeln? Schildern Sie uns Ihr Problem auf maximal einer Din-A-4-Seite und schicken Sie es als Brief an: Trierischer Volksfreund, Stichwort: " TV bringt's voran”, Hanns-Martin-Schleyerstraße 8, 54294 Trier, oder als E-Mail an: thema@volksfreund.de. Der TV bringt ihr Thema voran.

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