Wenn lesen, schreiben und rechnen zu schwierig ist

Trier · Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können, haben oft mit Problemen am Arbeitsplatz zu kämpfen. Das Thema wurde am Mittwoch in der Volkshochschule Trier diskutiert. Auffällig: das Fehlen von Vertretern aus Betriebs- und Personalräten.

Trier. 7,5 Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht richtig lesen und schreiben. Mehr als die Hälfte der Betroffenen hat aber trotzdem eine Arbeitsstelle. Dort kommen auf diese Menschen jedoch gerade durch die zunehmende Digitalisierung in vielen Branchen erhebliche Probleme zu.
Die Betriebe sollen für solche sogenannten Geringqualifizierten vor allem sensibilisiert werden und ihnen helfen. Das ist auch Thema einer Veranstaltung der APAG Trier in den Räumen der Volkshochschule (VHS). APAG steht für Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierung und Grundbildung, ein Projekt, das die VHS 2012 gestartet hat.
Zu Beginn des Treffens mit gut zwei Dutzend Teilnehmern tritt Sigrid Schöpper-Grabe vom Institut für Wirtschaft in Köln ans Rednerpult. Ihr Vortrag bildet den theoretischen Grundstock für die danach folgende Diskussion. Untersuchungen zufolge verlässt heute etwa jeder Fünfte die Schule ohne ausreichende Grundkompetenzen, sprich: Der Absolvent kann weder richtig lesen noch schreiben noch beherrscht er grundlegende Rechenarten. Ein Problem in den Betrieben sind laut Schöpper-Grabe nicht nur die niedrige Qualifikation, sondern die wenigen Weiterbildungsmöglichkeiten. Dabei hätten Mitarbeiter, die die Möglichkeit bekommen, in der Schule Versäumtes nachzuholen, auch Vorteile für die Unternehmen, sagt Schöpper-Grabe. Der Mitarbeiter würde Vertuschungsverhalten ablegen, sein Selbstbewusstsein und seine Motivation würden gestärkt und das Risiko von Arbeitsunfällen verringert.
VHS-Leiter Rudolf Hahn schildert die derzeitige Situation: "Zu uns kommen die Leute, bei denen die Schmerzgrenze erreicht ist und die etwas ändern wollen. Das reicht aber nicht." Hahn sieht die Zukunft der Alphabetisierung von Erwachsenen vor allem in Betreuung außerhalb von Kursen, denn die werden im Moment nur wenig genutzt.
Christian Schmitz vom Deutschen Gewerkschaftsbund sieht auch ein Problem bei den Arbeitgebern: "Irgendwie ist das Thema noch nicht angekommen. Auch nicht, welches Potenzial vorhanden ist, wenn man Geringqualifizierte weiterbildet." Dass das Thema vor allem bei Betriebs- und Personalräten noch nicht ins Bewusstsein vorgedrungen ist, belegt deren Abwesenheit bei dem Treffen. Vielleicht auch, weil das Problem immer noch mit einem Tabu belegt sei, sowohl im Umfeld der Betroffenen als auch in den Betrieben, vermutet Schmitz. Direkte Hilfe für die Grundbildung Erwachsener bietet die VHS momentan vor allem in Form von Lerncafés, einer speziellen Lernsoftware und der Betreuung durch Lernpaten. Hahn erklärt, dass die Leute so schrittweise auf den Weg zur Grundbildung geführt werden sollen. lekr

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