Wenn West auf Ost trifft...

TRIER. Mit einer neuen Facette des Jazz überraschte das dritte Konzert der Festivalreihe "Jazz im Brunnenhof". Der französische Trompeter und Komponist Florent Briqué führte in einem innovativen Projekt mit dem Titel "West to East" Free-Jazz, Elemente der klassischen Musik und asiatische Einflüsse zusammen.

Wer stärker für den Ausbruch von Hitzewallungen verantwortlich ist, die schwüle, stickige Luft zwischen aufgeheizten Mauern oder die Musik, die von der Bühne schallt, ist an diesem dritten Konzertabend im Telekom-Innenhof nicht genau auszumachen. Tatsache ist jedoch, dass hier sieben Instrumentalisten und zwei Stimmen Klänge fernab des Mainstream produzieren, die alles andere als "cool" und nicht immer dazu angetan sind, sich entspannt zurückzulehnen. Instrumentaler Klangteppich

Das anspruchsvolle Projekt, das Aufmerksamkeit und Konzentration von Musikern wie Zuhörern verlangt, stammt aus der Feder des französischen Komponisten und virtuosen Trompeters Florent Briqué. Für "Jazz im Brunnenhof" hat er einen experimentellen Stilmix kreiert, der seinen Überraschungseffekt vor allem aus der Zusammenführung zweier grundverschiedener Auffassungen von Gesang bezieht. Da sind einmal Koloraturen und klassische Arien-Fragmente, die Delphine Lambert, ein neues Talent am französischen Opernhimmel, sensibel und gleichzeitig präzise in den instrumentalen Klangteppich einstreut. Und da sind rhythmische Lautmalereien des aus Shanghai stammenden Coco Zhao, wenn man so will, eines chinesischen Bobby McFerrin. Die Mundhöhle als Resonanzkörper benutzend, entlockt er seiner Stimme schnalzende, klackernde, summende Geräusche, um dann zu sanft balladeskem Gesang in poetisch klingender chinesischer Sprache zu wechseln. Beides ergänzt sich unerwartet gut, beide, Sängerin und Sänger sind Könner. Lambert löst ihre Töne fast unmerklich aus den von Piano oder Trompete vorgegebenen Tönen, um plötzlich ungeheuer kraftvoll die Regie zu übernehmen. Zhao greift sensibel Grundrhythmus-Impulse oder die der anderen Stimme auf und entwickelt sie weiter. Dazwischen folgen Instrumentalpassagen, stilistisch angelehnt an Free-Jazz, gekennzeichnet von sauberen Bläsereinsätzen und furiosen Soli. Vor allem Cédric Hanriot am Piano, Bertrand Beruard am Kontrabass und Matthieu Chazarenc am Schlagzeug treiben sich gegenseitig in fast orgiastische Ausbrüche. So innovativ "West To East" auch gemacht ist, restlos überzeugt es nicht. Es bleibt der Eindruck des Konstruierten.

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