Wenn Wild den Wald auffrisst

Es ist ein Problem, das den Wald im Hochwald fast flächendeckend betrifft. In vielen Revieren beklagen die Forstämter massive Schäden an jungen Bäumen. Verursacher dieser Verbiss- und Schälschäden ist das Reh- und Rotwild.

Kell am See. (HM/ax) "Es ist schon dramatisch, was wir an vielen Stellen unseres Waldes beobachten müssen", sagt Helmut Lieser, der Leiter des Forstamts Saarburg. Auch Kells Verbandsgemeindebürgermeister Werner Angsten spricht von einem Problem, "das gravierend ist". Was die beiden meinen sind die enormen Schäden, die Reh- und Rotwild im Wald anrichten. Die Tiere fressen auf ihrer Nahrungssuche die Triebe und Blätter von Jungbäumen oder sie schälen die Rinde von Stämmen ab.

Vor 20 Jahren mussten im Hochwald nach den Orkanen "Vivian" und "Wiebke" viele Waldbestände neu augeforstet werden. "In manchen von ihnen hat das Wild die Bäume aber so verbissen, dass sie immer noch nur die Größe einer Hecke haben", sagt Lieser.

Die Verbiss- und Schälschäden sind auf dem Hochwaldrücken fast flächendeckend und reichen bis in den Zuständigkeitsbereich des Forstamts in Hermeskeil hinein. Dort ist vor allem der große, geschlossene Waldkomplex im Bereich Reinsfeld, Gusenburg und Grimburg betroffen. Von dort erstreckt sich die Schadenszone weiter durch den Schwarzwälder Hochwald. Auch im Staatswaldrevier Klink und den Gemeindewäldern Waldweiler, Kell, Schillingen, Greimerath und Zerf bis hinunter an die Saar bei Serrig sei es schwer, "dem Rotwildproblem Herr zu werden", so Lieser.

Die Verbissschäden bedeuten für die Bäume, dass das wertvolle Holz im unteren Stammbereich verfault. Es kann vom Forstamt nur noch als Industrieholz, etwa für Spanplatten, verkauft werden - und zwar bei einer Fichte zum Festmeterpreis von 30 Euro. Für eine gesunde Fichte bekommt das Forstamt hingegen von den Sägewerken 90 Euro pro Festmeter. Welche finanziellen Auswirkungen das für einen Waldbesitzer haben kann, macht Lieser am Beispiel der Ortsgemeinde Kell deutlich. Deren Erlös aus dem Verkauf von 7400 Festmeter Holz hätte circa 500 000 Euro betragen können. Weil aber fast 2000 Festmeter minderwertiges Holz dabei waren, lag er de facto um 140 000 Euro niedriger.

Große Einbußen beim Holzverkauf



Die Rotwildschäden nehmen weiter zu, darüber waren sich die Teilnehmer einer Exkursion in Kell mit Vetretern der Forstbehörden, der Kommunalpolitik und auch der Jägerschaft einig.

Das liegt vor allem daran, dass sich immer mehr Rotwild im Wald tummelt, die Population also zunimmt. Lieser geht davon aus, dass sich auf 100 Hektar derzeit zwischen acht und zwölf dieser Tiere verteilen. Bei Kell habe man schon große Rudel mit circa 85 Stück Rotwild gesichtet. Die Reduzierung des Wildbestandes sei deshalb extrem wichtig, war der einheitliche Tenor der Expertenrunde. Aus diesem Grund kommt den Jagdpächtern eine besonders verantwortungsvolle Rolle zu. Damit ein Waldbesitzer die in den Pachtverträgen vereinbarten Abschusszahlen der Jäger besser kontrollieren kann, ist gerade aus Sicht der Förster der sogenannte körperliche Nachweis ein effektives Mittel. Damit ist eine Methode gemeint, bei der der Jäger einem Vertrauensmann das tote Tier zeigt und dieser es mit einer Kerbe im Ohr kennzeichnet. So besteht die Gewissheit, dass das vom Pächter gemeldete Wildstück auch tatsächlich erlegt wurde. Kreisjagdmeister Rolf Kautz sagt dazu: "Mit dem körperlichen Nachweis haben wir als Jäger keine Probleme. In einigen Revieren ist dies bereits auf freiwilliger Basis die Praxis."

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