Wer hörte den Schrei?

Im Fall der seit viereinhalb Monate verschwundenen Trierer Studentin Tanja Gräff sucht die Polizei nach einem anonymen E-Mail-Schreiber, der in der Nacht von Tanjas Verschwinden einen Schrei gehört haben will.

Trier. Nach wie vor tappen die Fahnder im Fall der Anfang Juni auf dem Sommerfest der Trierer Fachhochschule unter mysteriösen Umständen verschwundenen Studentin Tanja Gräff im Dunkeln. Von der 21-Jährigen fehlt weiter jede Spur - ebenso von jenem unbekannten jungen Mann, in dessen Begleitung Tanja in den frühen Morgenstunden zuletzt gesehen worden war.

Mit einem ungewöhnlichen Anliegen hat sich jetzt der Leiter der Sonderkommission Fachhochschule, Bernd Michels, an alle Nutzer der Bibliothek des Trie rer Priesterseminars gewandt. Gesucht wird ein anonymer Hinweisgeber, der sich drei Wochen nach Tanjas Verschwinden mit einer übers Internet verschickten Nachricht (E-Mail) an die Polizei gewandt hat. Darin berichtet der Schreiber (oder die Schreiberin) von einem Schrei, den er in der Nacht von Tanjas Verschwinden gegen 4 Uhr am neben der Kaiser-Wilhelm-Brücke gelegenen Zurlaubener Ufer gehört haben will.

Nach Polizeiangaben betont der anonyme Hinweisgeber in der E-Mail auch sein schlechtes Gewissen, weil er sich "aufgrund von Prüfungsvorbereitungen erst Tage nach dem Verschwinden der Studentin gemeldet" habe. "Daraus können wir niemanden einen Vorwurf machen", sagte Soko-Vize Eckhard Otto gestern unserer Zeitung. "Wir bitten aber den anonymen Hinweisgeber darum, sich erneut bei uns zu melden." Es könne nämlich sein, dass die Begebenheit am Zurlaubener Ufer für die weiteren Ermittlungen sehr wichtig sei, sagt der Soko-Vize.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich tatsächlich um einen erfolg- versprechenden Hinweis handelt, ist allerdings eher gering. Denn der anonyme Hinweisgeber spricht in seiner E-Mail von 4 Uhr, als er den Schrei gehört habe. Stimmt die Uhrzeit, kann der Schrei unmöglich von Tanja Gräff gekommen sein, weil die 21-Jährige noch um 4.13 Uhr per Handy mit einem Bekannten telefoniert hatte. "Wir wollen aber sichergehen, ob der anonyme Hinweisgeber den Schrei nicht schon um vier Uhr, sondern womöglich einige Zeit später gehört haben könnte", sagt Ermittler Otto.

Das klingt eher nach einem weiteren Strohhalm, an den sich die 20-köpfige Soko klammert. Dass die anonyme E-Mail "am 28. Juni kurz vor Schließung von einem Rechner der Bibliothek des Priesterseminars" aus versandt wurde, wissen die Fahnder aufgrund der sogenannten IP-Adresse (Internet-Protocol-Address), die jeder Computer bei der Kommunikation hinterlässt. Wie viele Bibliotheks-Besucher als potenzielle Absender der E-Mail infrage kommen, weiß Soko-Vize Otto allerdings nicht.

"Ganz hervorragend" läuft nach Angaben Ottos die Zusammenarbeit mit den luxemburgischen Kollegen. Hintergrund ist die Suche nach einem Peugeot mit wahrscheinlich luxemburgischen Kennzeichen, in dem Tanja in der Nacht ihres Verschwindens gesessen haben könnte. Trotz der "hervorragenden" Zusammenarbeit gibt es aber auch in diesem Punkt bis dato nichts Erfolgversprechendes zu vermelden. "Der größte Teil der Peugeot-Fahrer ist überprüft", sagt Otto, "bislang war alles negativ."

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