Wer will alten Menschen helfen?

MARIAHOF. Mariahof ist nach Trier-Mitte der Stadtteil mit dem höchsten Altenanteil. Doch wie geht es hier weiter mit der Nachbarschaftshilfe, nachdem sich der Sozialdienst e.V. aufgelöst hat? Die "Sozialen Dienste St. Michael" übernehmen diese Arbeit.

Viermal summt die Klingel. Dann öffnet sich die Tür und Josefine Laux (78) begrüßt freudestrahlend ihren Gast. Seit zehn Jahren klingelt Ursula Cybula an die Türen der einsamen oder durch Krankheit ans Haus gefesselten Mariahofer. Wird ihr die Tür geöffnet, so hört sie sich die Sorgen und Nöte an und macht anschließend für die alte Dame oder den alten Herrn die eine oder andere Besorgung in der Stadt. "Ich mache es von Herzen gern", sagt die inzwischen 80-Jährige. Außerdem leitet die rüstige Dame den "Club 65". Dort treffen sich die Über-65-Jährigen aus Mariahof ein Mal im Monat bei Kaffee und Kuchen. Als 1973 der Sozialdienst e.V. gegründet wurde, war er der erste in Trier. Durch die vielen altengerechten Wohnungen im Stadtteil gab es einen verhältnismäßig hohen Anteil älterer Menschen. Etwa 50 Leute machten sich im Verein Sozialdienst zum Ziel, entsprechend dem Leitgedanken "Bürger für Bürger" für ältere Menschen Besorgungen zu machen und hilfsbedürftige Mitbürger zu beraten. Der ökumenisch ausgerichtete Sozialdienst wollte ehrenamtliche Helfer für seine Idee der Nachbarschaftshilfe gewinnen und fachlich schulen. Doch dann kamen auch in Mariahof die ambulanten Pflegedienste auf und die Nachfrage nach den Leistungen des Sozialdienstes wurde weniger. Die Frage: Warum brauchen wir überhaupt noch den Sozialdienst?, stand im Raum. Zudem sind die einst engagierten Mitglieder selbst alt geworden. Der Sozialdienst beschloss schließlich, sich zum 31. Dezember 2003 aufzulösen. Doch das Ende des Sozialdienstes bedeutet kein Ende der Nachbarschaftshilfe in Mariahof. Die engagierten Mitglieder des Sozialdienstes sollen in die "Soziale Dienste St. Michael" eingebunden werden. Die "Sozialen Dienste" besuchen derzeit unter anderem ehemalige Mariahofer in ihren neuen Wohnungen in Altenheimen. Durch die Bündelung der Kräfte in den Sozialen Diensten verspricht sich Diakon Franz Rudolf Junge neue Möglichkeiten. Der Vorstand des Sozialdienstes e.V. betont, dass man nicht an den "alten Zeiten" festhalten soll, sondern die Auflösung als den Anfang für eine andere, ungebundene Form der Nachbarschaftshilfe betrachten soll. "Die Ernte ist mager gegenüber früher", beschreibt Werner Leinenbach, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates St. Michael, die schwierige Suche nach engagierten Mariahofern. Viele Frauen sind heute berufstätig und finden keine Zeit mehr für das Engagement. Es ist klar, dass die Sozialen Dienste nicht jeden Morgen ins Haus kommen können, um das Bett zu machen. Zu ihren Aufgaben zählen die einfachen Dinge, die ein ambulanter Dienst nicht macht. Für Josefine Laux sind die Besuche unverzichtbar. "Frau Cybula ist mein 15. Nothelfer", verrät sie und strahlt dabei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort