Widerstand gegen geplante Schulschließung im Norden

Trier · Bürgermeisterin Angelika Birk schlägt vor, die Grundschulen Martin und Kürenz zum Schuljahr 2014/15 aufzulösen zugunsten einer großen Ambrosius-Schule für Trier-Nord. Der Plan stößt bei den meisten Stadtratsfraktionen auf Skepsis bis Ablehnung.

Trier. In die seit Monaten stockende Schulentwicklungsplanung der Stadt Trier kommt überraschend Bewegung. Anlass ist ein Vorstoß von Schuldezernentin Angelika Birk (Bündnis 90/Die Grünen) zur Zukunft der Grundschulstandorte im Trierer Norden (der TV berichtete).

Die Idee: Schon der Entwurf des Trierer Schulentwicklungsplans vom Büro Krämer-Mandeau sieht vor, eine vierzügige Am brosius-Grundschule und eine zweizügige Ausonius-Grundschule zu bilden. Die Grundschulen Kürenz (derzeit 54 Schüler) und Martin (139) entfallen. Dafür spricht sich Angelika Birk inzwischen offen aus: "2013/14 bleibt für alle Trierer Schulen noch Alles beim Alten. Ab 2014/15 könnten wir in dem sanierten Gebäude der ehemaligen Theodor-Heuss-Hauptschule eine bilinguale Ambrosius-Grundschule mit dem Schwerpunkt Englisch einrichten. Wir würden natürlich keine bestehenden Klassen auseinanderreißen." Die künftigen Grenzen der Schulbezirke seien noch zu klären. Teile der bisherigen Einzugsgebiete von Martin und Kürenz könnten an die benachbarten Schulen Ausonius, Egbert oder Keune fallen.

Das Verfahren: Der Stadtrat soll im März den Gesamtentwicklungsplan beschließen. Die Entscheidung über Neuerungen einzelner Schulen trifft letztlich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier. Dabei werden Lehrerkollegium, Personalrat und Elternschaft beteiligt.

Die Eltern: Claudia Thome-Fürstenberg, Elternsprecherin der Martin-Schule, kritisiert: "Frau Birk kann doch nicht erwarten, dass wir nach der Vorabinformation durch sie die Füße stillhalten. Martin ist eine intakte, dauerhaft zweizügige Schule, die geopfert werden soll, um die Förderung für die Ambrosius-Sanierung zu rechtfertigen. Dagegen wehren wir uns und werden Vorschläge machen, wie Geld für die Sanierung unseres Gebäudes beschafft werden kann."
Tanja Wilhelm, Elternsprecherin in Kürenz, dankt der Dezernentin für das "konstruktive Gespräch" auch über Möglichkeiten der Schülerbeförderung zu Ambrosius: "Wir kämpfen aber vor allem für den Erhalt unseres Standorts in der Mitte von Kürenz in einem tadellosen Gebäude."

Die Ratsfraktionen: Matthias Melchisedech (CDU) wundert sich, dass Birk "ohne Not vorgeprescht" sei. "Ohne die Martin-Schule würde das lebendige Maarviertel austrocknen. Sie spielt auch für viele Mitarbeiter des Brüderkrankenhauses eine wichtige Rolle. Das Ambrosius-Gebäude ließe sich zum Beispiel durch Teile der Berufsbildenden Schulen sinnvoll nutzen."
Christiane Probst (FWG): "Wir sind grundsätzlich für den Erhalt von Grundschulen. So lange wir nicht das Gesamtkonzept der Verwaltung vorliegen haben, können wir keine Entscheidung treffen." Darauf wartet auch Joachim Gilles (FDP): "Bisher ist bei der Verwaltung keine klare Linie erkennbar. Wir brauchen Berechnungen zu Kosten von Sanierungen und Bustransfers." Zu berücksichtigen seien die Verankerung der Schulen im Stadtteil, gewachsene Kooperationen und Nutzung durch Vereine.
Aus Sicht von Regina Bux (SPD) ist es für konkrete Festlegungen noch zu früh: "Wir halten den Standort Ambrosius für sehr wichtig. Zunächst muss der Stadtvorstand sein Konzept vorlegen, dann können wir diskutieren und Mehrheiten finden."
Katrin Werner (Die Linke) verweist auf die Rolle Triers als einer der wenigen Wachstumsorte landesweit. Ihre Fraktion sei gegen Schulschließungen: "Es darf nicht sein, dass gewachsene Strukturen mit Vereinen, Kitas und Pfarreien kaputt gehen. Für die Inklusion, die soziale Teilhabe aller, brauchen wir kurze Wege." Gerd Dahm (Grüne) spricht sich gegen eine "erzwungene Zusammenlegung" von Ambrosius, Martin und Kürenz aus: "Die Auslastung des sanierten Gebäudes muss das Ergebnis eines konzeptionellen Prozesses mit allen beteiligten Grundschulen in Trier-Nord und Trier-Mitte sein. Eltern und betroffene Pädagogen müssen überzeugt werden, dass die neue Schule für alle Kinder große Chancen bietet."Meinung

Dammbruch an der Mosel
Dezernentin Angelika Birk bläst der Wind mal wieder stark ins Gesicht. Sie hatte das hehre Ansinnen, zwei betroffene Schulgemeinschaften frühzeitig über Schließungspläne zu informieren. Es war aber klar, dass eine Schule, der ihre Abschaffung offen avisiert wird, sich damit nicht wochen- und monatelang stillschweigend abfinden wird. Zudem ist mit diesem ersten konkreten Vorschlag der Verwaltung ein Damm gebrochen. Natürlich stürzt sich jetzt alles auf diesen Punkt, auch wenn er nur ein kleiner Teil des Gesamtkonzepts ist. Das hat Angelika Birk offenbar unterschätzt, wobei, wie sie richtig betont, noch nichts entschieden ist. Bei den Ratsfraktionen greifen die bei dem sensiblen Thema üblichen Reflexe nach dem Motto: Wer die erste Schule aufgibt, hat bei den Wählern verloren. Die Wochen der Wahrheit kommen im Februar und März, wobei auch dieser Zeitplan schon wieder knapp werden dürfte. m.hormes@volksfreund.de

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