Wie die Aktien in Trier und Umgebung stehen

TRIER. Es war ein Zitterjahr für viele an der Trierer Aktienbörse. Täglich erschütterten neue Enthüllungen und überraschende Kursstürze das Parkett. Dafür erholten sich längst totgeglaubte Wertpapiere und erreichten ungeahnte Höhen.

Verlierer des Jahres ist die Peter-Rauen-Aktie . Zuletzt hatte das Salmtaler Unternehmen in einer unspektakulären, aber einträglichen Nische im Sportartikel-Markt überwintert. Dann entschloss sich der Geschäftsführer überraschend, eine Attacke auf den schwächelnden Marktführer Opposition-GmbH Rheinland-Pfalz zu starten. Offenbar von den falschen Analysten beraten, überschätzte er seine Möglichkeiten bei weitem. Der Versuch der feindlichen Übernahme scheiterte kläglich. Millionenverluste musste ausgerechnet das Paradepferd Stadtwerke Trier AG hinnehmen. Grund sind überteuerte Vertragsabschlüsse des früheren Vorstandsvorsitzenden Ewald Thisse auf dem heiklen Parkhaus-Sektor. Die Sache kam an den Tag, weil eine anonyme Schutzgemeinschaft von Kleinaktionären immer wieder Interna aus dem Aufsichtsrat durchsickern ließ. Nach Jahren der Baisse versucht die einst mächtige Holding SPD Trier Inc. eine Restrukturierung unter neuer Leitung. Den Chefsessel vertraut man einer frisch in die Firma eingeheirateten Unternehmensberaterin mit Erfahrung an der Mainzer Regierungsbörse an. Angesichts der Größe des Sanierungsbedarfs hat das Himmelfahrtskommando für Managerin Malu Dreyer einen Vorteil: Fallen kann das Papier nach dem katastrophalen Stand bei der Aktionärsversammlung im letzten Juni wohl nicht mehr. Jahrelang gehörte der Helmut-Schröer-Systems-Trust zu den kräftigsten Bullen am Trierer Aktienmarkt. 2004 war das Brummen der Bären nicht zu überhören. Dicke Verluste bei den Tochterunternehmen Stadtwerke und GBT, Personalprobleme in der Verwaltungszentrale, Ungeschicklichkeiten beim vom Chef persönlich an Land gezogenen Großprojekt LGS: Nur weil der Trust durch langjährige Erfolge kräftige Rücklagen und ein solides Polster erwirtschaftet hatte, konnte der Kurs letztlich wieder stabilisiert werden.Absatzeinbrüche im Glaubwürdigkeitsbereich

Auch das Bischof-Marx-Imperium , einst als renditesicherer "Blue Chip" gehandelt, muss der schwierigen Marktlage Tribut zollen. Ein beinharter Rationalisierungskurs soll die 100-prozentige Vatikan-Tochter wieder in die Gewinnzone bringen. Marketing-Strategen weisen allerdings darauf hin, dass die Sanierungsmaßnahmen imagemäßig mit dem vom Vorstands-Chef bevorzugten Marktsegment "Sozialstaat" kaum in Einklang zu bringen sind. Die Experten prophezeien Absatzeinbrüche im Glaubwürdigkeitsbereich. Auf der Suche nach neuen Märkten ist die Gerhard-Weber-Gaukler-OHG . Mit Genussscheinen und Lust-Optionen soll der vom Aussterben bedrohten Theaterkonsumenten-Klientel neues Blut zugeführt werden. Investitionen in die Infrastruktur wurden trotz angespannter Liquiditätslage bereits getätigt. Das komplett von außen importierte neue Management-Team feilt noch am Unternehmensprofil für den durchaus eigenwilligen heimischen Markt. Eine glänzende Performance legte die Joe-Whelton-Sports-Ltd. in ihrem ersten Trierer Jahr hin. Aus einem Team weitgehend namenloser Mitarbeiter formte die Consulting-Firma für die Korbmacher-Branche eine eingeschworene Truppe, die die solventeren Konkurrenten am Basketball-Markt das Fürchten lehrte. Allerdings gab es in den Börsenferien massive Gewinnmitnahme-Effekte im Kreis der Angestellten, die einen Neuaufbau notwendig machten. Zeitweilige Kursverluste konnten rasch aufgefangen werden. Als hochverzinsliche Wertanlage erwies sich im Laufe des Jahres die Christoph-Tyrell-Weinkooperative . Der Alleininhaber, ein Quereinsteiger mit rechtswissenschaftlichen Wurzeln, baute einen durch Ungeschick heruntergewirtschafteten Familienbetrieb dank kluger Marktstrategie und cleverer Personalauswahl systematisch zu einem Branchenführer auf. Aus einem riskanten Warentermingeschäft mit stark witterungsabhängigen Produkten machte er eine Premium-Marke, was ihm sogar einen branchenspezifischen "Manager des Jahres"-Titel einbrachte.Notlösung entpuppt sich als Glücksfall

Kollektive Vorstände gelten unter Analysten als sichere Voraussetzung für den Niedergang eines Wirtschaftsbetriebes. Um so erstaunlicher die Entwicklung beim Fußball-Konzern Eintracht 05 : Das Triumvirat Jochem/Friedrich/Gläsner - eine Notlösung, weil keiner als Einzelvorstand amtieren wollte - erwies sich als Glücksgriff. Man hielt die Konzernfinanzen in Ordnung, förderte den Nachwuchs, ließ die Abteilungsleiter in Ruhe arbeiten. Um öffentliche Mittel für Infrastrukturmaßnahmen einzuwerben, jammerte man nicht, sondern startete eine Überzeugungs-Offensive. So lange die Fördertöpfe in Mainz und Trier verschlossen bleiben, dräuen freilich dunkle Wolken über der Zukunft des Konzerns. Das Comeback des Jahres lieferte der Karl-Marx-Fonds . Nach einer weltweiten Insolvenz Ende der 80er-Jahre hatte man den Handel gänzlich ausgesetzt. Die wertlosen Pennystocks wurden nun auf dem Trierer Parkett als Neu-Emission für den chinesischen Touristen-Markt heraus gebracht. Der Mann mit dem weißen Bart soll als Global Player von der Mosel künftig roten Wein statt rote Fahnen exportieren. Der Vertrauensvorschuss ist groß: Die heimischen Kleinanleger kürten den Marx-Fonds im November zum größten Investment aller Zeiten.

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