Religion Experte warnt: „Wir verdrängen die Gefahren von Islamismus“

Trier/Paris/Berlin · Wie sich muslimische Gemeinden in der Region vor Radikalisierung schützen und was Lehrer tun können.

Wie sich muslimische Gemeinden in der Region vor Radikalisierung schützen und was Lehrer tun können
Foto: dpa/Armin Weigel

Es wird als Angriff auf die Grundwerte der Demokratie verstanden – die Ermordung und Enthauptung des französischen Geschichtslehrers Samuel Paty im Oktober bei Paris. Paty hatte beim Thema Meinungsfreiheit Karikaturen des Propheten Mohammed diskutiert. Alle rheinland-pfälzischen Schulen waren am Montag zu einer Schweigeminute aufgerufen.

„Der ermordete Kollege hat alles richtig gemacht“, sagt Klaus-Peter Hammer, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Der Mord in Frankreich mache ihn vor allem deshalb so betroffen, weil der Lehrer in Paris seinen Schülern wohl freigestellt habe, den Raum zu verlassen, bevor er die Karikaturen gezeigt habe. Hammer befürchtet, dass Fälle wie dieser auch bei Lehrern in der Region dazu führen könnten, dass sie entsprechende Themen nicht mehr so gerne behandeln.

Hass und Drohungen sind in den vom TV angefragten Schulen der Region zwar noch kein Problem. Der Islamismusexperte und Psychologe Ahmad Mansour warnt aber: Nur weil in Deutschland weniger passiere, heiße das nicht, dass wir hier alles besser machten als Frankreich. „Ich glaube, wir verdrängen die Gefahren von Islamismus. Ich glaube, Frankreich ist zehn Jahre voraus in diesen schrecklichen Entwicklungen. Wenn wir jetzt nicht handeln und nicht nachhaltig durchdachte Konzepte liefern, um vor allem Jugendliche zu gewinnen für unsere Demokratie, dann werden wir viele von ihnen an die Extremisten verlieren“, sagte er in einem heutejournal-Update des ZDF. 

Auf TV-Nachfrage kritisiert der 44-Jährige, die Mehrheit der muslimischen Verbände seien nicht offen für demokratische Diskurse: „Sie sagen, es widerspreche dem religiösen Verständnis, über Abbildungen von Mohammed zu diskutieren.“  Mansour findet es deshalb umso wichtiger, in der Schule nicht nur Religionsfreiheit zu lehren, sondern auch die Freiheit der Religion zu kritisieren. Er sagt: „Satire muss erlaubt sein.“

Der Trierer Universitätsprofessor Matthias Busch findet ebenfalls, dass Lehrer nicht wertneutral gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung sein dürfen. Muslimische Gemeinden der Region distanzieren sich von islamistischem Terror. Sie wünschen sich aber auch Respekt vor ihren heiligen Symbolen. Die Moschee halten manche – gerade während der Pandemie – nicht für den richtigen Raum für Dialoge über demokratische Werte. Sie verhandeln seit langem mit dem Land über islamischen Religionsunterricht an rheinland-pfälzischen Schulen.

In Frankreich gilt die Trennung von Staat und Kirche, Religionsunterricht gibt es an staatlichen Schulen generell nicht. In Deutschland ist es nach Paragraph 166 (StGB) strafbar öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen Bekenntnisses anderer zu beschimpfen – wenn man damit den öffentlichen Frieden stört.

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