Prozess Nun Haftbefehl gegen renitente Angeklagte und Querdenkerin

Hermeskeil/Trier · Anklage wegen Körperverletzung, Unfallflucht, Beleidigung und Co.: Wieder ist der Prozess in Hermeskeil geplatzt.

 Auch der jüngste Versuch des Amtsgerichts Hermeskeil, den Prozess gegen eine 60-Jährige fortzusetzen, die sich der Querdenkerszene zuordnet, ist gescheitert, weil die Frau nicht vor Gericht erschien. Deshalb ist jetzt Haftbefehl gegen sie erlassen worden.

Auch der jüngste Versuch des Amtsgerichts Hermeskeil, den Prozess gegen eine 60-Jährige fortzusetzen, die sich der Querdenkerszene zuordnet, ist gescheitert, weil die Frau nicht vor Gericht erschien. Deshalb ist jetzt Haftbefehl gegen sie erlassen worden.

Foto: dpa/Volker Hartmann

„Ein Satz mit X, war wohl nix“, das könnte über dem  jüngsten Versuch des Amtsgerichts Hermeskeil stehen, den Prozess gegen eine 60-Jährige fortzusetzen, die sich der Querdenkerszene zuordnet und dort  ins Geschehen eingreift, wenn es  aus ihrer Sicht  darum geht, die Freiheit vor staatlichen Corona-Zwangsmaßnahmen zu schützen. Sie verbreitet Verschwörungstheorien und soll  „wissenschaftliche“ Vorträge über die Gefahren des Corona-Schutzmaskentragens halten.

In der regionalen Szene zählt die Angeklagte zur Prominenz und besitzt einen großen Anhängerstamm, der sie auch zu ihren häufigen Gerichtsterminen begleitet. Dies führt dann zu erheblicher Polizeipräsenz vor und im Gericht.

Ein Urteil des Trierer Landgerichts gegen die Frau wegen einer anderen Sache ist noch in Revision.  In dem Hermeskeiler Verfahren wirft die Staatsanwaltschaft der akademisch gebildeten Dame  eine Reihe von Taten quer durchs Gesetzbuch vor. Im Wesentlichen wären das Verkehrsgefährdung, Körperverletzung, Unfallflucht, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, falsche Verdächtigung oder Beleidigung, falsche Anschuldigung. Alles soll sich vom  4. bis 8. August 2019 in Hermeskeil  abgespielt haben.

Es begann laut Anklage am 4. August auf einem Parkplatz, wo sie einen Mann fotografiert haben soll, der Kinder in einen Kleinbus verlud. Darüber  muss es zum heftigen  Streit gekommen sein. In dessen Verlauf sei der Mann vom Auto der Angeklagten mitgeschleift und verletzt worden. Dann habe sie noch sein Auto gerammt, es  beschädigt  und Unfallflucht begangen.  Als sie am Abend Besuch von der Polizei erhielt, sei sie erkennbar angetrunken gewesen und habe während der gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung getobt. Auch bei der Fahrt zur Blutentnahme ins Krankenhaus (Ergebnis laut Aktenlage 1,5 Promille) habe sie heftigen Widerstand geleistet. An den Tagen danach habe die Angeklagte auf Facebook eine Beleidigungs- und  Verleumdungskampagne begonnen und Strafanzeigen gegen beteiligte Polizeibeamte gestellt. Prominenteste Beschimpfte seien Angela Merkel sowie  Landeschefin Malu Dreyer und  Justizminister Herbert Mertin gewesen.  Dem folgte Ende Oktober 2020 die erste Verhandlung vor dem Hermeskeiler Amtsrichter, zu der sie  mit großer Anhängerschaft anrückte. Diese Verhandlung musste wegen ihres Verhaltens abgebrochen und vertagt werden.

Die Frau stammt aus Hermeskeil, wohnt aber seit einiger Zeit in Wittlich. Dies wiederum wirkt sich zusätzlich  erschwerend auf den Ablauf der Beweisaufnahme auf. Am 24. April 2021 startete der nächste Versuch. Auch diese Verhandlung endete im Desaster: Die Angeklagte hatte es zunächst vorgezogen, der Sache fern zu bleiben, wurde von der Polizei aus Wittlich herangebracht und brach dann, beginnend mit sturer Maskenverweigerung, einen Streit nach dem anderen  mit  Richterin Juliana Buchenberger und der Staatsanwältin vom Zaun. Auch den psychiatrischen Sachverständigen ging sie aggressiv an – „von Ihnen lasse ich mich nicht für verrückt erklären, aber darauf läuft das Ganze hier wohl hinaus.“  Die 16 geladenen Zeugen wurden  wieder abgeladen (der TV berichtete). Dieser Tage folgte der nächste Versuch im historischen Amtsgericht zu Hermeskeil.  Doch diese Geschichte ist schnell erzählt: Um 9 Uhr sind sie alle wieder da, auch die vielen Zeugen. Nur nicht die Hauptperson.  Im Gespräch mit dem TV hat Verteidigerin Martha Schwiering eine gewisse Vorahnung. Die wird dann von Richterin Buchenberger in Worte gefasst: „Die Angeklagte hat uns ein ärztliches Attest vorgelegt, dass sie wegen Herz-Kreislauf-Problemen verhandlungsunfähig sei und nicht erscheinen werde.“ Ein Gefälligkeitsattest? Die Richterin versucht es wieder telefonisch: Den Amtsarzt in Wittlich, die dortige Polizei, die Angeklagte soll vom Amtsarzt untersucht und wenn fähig von der Polizei gebracht werden. Man kennt das ja schon. Ständige Telefonate der Richterin. Dann die letzte Wasserstandmeldung aus der Säubrennerstadt  gegen 11.15 Uhr: Die Polizei ist in der Wohnung der Angeklagten, hat sie nicht vorgefunden und weiß nicht, wo sie sich aufhält.

Abbruch der Verhandlung, die Zeugen werden wieder einmal ausgeladen – und „danke fürs Erscheinen.“ Dann schlägt die Staatsanwältin zu und beantragt Haftbefehl gegen die Angeklagte.  Verteidigerin Schwiering weist ihn pflichtgemäß zurück. Die Richterin entscheidet für die Haft, jedoch in Abstimmung mit der Staatsanwältin, dass die Frau vor dem Gang hinter Gitter auf ihre Haftfähigkeit zu untersuchen ist. Das Amtsgericht Hermeskeil leert sich wieder.

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