Wiederbelebung der Glocke in zwei Schritten: Im September öffnet Stammhaus mit Gaststätte, im Sommer 2017 der Hotelneubau nebenan

Trier · Jetzt wird’s ernst: Die Glocke, Triers dienstälteste Gaststätte (seit 1803), soll nach vier Jahren im baustellenbedingten „Exil“ im September an ihrem angestammten Platz wiedereröffnen. Gleichzeitig startet im generalsanierten Altbau auch der Hotelbetrieb. Der Neubau des Nachbarhauses, das ebenfalls Hotelzimmer beherbergen wird, soll im Sommer 2017 abgeschlossen sein.

 Die neue Glocke umfasst künftig zwei Gebäude. Hinter der Plane entsteht bis Sommer 2017 ein Neubau zur Hotelerweiterung. Die Gaststätte im Fachwerkhaus wird im September wiedereröffnet. TV-Foto: Roland Morgen

Die neue Glocke umfasst künftig zwei Gebäude. Hinter der Plane entsteht bis Sommer 2017 ein Neubau zur Hotelerweiterung. Die Gaststätte im Fachwerkhaus wird im September wiedereröffnet. TV-Foto: Roland Morgen

Foto: Roland Morgen
 Nordstadt-Szenekneipe ade: Kernbachs Schwach&Sinn ist geschlossen. TV-Foto: Roland Morgen

Nordstadt-Szenekneipe ade: Kernbachs Schwach&Sinn ist geschlossen. TV-Foto: Roland Morgen

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Die Historie der Wiederbelebung der Glocke gleicht einer unendlichen Geschichte. Mehrfach standen Eröffnungstermine im Raum, die ebenso oft widerrufen wurden. Zur großen allgemeinen Verwirrung ist neuerdings auch das (aus der Straßenansicht) Haus links neben der Glocke Großbaustelle mit einem Kran davor. Geht die Hängepartie auch ins fünfte Jahr? "Nein!", verspricht Peter Brommenschenkel (60) und legt sich fest: "Ab September ist die Glocke wieder in der Glocke."

Rückblende: Im Frühjahr 2011 hatten Brommenschenkel und seine Frau Anne (65) die geschichtsträchtige Immobilie Glockenstraße 12 erworben. Gleichzeitig hatte das Unternehmerehepaar angekündigt, sie nach der dringend nötigen Generalsanierung des denkmalgeschützten Teils und dem Bau eines neuen Hinterhauses wieder zu dem zu machen, was sie einst war: eine der beliebtesten und kultigsten Gaststätten Triers.

Doch das Projekt kam erst mit einjähriger Verspätung ins Laufen. Dann gab es immer wieder Verzögerungen, weil sich sowohl die Planung (durch Architekt Rudolf Weidert) als auch die Ausführung als äußert diffizile Angelegenheiten erwiesen. Die Glocke, so scherzten die neuen Besitzer, sei "eine Wundertüte voller Überraschungen". Als die Brommenschenkels 2015 auch das Nachbarhaus Glockenstraße 11 erwerben konnten ("Eine einmalige Chance!") und ins Bauvorhaben mit einbezogen, ging die gesamte Chose in die nochmalige Verlängerung. Und damit auch das Exil-Dasein des Gaststättenbetriebs. Seit Oktober 2012 fungiert die Gaststätte Krim schräg gegenüber als Ersatz-Glocke.

Das sei nun bald alles Vergangenheit. Im übernächsten Monat werde das Glockenteam samt Mobiliar und der 500 Jahre alten Petrusfigur wieder an den angestammten Platz zurückkehren. Der präsentiert sich nach weitgehend abgeschlossener Generalsanierung und Modernisierung auch deutlich geräumiger. Statt zwei Gasträumen gibt es künftig drei, außerdem steht auch der um 1100 entstandene Kreuzgewölbekeller den Gästen offen. Macht alles in allem 200 Plätze - doppelt so viele wie früher.

Auch denn die Brommenschenkels über die Höhe der Investitionssumme beharrlich schweigen ist ganz offenkundig, dass sie viel Geld in die Hand genommen haben, um die Glocke wiederzubeleben. Wird sie nun zum teuren Pflaster, womöglich zum Schickimickiladen? Antwort: "Nein!" Die Glocke bleibe Wirtshaus mit regionaler Küche ("Wir machen einfache Gerichte einfach gut und nicht komplizierte schlecht") und bisherigem Preisniveau. Der Viez, Triers Nationalgetränk, soll gehabt: Eine Porzfüllung (0,4 Liter) gibt es für 1,80 Euro.
In einem Punkt soll sich die neue Glocke jedoch deutlich abheben: Als Hotel wolle man in Trier "ganz oben mitspielen". Der Beherbergungsbetrieb geht in zwei Schritten an den Start: Die ersten neun Doppelzimmer (davon zwei große Suiten) stehen ab September im Stammhaus zur Verfügung. Weitere neun Doppelzimmer entstehen nebenan in einem Neubau. Vom Haus Glockenstraße 11 bleibt nur die denkmalgeschützte Fassade übrig.

Archäologen untersuchen Terrain

Nach Ende Abrisses werden Landesmuseums-Archäologen das Terrain untersuchen, dann beginnt der Neubau. Fertigstellung: voraussichtlich im Sommer 2017. Für den Kran, der momentan die Glockenstraßen blockiert, gibt es eine Betriebserlaubnis bis Ende Dezember. Die Brommenschenkels wollen ihn bis Ende November abziehen. Die Nachbarn ertragen den Belagerungszustand mit großer Gelassenheit. Tenor: Die neue Glocke werde ein Gewinn für ganze Umgebung.

Info Vernunftbedingte Schließung: Szenekneipe Schwach&Sinn
"Wir werden nicht jünger, dafür aber vernünftiger", so begründet Mitbetreiberin Sabine Kernbach (48) die Schließung der Gaststätte Schwach&Sinn an der Ecke Maximin-/Thebäerstraße. Ihr Mann und Kompagnon Christian (46) habe eine Stelle als Koch in einem Alten- und Pflegeheim angetreten: "Geregelte Arbeitszeiten, festes Einkommen", also all das, das ein Kneipenbetrieb nicht durchgängig bieten könne.

Im Mai 2013 hatten die Kernbachs das Schwach&Sinn wiedereröffnet, das lange Zeit eine der wenigen echten Trierer Studi-Kneipen und Treffpunkt für die linke Szene war. Kultstatus genoss die Gaststätte bereits seit Mitte der 1970er Jahre. Da hieß sie noch Hamburger Hof und entwickelte sich unter Leitung von Joe Schwarz zur Keimzelle der lokalen Jazz-Szene. Sabine Kernbach weiß noch nicht, was sie künftig machen wird ("Erst mal Urlaub, dann überlege ich in Ruhe, wohin die Reise geht").

In den Kneipenräumen soll es mit neuem Betreiber gastronomisch weitergehen. Laut inoffiziellen TV-Informationen läuft es auf eine Pizzeria hinaus. rm.

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