Wildschweine in Trierer Gärten: Forstdirektor rät zu Gelassenheit und dazu, Hecken zu roden

Trier · Wildschweine zerwühlen in Trier-Heiligkreuz und Ehrang immer wieder Gärten und Beete, rennen schier blind in den Straßenverkehr - aber würden sie auch gezielt Menschen angreifen? Der Trierer Forstdirektor Gundolf Bartmann hat im Heiligkreuzer Ortsbeirat dazu Stellung genommen.

Der Mariahofer Thomas Albrecht hat als Staatsanwalt zwar regelmäßig mit schweren Kalibern zu tun - aber was ihm kürzlich vor die Vespa lief, hat ihn doch beeindruckt: "Ich war frühmorgens auf dem Weg in die Stadt, als mir unterhalb des Hofgutes ein Wildschwein vor den Roller lief." Albrecht konnte dem Einzelgänger knapp ausweichen. "Ein Zusammenstoß wäre sicher böse ausgegangen!"

Kein Einzelfall: Gerade da, wo die Stadt an Waldgebiete grenzt, kommt es regelmäßig zu Vorfällen mit Wildschweinen. So sind etwa Anlieger der Ehranger Heide und in Ruwer wildschweingeplagt. Auf dem Radweg zwischen Trier-Pfalzel und Trier-Pallien wurde eine 74-jährige Pfalzelerin nach eigener Aussage von einem Wildschwein gerammt und verletzt ( der TV berichtete am 2. April 2015 ).

In Heiligkreuz wurde vergangenes Jahr unter anderem der Garten der Waldorfschule komplett verwüstet. Der Heiligkreuzer Ortsvorsteher Theo Wolber hat das mehrfach thematisiert und erklärt, er habe beim Landesbetrieb Landesforsten auf verstärkte Tätigkeit gepocht, etwa striktere Bejagung.

Als Trierer Vertreter der Behörde hat der Forstdirektor Gundolf Bartmann in der Ortsbeiratssitzung dazu Stellung bezogen. Tatsächlich verzeichne man bundesweit zunehmende Bestände, erklärte Bartmann. Die vielen milden Winter hätten dazu ebenso beigetragen wie verstärkter Maisanbau.

"Wildschweine fühlen sich auf der Suche nach Futter und ruhigen Liegeflächen zunehmend auch in der Nähe von Bebauung wohl", erklärt Bartmann. Die hochintelligenten Tiere nutzten dabei aus, dass innerhalb der Stadt als befriedetem Bezirk gar nicht und in den Randlagen nur erschwert gejagt werden könne. Rückzugsorte in den Randlagen seien für die vorwiegend nachtaktiven Tiere vor allem nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Brachflächen.

Dornige Hecken seien beliebte "Einstandspunkte". Bartmann empfiehlt, entsprechende Flächen zu roden, wobei wiederum Vorschriften beachtet werden müssten, etwa den Vogelschutz betreffend.

Das sei jedenfalls sinnvoller, als nur auf Bejagung zu setzen. Die könne ironischerweise zu noch größerer Fortpflanzung führen - bei Tieren, die eben auch noch schlau genug sind, gezielt in Bereiche auszuweichen, wo sie nicht bejagt werden: die Randlagen und Wohngebiete.

Für alle, die dort jetzt schon regelmäßig ihre Gärten umgegraben vorfinden, hat Bartmann schlechte Nachrichten: Seiner Erfahrung nach bringen weder Hausmittel wie verstreute Haare noch Ultraschallgeräte Abhilfe - sondern nur Zäune. "Und zwar richtig stabile Metallausführungen, die am besten auch ins Erdreich ragen."

Wildschweine sind scheue Fluchttiere. Darum seien Angriffe auf Menschen sehr selten, erklärt der Experte in Heiligkreuz: Die Schweine suchten meist das Weite, bevor der Mensch auch nur in die Nähe komme. Allerdings: Da die gedrungenen Kraftprotze zwar ausgezeichnet schnüffeln, aber so gut wie nichts sehen, sollte man generell vermeiden, ihnen im Weg herumzustehen.Von Frischlingen fernhalten


Und wenn die Tiere ihren Nachwuchs bedroht wähnen, können sie durchaus zum gezielten Angriff übergehen. Von Frischlingen solle man sich darum auf jeden Fall fernhalten. Generell werde es problematisch, wenn die Tiere verletzt seien oder sich in die Enge getrieben fühlten. Zu entsprechenden Situationen komme es auch, wenn die oft jahrelang benutzten und erkennbaren Wege der Tiere ("Wechsel") zugebaut oder verstellt würden.

Trier sei ein Sonderfall, weil Natur und Stadt hier so stark ineinander ragten. "Unsere Bauvorhaben gehen ja auch in die Lebensräume der Natur", erinnert der Forstdirektor. "Wir müssen vielleicht hinnehmen, dass die auch an uns herankommt!"

Für viele sei es ja auch Lebensqualität, Wildtiere wie Hasen, Rehe oder Füchse vom Haus aus oder auf Spaziergängen beobachten zu können. Er lehne jedenfalls ab, von einer Plage zu sprechen, "wenn Wildtiere sich aufgrund natürlicher Gegebenheiten vermehren und dabei unserem Nutzungsinteresse auch einmal in die Quere kommen".

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