Wirte und Händler fürchten um ihre Existenz

Igel · Die kommende B-49-Sanierung zwischen Igel und Wasserbilligerbrück hat bei Geschäftsleuten und Gastwirten in Igel zu heftigen Reaktionen geführt. Die Anrainer sehen sich noch als Geschädigte der wochenlangen Brückensperrung im vergangenen Jahr. Nun werde die Straße ausgerechnet zur touristischen Hochsaison erneut gesperrt.

Igel. Sie haben sich in der Gaststube von Oskar Blasius, Hotel-Restaurant Igeler Säule, versammelt und sind außer sich. Denn sie sehen ihre Existenzen gefährdet: Geschäftsleute, Winzer mit Weinhandel, Gastwirte. Blasius ist besorgt, dass seine luxemburgischen Stammgäste nach den Problemen im Vorjahr endgültig wegbleiben. Damals war die Verbindung nach Luxemburg wegen des Baus einer Brücke gekappt worden. Auch "die Touristen finden erst gar nicht hierher", sagt Blasius. Er bringt das Gesetz des Tourismusgeschäfts so auf den Punkt: "Juni, Juli, August sind die Monate, in denen du das Heu machst, um über den Winter zu kommen. Diesmal kann man die Augusternte abschreiben." Mitte Juni hatten sie die Nachricht dem Trierischen Volksfreund entnehmen müssen: Vollsperrung der B-49-Ortsdurchfahrt Igel vom 3. August bis 4. September (siehe Interview). Gewusst haben sie es schon etwas früher. Costel Capris, Betreiber des Hotel-Restaurants Löwener Mühle, hatte einen Vermessungstrupp auf seinem Parkplatz bemerkt, gefragt und Antwort erhalten. Capris sieht sich als einer der Hauptgeschädigten der Ausbauarbeiten 2014: Hinter seinem Hotel ging ein monatelanger Gleisausbau mit Nachtschichten über die Bühne. Die Saison 2014 habe er in den Wind schreiben können, und nun sei die Folgesaison auch hinüber. Der Gastronom hat einen Anwalt eingeschaltet und will Schadenersatz vom Land. Auch seine Nachbarin Monika Johaentges vom Winzerhof Löwener Mühle denkt an die Ausfälle vom Vorjahr und den Umleitungsverkehr über Liersberg, der über die enge K 3 an ihrem Anwesen vorbeigeleitet wurde. Jo haentges und die anderen fragen: "Warum das schon wieder? Warum Vollsperrung mit Umleitung statt einer Ampelbaustelle wie anderswo auch? Warum ausgerechnet im August. Wieso muss die noch intakt wirkende Straße überhaupt saniert werden?" Die Stimmung in Igel ist auf dem Tiefpunkt. Betroffen sind auch eine Bäckerei, ein Friseurgeschäft, zwei Einrichtungshäuser sowie Campingplatzbetreiber und Gastwirt Emil Welsch. Winzer Stefan Scharfbillig sagt: "Persönliche Gesprächsversuche werden vom LBM abgeblockt. Was die hier mit uns treiben, ist entweder Willkür oder Unvermögen." Meinung

Ein schwieriger FallDie Ortsdurchfahrt Igel ist ein schwieriger Fall: Viele Anrainer stöhnen darüber, doch für ihre gewerbetreibenden Nachbarn gilt sie als Existenzgrundlage. Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) sieht in dem Straßenstück dagegen ein rein technisches Objekt, zu dessen Erhalt er verpflichtet ist, auch wenn das den Anrainerinteressen zuwiderlaufen mag. Es herrsche dringender Sanierungsbedarf, weil jedes Hinauszögern die späteren Kosten in die Höhe treiben würde, sagen nun die LBM-Experten. Und schon prallen die konträren Sichtweisen aufeinander - doch irgendwo recht haben aus ihrer Sicht beide Seiten. Das Manko beim LBM ist leider der Umgangston mit den Betroffenen - das gilt nicht allein für Igel. Der Auftritt dieser Landesanstalt wird von betroffenen Bürgern oft als arrogant, technokratisch und hoheitsstaatlich empfunden. Originalton LBM im Falle Igel: "Sollen wir von Haus zu Haus laufen und erstmal alle nach ihrer Meinung fragen?" Vielleicht hätte es auch eine Bürgerversammlung zur sachlichen Erklärung der "Sachzwänge" getan. trier@volksfreund.deExtra

Zu diesen Vorwürfen der Anrainer befragte der TV den stellvertretenden Chef des Landesbetriebs Mobilität (LBM) Trier, Hans-Michael Bartnick. Warum finden die Arbeiten im August statt? Bartnick: Die Arbeiten sollen insbesondere den Schülerverkehr nicht beeinträchtigen. In Abstimmung mit den Schulbehörden und -trägern ergab sich ein fünfwöchiges Baufenster vom 3. August bis 4. September. Wir arbeiten eng mit der Kreisverwaltung als Träger der Schülerverkehre und den Busunternehmen zusammen. Die Umfahrung über Liersberg führt über schmale Kreisstraßen, die zudem durch den Steinbruch Mesenich mit hohem LKW-Verkehr belastet sind. Der normale Linienverkehr aus Richtung Trier endet während der Vollsperrung in Igel. In der Woche wird ein Teil der Fahrten mit Kleinbussen von Igel aus über Liersberg weitergeführt, ein Teil der Fahrten fällt aber aus. Warum wurde nicht früher informiert? Bartnck: Die Pressemitteilung ging bei uns am 15. Juni heraus - Wochen vor Beginn der Arbeiten. So viel Vorlauf ist außergewöhnlich. Im Übrigen können wir nicht von Haustür zu Haustür gehen und fragen, wann es jedem am besten passt. Ein einheitliches Stimmungsbild erhält man dann auch nicht. Hier ist aber der ÖPNV entscheidend. Wieso ist die rund 650 000 Euro teure Sanierung nötig? Bartnick: Die Arbeiten an der äußerst stark belasteten Straße mit täglich 14 000 Fahrzeugdurchfahrten sind dringend erforderlich, da der Streckenabschnitt Rissbildungen und Verdrückungen aufweist. Wird hier nicht frühzeitig saniert, kommt es zu erheblichen Schäden in den tieferen Asphaltschichten und damit zu erheblichen Mehrkosten. Wie ist der Ablauf geplant? Bartnick: Die Arbeiten sollen in mehreren Teilabschnitten laufen. Dabei wird die Zufahrt zur K 3 Löwener Mühle-Liersberg stets aus mindestens einer Richtung gewährleistet. Die Zufahrt aus Liersberg steht immer zur Verfügung, die Zufahrt über die B 49 immer entweder aus Richtung Igel oder aus Richtung Wasserbilligerbrück. Eine Zufahrt aus allen Richtungen ist nicht möglich. Warum Vollsperrung und keine Ampelregelung? Bartnick: "Die Arbeiten sind nach den Vorschriften der Berufsgenossenschaften nicht im laufenden Verkehr zulässig. Wegen der Fahrbahnbreiten kann zum Schutz der Verkehrsteilnehmer und der Mitarbeiter nur unter Vollsperrung gearbeitet werden. Wir haben Alternativen geprüft. Im Ergebnis waren diese nicht genehmigungsfähig. f.k.

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