"Wirtschaft findet nicht mehr statt"

Die "immensen Anforderungen" an ein politisches Ehrenamt beklagt Berti Adams, der seit 1989 für die CDU im Trierer Stadtrat sitzt. Im TV-Interview verrät er, dass es ihn stört, "für alles verantwortlich gemacht zu werden" und sogar persönliche Angriffe erdulden zu müssen.

 Hohe Anforderungen: CDU-Fraktionschef Berti Adams überlegt noch, ob er es sich als Unternehmer mit Betrieb in Ehrang zeitlich leisten kann, bei der Kommunalwahl 2009 erneut als Spitzenkandidat seiner Partei anzutreten. TV-Foto: Archiv/Ludwig Hoff

Hohe Anforderungen: CDU-Fraktionschef Berti Adams überlegt noch, ob er es sich als Unternehmer mit Betrieb in Ehrang zeitlich leisten kann, bei der Kommunalwahl 2009 erneut als Spitzenkandidat seiner Partei anzutreten. TV-Foto: Archiv/Ludwig Hoff

Trier. (fcg) Das Streitthema Aulbrücke, der überraschende Vorstoß der CDU in Sachen Hindenburg-Gymnasium, das Verhältnis zum Oberbürgermeister und die Kommunalwahl im kommenden Jahr - der CDU-Fraktionschef bezieht im Interview mit Frank Giarra Stellung.Herr Adams, warum steht die CDU Trier derzeit bei vielen Bürgern in der Kritik?Berti Adams: Das hat sicher damit zu tun, dass wir im Gegensatz zu anderen so mutig sind, Entscheidungen zu fällen. Nehmen Sie das Thema Aulbrücke: Zwei Jahre lang haben wir darüber diskutiert, nichts ist geschehen. Obwohl alle wussten, dass die Brücke durch und durch marode ist. Wir haben es deshalb gewagt, gegen den Oberbürgermeister zu stimmen, und der darf offensichtlich in Trier nicht angetastet werden, auch wenn er inhaltlich falsch liegt.Klaus Jensen hatte doch nur um einen vierwöchigen zeitlichen Aufschub gebeten.Adams: Es war ein Fehler, ihm diese Zeit nicht zu geben. Wir haben die politische Dimension unterschätzt. Die Fraktion wollte aber, dass sich in dieser leidigen Sache endlich etwas bewegt. Die Sperrung der Brücke hat uns nachträglich bestätigt. Diese Brücke muss schnellstmöglich befahrbar gemacht werden!Der Beschluss zur Sanierung hat Ihnen sogar Protest der eigenen Ortsbeiräte eingebracht und zum Parteiaustritt von Michael Jacoby geführt.Adams: Wir werden heute mit den Ortsbeiräten in der Fraktionssitzung ausgiebig diskutieren. Wenn sie danach noch der Ansicht sind, dass unsere Entscheidung falsch war, können wir das korrigieren. Das glaube ich aber nicht.Es ist der Eindruck entstanden, die CDU sei nur auf eine Konfrontation mit dem Oberbürgermeister aus...Adams: Wir führen mit dem OB viele Gespräche, er kommt regelmäßig in die Fraktion. Das ist ein harmonisches Miteinander. Aber es werden kaum noch Entscheidungen gefällt, weil Klaus Jensen stets sehr viele Meinungen einholen will. Er legt sich einfach nie fest. Das gefällt uns nicht.Es gibt also durchaus unterschiedliche Ansichten?Adams: Um das klarzustellen: Wir haben nichts gegen den OB. Aber wir vertreten natürlich unsere eigenen Standpunkte. Grundsätzlich wird zu viel geredet, ohne dass etwas vorangeht. Als deutliches Manko empfinde ich, dass seit der Übernahme des Wirtschaftsdezernates durch Jensen kaum noch wirtschaftliche Themen in den Ausschüssen diskutiert werden. Wirtschaft findet praktisch nicht mehr statt.In der Kritik stehen aber auch die drei Dezernenten, die allesamt der CDU angehören.Adams: Für mich ist das nicht nachvollziehbar. Georg Bernarding macht einen sehr guten Job. Simone Kaes-Torchiani fasst zunehmend Tritt. Sie kennt mittlerweile die Themen und Problemlagen. Politisch ist sie vielleicht noch ein bisschen unbedarft. Ulrich Holkenbrink kriegt richtig Prügel, weil er viel zu ehrlich und anständig ist. Das ist überhaupt ein Problem der CDU: Während uns andere mit Dreck bewerfen, sind wir uns zu fein, uns zu wehren.Gab es auch Unmut gegenüber der Union nach Ihrem Vorstoß zur Namensänderung des Hindenburg-Gymnasiums?Adams: Zustimmung und Ablehnung halten sich die Waage. Kritik kommt vor allem von ehemaligen Schülern. Unser Ziel ist, den deutsch-französischen Charakter der Schule herauszustellen. Der neue Name muss auf jeden Fall von der Mehrheit der Bevölkerung getragen werden.Wie will die CDU in die Offensive kommen, vor allem mit Blick auf die Wahl 2009?Adams: Wir sind doch offensiv! Wir fällen die Entscheidungen in dieser Stadt! Der Wahlkampf wird allerdings schwierig, das ist schon klar.Treten Sie wieder als Spitzenkandidat Ihrer Partei an?Adams: Ich weiß es noch nicht. Zurzeit gebe ich 70 Prozent für die Politik und 70 Prozent für meinen Betrieb - das ist schon kaum durchzuhalten und für beides zu wenig. Die immensen Anforderungen an dieses Ehrenamt machen die Entscheidung nicht leichter.Was meinen Sie damit genau?Adams: Man wird als Kommunalpolitiker für alles verantwortlich gemacht, auch wenn man nicht beteiligt war. Man wird sogar von wildfremden Menschen angerufen und am Telefon angeschrien. Diese persönlichen Angriffe stören mich sehr. Außerdem macht mich der Faktor Zeit fertig. Man muss stundenlang Akten wälzen und in Sitzungen hocken, wobei die Erfolgserlebnisse häufig fehlen.Wäre die Familie ein Grund, keine Politik mehr zu machen?Adams (lacht): Meine Frau sagt: Den ganzen Tag kann ich dich hier daheim aber nicht ertragen! Zur Person Berti Adams: 54, verheiratet, vier Kinder, selbstständiger Fleischermeister, seit 1989 für die CDU im Stadtrat, seit November 2003 Fraktionschef.

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