Wo Dampfrösser geheilt wurden

TRIER-WEST. Die Abbruchfirma Knaf aus Ernzen (Kreis Bitburg-Prüm) ist neuer Eigentümer des Eisenbahn-Ausbesserungswerkes (AW) in Trier-West. Die Eifeler wollen wieder Leben in die Industriebrache bringen.

 Abgesoffen: Die Wartungsgruben am Anfang der riesigen Halle des Ausbesserungswerks.Foto: Friedhelm Knopp

Abgesoffen: Die Wartungsgruben am Anfang der riesigen Halle des Ausbesserungswerks.Foto: Friedhelm Knopp

Nachdem 1986 der letzte Bundesbahner das Licht in den Riesenhallen ausgeknipst hatte, herrschte über Jahre Ruhe auf dem riesigen Areal. Die Bahn bot die Immobilie zum Verkauf an und die Stadt Trier war interessiert - doch am Kaufpreis schieden sich die Geister. Den Zuschlag erhielt 1994 der Schweicher Bauunternehmer Peter Gesellchen. Der hatte große Pläne mit dem damals schon angegammelten Gelände. Mit im Boot saß auch der Zweckverband Wirtschaftsförderung im Trierer Tal. Später stieg noch die Triwo zu, die einen Planungsauftrag erhielt. Doch weit kam der Schweicher nicht. Wegen seiner Vorstellungen über die spätere Nutzung der Hallen geriet er mit der Stadt über Kreuz. 1998 gab er das 113 500 Quadratmeter große Gelände an die Bahn zurück. Den nächsten Anlauf unternahm 1999 die Firma Eifel GmbH Fertighausbau aus Dockendorf (Kreis Bitburg-Prüm). Die gründete zusammen mit den Triwo-Gesellschaftern die Entwicklungsgesellschaft Trier-West mbh. Danach war erneut Ruhe - die Hallen und die Bauten an den Eingangsbereichen Eurener- und Luxemburger Straße bröckelten weiter vor sich hin. Seit einigen Wochen ist nun die Firma Knaf auf dem Gelände. Sie hat die Entwicklungsgesellschaft gekauft und damit auch das AW. Mit großen Plänen wedelt Inhaber Erland Knaf nicht. Er will die denkmalgeschützten riesigen Richthallen vermieten und die ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Eingangsbauten verkaufen. Es gebe auch schon Verhandlungen mit Interessenten. Knaf: "Zunächst wollen wir das Gelände aufräumen und so herrichten, dass es vorzeigbar ist." Ein Vorhaben, das bei einer Industriebrache dieses Ausmaßes allerdings leichter klingt als es ist. Fast zwei Jahrzehnte lang lag das Gelände verlassen da und wurde von der Natur zurückerobert. Auf den Flächen vor der Richthalle, wo einst die Dampfloks auf ihre Reparatur warteten, breitete sich ein regelrechter Urwald aus. Hinzu kommt tonnenweise illegal abgelagerter Unrat - etwa Berge von alten Autoreifen, Autowracks und vieles mehr. Dem Vandalismus den Kampf angesagt

Ein Problem ist zudem der Vandalismus. An den Gebäuden im Eingangsbereich ist kein Fenster mehr heil und sämtliche Installationen wurden demoliert. Auch die 14 500 Quadratmeter große Haupthalle und ihre kleineren Schwestern sehen stark mitgenommen aus: Was nicht niet- und nagelfest ist, wurde herausgerissen, Graffiti an allen Ecken und auch eingeworfene Scheiben. Knaf: "Manche Eindringlinge bringen sich sogar in Lebensgefahr, indem sie Elektrokabel herausreißen, obwohl hier einige Bereiche noch Strom führen." Ab sofort jedenfalls werde jeder, der unbefugt auf das Privatgelände eindringe, unnachsichtig strafrechtlich verfolgt. Legal in die große Halle "eindringen" darf bald die Medienfabrik Trier. Nach Angaben ihres Geschäftsführers Roland Frank wird die Medienfabrik dort im Auftrag eines internationalen Großunternehmens einen riesigen Privatevent ausrichten. Frank: "Diese riesige Industriebrache regt die Fantasie an und ist traumhaft für Veranstaltungen geeignet." Aber Event hin oder her: So wie einst, wird es im 1911 gegründeten AW nie mehr zugehen. In seiner Glanzzeit arbeiteten dort 1500 Menschen, warteten und reparierten Personenzugdampfloks aus einem Verbreitungsgebiet, das vom Bodensee bis zur Nordseeküste reichte. Dann, in den 60er Jahren, verschwanden die Dampfloks und auch für das AW Trier lief damit die Uhr ab.

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