Wo die Weißen Schwestern wirkten

Leiwen · Im früheren Domizil der "Weißen Schwestern" in Leiwen entsteht in Trägerschaft des Trie rer Vereins Club Aktiv eine Senioren-Wohngemeinschaft. Die private "Herbert und Veronika Reh-Stiftung" finanziert daneben eine Begegnungsstätte.

Über das blau gestrichene Haus im Ortskern wissen die Leiwener nur Gutes zu berichten. Rund 70 Jahre lang wirkten hier die Weißen Schwestern. Die meist älteren Damen sollten sich an der Mosel von ihren Missionseinsätzen in Afrika erholen. Ihrer caritativen Grundhaltung blieben sie dennoch treu - verarzteten blutige Knie von Schuljungen, pflegten Kranke und leisteten seelischen Beistand. Bis zu einem Dutzend Schwestern lebten in dem Haus am Pfarrgarten, vor etwa drei Jahren ging die Letzte.

Mieter statt Heimbewohner



Der Zufall will es so, dass der von den Schwestern begründete Gedanke der Gemeindecaritas in ihrem früheren Domizil weiterleben soll - in Form einer Wohngemeinschaft (WG) für elf bis zwölf Senioren mit eingeschränkter Alltagskompetenz, wie es Projektleiter Norbert Postak vom Initiator des Projekts, dem Club Aktiv, ausdrückt. Insbesondere an Demenz leidende Menschen, psychisch Kranke und Einsame sind die Zielgruppe, nicht aber Personen mit Pflegestufe.

"Die Bewohner sind Mieter, keine Heiminsassen. Sie sollen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen", sagt der Sozialarbeiter. Er kalkuliert mit 250 Euro Kaltmiete; hinzu kommen Beträge für die Haushaltskasse und die Alltagshilfe. Ein bis zwei Personen vom Club Aktiv sollen den Bewohnern zur Hand gehen, etwa als Begleitung bei Einkäufen, bei der Essensvorbereitung oder aber bei Unterhaltungsaktivitäten oder therapeutischen Übungen (Singen, Gymnastik, Vorlesen).

Für Wohlhabende seien die Plätze nicht gedacht, pflichtet Peter Thul vom Pfarrverwaltungsrat bei. Die Kirchengemeinde stellt Haus und Grundstück zur Verfügung.

Nach dem Umbau soll das Schwesternhaus auf rund 430 Quadratmetern Platz für etwa ein Dutzend Appartements bieten. Die Zimmer sind nur 20 bis 25 Quadratmeter groß, allerdings dienen sie auch nur als Schlaf- und Rückzugsraum. Das Leben spielt sich in der Gemeinschaft ab, etwa in der 60 Quadratmeter großen Wohnküche. Bei schönem Wetter locken Aufenthalte im großen Garten. Die Senioren-WG wird - selbstverständlich - barrierefrei ausgebaut; an die westliche Giebelseite kommt ein Aufzug.

Das in Leiwen und Umgebung der Bedarf für eine ambulant betreute Seniorenwohngruppe da ist, hat eine Fragebogen-Aktion gezeigt. Rund 40 Personen bekundeten Interesse an einem Wohnplatz - zehn bis 15 Plätze hält Peter Thul für "gesichert", wobei Leiwener Bürger vorrangig berücksichtigt werden, sollte die Nachfrage das Angebot übersteigen.

Als Bindeglied zwischen der Wohngemeinschaft und der Bevölkerung soll die neue Begegnungsstätte fungieren. Sie wird auf Initiative der "Herbert und Veronika Reh-Stiftung" zwischen Schwesternhaus und Pfarrhaus gebaut - ein Treff für Vereine und Gruppen, für Jung und Alt. Zu einem späteren Zeitpunkt soll eventuell im ehemaligen Pfarrhaus eine Tagespflege eingerichtet werden. Zurzeit hat die Kirchengemeinde das Haus an eine junge Familie vermietet; in einem Seitentrakt ist das Pfarrbüro untergebracht. Norbert Postak schätzt die Umbaukosten des Schwesternhauses auf rund 700 000 Euro. Im Spätsommer, so hofft er, wird die Senioren-WG bezugsfertig sein.

Extra Club Aktiv: Der gemeinnützige Selbsthilfeverein mit Sitz in Trier setzt sich seit 35 Jahren für die Integration von Behinderten ein. Darüber hinaus bemüht er sich um Problemlösungen in Wohnungsfragen, betreibt Hilfsmittel-Beratung und ist unterstützend tätig bei Sport und Spiel, Ausbildung und Berufsmöglichkeiten. (alf)

Meinung Glücksfall für Leiwen
Senioren-WG - an diesen Begriff wird man sich gewöhnen müssen - zumindest auf dem Land. Die Senioren-Wohngemeinschaften sind neu auf dem Markt; dass sie eine große Zukunft haben werden, daran zweifelt heute niemand mehr. Erstens steigt der Bedarf, weil die Zahl der älteren Menschen drastisch zunimmt, zweitens erfüllt diese Art des Zusammenlebens Bedürfnisse, die den Senioren wichtig sind. Dazu gehört, so lange wie möglich ein selbstbestimmtes, sozial erfülltes Leben zu führen und in der vertrauten Umgebung bleiben zu können. Auch ist ein WG-Platz wesentlich kostengünstiger als ein Heimplatz. Das Leiwener Projekt ist ein Glücksfall für den Ort. Das Tandem Wohn- und Begegnungsstätte ergänzt sich räumlich und sozial ideal - die Menschen sind wirklich mittendrin statt nur dabei. a.follmann@volksfreund.de

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