Wo sich die Geister scheiden

2007 wurde Fasswein von der Mosel mit bis zu 1,50 Euro pro Liter gehandelt. Derzeit sind es 50 Cent. Trotzdem fehlt der Markt. Es wird nach Möglichkeiten gesucht, möglichst viel Wein abzustoßen.

Bernkastel-Kues/Trier. In wenigen Wochen beginnt die Weinlese in Rheinland-Pfalz. Nach Aussage von Norbert Schindler, dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer, ist die Situation auf dem Markt "entspannt". Der Bestand der noch ungeprüften Weine habe Ende Juli bei 3, 4 Millionen Hektolitern gelegen (Vorjahr 3,3 Millionen). Eine Panikmache auf dem Fassweinmarkt sei nicht angebracht: "Sprüche von interessierter Seite kurz vor der neuen Ernte stellen nicht die tatsächliche Marktsituation dar, sondern haben offensichtlich nur das Ziel, die Erzeugerpreise runterzureden und die Winzer zu verunsichern."

"Auf ganz Rheinland-Pfalz bezogen hat der Kammerpräsident recht", sagt Walter Clüsserath, Fasswein-Produzent aus Pölich (Kreis Trier-Saarburg). Es gebe aber Verschiebungen zu Ungunsten der Mosel. "Am 1. Juli lagen in den Kellern an der Mosel etwa 200 000 Hektoliter mehr als vor zwei Jahren", sagt Clüsserath, der auch zweiter Vorsitzender des Weinbauverbandes ist. Er wisse von Winzern, bei denen noch 100 Fuder (100 000 Liter) im Fass liegen.

An den Preisen werde sich so schnell nichts ändern. Es müsse darum gehen, möglichst viel Wein aus den Kellern zu bekommen. Im September sei ein Gespräch mit einem großen Sekthersteller, der eventuell für den Kauf großer Mengen Sekt-Grundwein von der Obermosel gewonnen werden könne.

Eine Kellerei habe auch Interesse an Drei-Jahres-Veträgen mit Winzern signalisiert. Clüsserath: "Da sind vielleicht auch 80 Cent pro Liter machbar." Zweiter wichtiger Schritt: Der Wein von der Mosel müsse wieder bei den Discountern gelistet werden. "Momentan ist er günstiger als der aus der Pfalz und aus Rheinhessen", sagt Clüsserath mit einem Schuss Sarkasmus. Ausgelistet worden waren viele Mosel-Weine im Jahr 2007, weil sie teurer waren als Ware aus Rheinhessen und der Pfalz. Danach brach der Markt an der Mosel ein.

Albrecht Ehses, Geschäftsführer des Verbandes der Weinkellereien Mosel-Saar-Ruwer, spricht von einer "undifferenzierten Darstellung" Schindlers. Die Kellereien hätten sich aufgrund der Marktsituation vermehrt in anderen Regionen bedient, auch mit Rot- und Roséwein. Die Menge der geprüften Mosel-Weißweine sei um mehr als zehn Prozent zurückgegangen.

Meinung

Segen und Fluch zugleich

Milch , Getreide, Wein zum Schleuderpreis: Die Ursachen mögen unterschiedlich sein, die Folgen sind gleich. Viele Erzeuger sind in ihrer Existenz gefährdet. Es ist nicht neu, dass Wein an der Mosel wegen der topografischen Lage mit mehr Aufwand hergestellt werden muss. Die einmalige Kulturlandschaft ist Segen und Fluch zugleich. Es gibt kein Patentrezept, um der Krise zu trotzen. Unabdingbar wäre ein Schulterschluss zwischen Winzern, Kellereien und Handel. Danach sieht es derzeit nicht aus, doch es soll ja Wunder geben. c.beckmann@volksfreund.de

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