Wo Stripperinnen Rollkragen tragen

Dem Regen zum Trotz: Rund einhunderttausend Besucher säumten beim Trierer Rosenmontagszug die Straßenränder. Pech für die Karnevalsgesellschaft Moselland: Ihr Komitee-Wagen blieb bereits am Anfang der Strecke mit einem Achsenbruch liegen.

Trier. Das Motto des Trierer Rosenmontagsumzugs - "Närrische Maskerade" - haben die Frauen der Trierer Table-Dance-Bar "7th Heaven" am konsequentesten umgesetzt: Im Berufsleben eher sehr leicht bekleidet, winken sie in Rollkragen bis unters Kinn und langen Jeans-Hosen von ihrem Karnevalswagen. Die bunten Bustiers ihrer laut Anmeldung "brasilianischen Kostüme" haben sie über dicke Pullover und Jacken gezogen. Nackte Haut und Samba-Hüftschwung? Fehlanzeige. "Da wollen wir doch was sehen!", ruft der um keinen chauvinistischen Spruch verlegene Kommentator Peter Pries. Doch die Damen reiben zur Antwort nur ihre Daumen gegen die Zeigefinger; ohne Geld, kein Tanz heißt das.Wesentlich lockerer - sogar in den Hüften - sind da die Blues Brothers des KC Wasserliesch: Mit einem lustigen Twist sorgen sie für Stimmung. Die Animation tut gut, denn der Nieselregen trägt nicht gerade zu brasilianischer Ausgelassenheit bei. Zu viele Hände halten Regenschirme, was spontanes Mitklatschen und Schunkeln nicht so einfach macht. Aber die Funken, Majoretten, Bienchen, Hexen, Draculas, Spinnenfrauen, Clowns, Mumien, Wichtel und Wickinger des Umzugs geben nicht auf, werfen Kamelle, rufen Helau und grölen jeden Karnevals-Hit mit, so dass sich trotz des ungemütlichen Wetters beste Stimmung unaufhaltsam ausbreitet. Die Regenschirme werden umgedreht und umfunktioniert zu Auffang-Schalen für die Süßigkeiten, die in rauen Mengen den Zuschauern entgegenfliegen. So viel, dass die "einfachen" Bonbons unbeachtet auf dem Asphalt liegen bleiben. "Da, heb doch mal auf!", raunzt eine ältere Dame einen kleinen Indianer an und stupst mit der Fußspitze gegen ein kleines, eingewickeltes Bonbon. Der Junge guckt sie fragend an und greift nach dem dicken Schokoriegel, der im Laden 70 Cent kostet. Das kleine Bonbon bleibt liegen und hat damit etwas gemeinsam mit dem Komitee-Wagen der KG Moselland: Der bleibt nämlich auch liegen, nur wenige Hundert Meter nachdem der Zug gestartet ist. Die hintere Wagen-Achse ist gebrochen. "Ich hab vorne gestanden, an mir hat's nicht gelegen", scherzt Moselland-Präsident Stephan Nolles. Die Pfalzeler glänzen mit ihren Motivwagen und Fußgruppen im "Zugblock B". Zwar mussten "da Inkas aus Palz" ihren schönen Kopfschmuck wegen des Regens zu Hause lassen, aber die bunte Zusammenstellung aus "Orient Express", Zirkus-Wagen der katholischen Jugend, Kosaken und Waldgeistern machen das mehr als wett. Den "Kehraus" am Zugende machen auch in diesem Jahr wieder die städtischen Straßenreiniger - sie sammeln die etlichen Tonnen Müll zusammen, die der närrische Lindwurm hinterlässt.

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