TV Serie Wohnraum in Trier: Viel Potenzial, große Not

Trier · Wer in Trier eine bezahlbare Wohnung oder einen Bauplatz sucht, muss oft viel Geduld haben. Eine Analyse zu einem angespannten Markt.

 Der Blick aus der Vogelperspektive auf die Innenstadt von Trier zeigt enge Bebauung und grüne Inseln. Bezahlbarer Wohnraum ist hier knapp.

Der Blick aus der Vogelperspektive auf die Innenstadt von Trier zeigt enge Bebauung und grüne Inseln. Bezahlbarer Wohnraum ist hier knapp.

Foto: Rainer Neubert

Knappes Angebot bei hoher Nachfrage – das sind die Zutaten für einen angespannten Wohnungsmarkt. Trier zählt neben Mainz, Landau in der Pfalz und Speyer zu den Städten im Land, in denen aus diesem Grund die sogenannte Mietpreisbremse greifen soll. Die Begründung dafür ist im Bundesgesetzbuch (§558) zu finden. Demnach gilt ein Wohnungsmarkt als angespannt, „wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen (...) zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist“.

Um das zu belegen, hat das Amt für Stadtentwicklung und Statistik die Mietpreisentwicklung innerhalb von zehn Jahren anhand von zwei Wohnungstypen dokumentiert.  Bei einer 1994 errichteten 85 Quadratmeter großen Wohnung – das entspricht der in der letzten Volksbefragung ermittelten durchschnittlichen Wohnungsgröße in Trier – ist der Mietpreis zwischen 2006 und 2016 um 1,5 Euro auf 7,15 Euro gestiegen. Bei einer 60 Quadratmeter großen Wohnung aus dem Baujahr 1964 stieg der Preis um 1,20 Euro auf 6,25 Euro. Diese Preissteigerungen um 24 beziehungsweise 27 Prozent liegen deutlich über dem durchschnittlichen bundesweiten Preisanstieg von 11,3 Prozent.

Sozialwohnungen Vor allem im sozialen Wohnungsbau ist der Nachholbedarf groß. Denn erst seit kurzem – in der Folge der Flüchtlingskrise – ist die staatliche Förderung wieder in Gang gekommen. Das macht den Bau solcher Wohnungen mit Mietpreisbindung derzeit so attraktiv, dass erste Investoren sogar ohne Verpflichtung durch die Stadtverwaltung Gebäude ausschließlich mit solchen Wohneinheiten errichten. Die Stadt Trier verpflichtet zudem seit 2015 Bauherren von Mehrfamilienhäusern mit Mietwohnungen zu einer Sozialwohnungsquote von 25 Prozent.  

 Gebaeude_und_Wohnungsbestand_Trier

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Foto: TV/Lambrecht, Jana

Da aber gleichzeitig zahlreiche Wohnungen in Trier nach zehn Jahren aus der Mietpreisbindung herausfallen, will die Stadt Trier ihre fast 700 Sozialwohnungen nicht verkaufen, sondern ab 2019 mit Hilfe einer städtischen Wohngesellschaft sanieren und erneuern. Weil nach Meinung von Stadtrat und Verwaltung aber wegen des schlechten Zustands vieler Wohnungen ein weiteres Warten unverantwortlich wäre, hat zum Beispiel auf Mariahof und in Trier-West die Renovierung von Wohnungen begonnen.

Baugebiete Trier wächst. Nach Meinung der Stadtverwaltung müssen jährlich etwa 600 Wohnungen in allen Segmenten gebaut werden, um die Wohnungsnachfrage zu decken.  Bauland ist begehrt, davon zeugen die zahlreichen Kräne in den wenigen Baugebieten der Stadt. So waren alle Grundstücke im 7,5 Hektar großen Baugebiet BU 14 (ober der Herrenwiese) schnell vergeben. Es ist der Abschluss der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme „Tarforster Höhe Erweiterung“.

Eifrig gebaut wird auch auf dem ehemaligen Kasernengelände Castelnau, wo die Projektgesellschaft EGP auf 34 Hektar ein neues Wohngebiet erstellt. Alle Baugrundstücke sind auch hier vergeben. Potenzielle Bauherren müssen nun auf Castelnau II warten, das von der EGP als „Castelnau Mattheis“ bereits beworben wird. Es ist das Gelände am Rande des Waldes, das einst für einen Handwerkerpark vorgesehen war.

Die vermutlich größte Baustelle Triers findet sich derzeit am nördlichen Eingang der Stadt. Die Firma Porta Nova baut dort auf dem 2,65 Hektar großen Gelände der ehemaligen Feuvrier-Kaserne 140 Wohnungen, Hotel, Gastronomie und Räume für Dienstleister.  Aktuell gebaut wird auch auf dem ehemaligen Bobinet-Gelände in Trier-West, das ebenfalls von der EGP entwickelt wird. Zwei Wohnkomplexe mit 90 Wohnungen errichtet dort DBA Deutsche Bauwert AG (der TV berichtete).

Planungen Der Bebauungsplan „BW 61-1 „Eurener Straße, Im Speyer, Über Brücken“ umfasst ein 18,6 Hektar großes Areal, das nicht nur das Bobinetgelände (3,7 Hektar), sondern auch das historische Bahnausbesserungswerk und eine riesige Freifläche beinhaltet. Dort will der Unternehmer Erland Knaaf in den kommenden Jahren Wohnungen für mehrere Hundert Menschen schaffen.  

Nur einen Steinwurf entfernt steht die ehemalige Jägerkaserne, die von der Stadt gekauft wurde. Dort und auf dem benachbarten ehemaligen Busdepot der Stadtwerke soll Wohnraum für etwa 1000 Menschen entstehen. Einen Architektenwettbewerb dafür hat es bereits gegeben. Die Stadt sucht nun Partner aus der privaten Wirtschaft, die ein solches Großprojekt stemmen können.

Auch auf dem Petrisberg in Neu-Kürenz geht die Entwicklung weiter. Beim Burgunderviertel, dem ehemaligen Wohnquartier französischer Offiziere, ist erneut die EGP Partner der Stadt. Etwa zwei Drittel der Fläche werden von ihr entwickelt. Die Zahl der Wohnungen dort dürfte um die 200 liegen. Zusätzliche 50 bereits sanierte Wohnungen behält die Stadt und nutzt sie weiterhin als geförderten Wohnraum.

Im Flächennutzungsplan 2030 sind zahlreiche weitere Flächen für Neubaugebiete vorgesehen. Das größte ist mit 30 Hektar der „Brubacher Hof“. Etwa 2600 Menschen könnten dort in einigen Jahren ein neues Heim finden. Ähnlich groß würde das Baugebiet Zentenbüsch bei Ruwer. Addiert mit mehr als 20 weiteren Stellen im Stadtgebiet sollen bis 2030 insgesamt 145 Hektar Fläche für Baugrund und die dazugehörige Infrastruktur genutzt werden.

Innenstadt Kritiker dieser Pläne, allen voran die Grünen, verweisen auf das Potenzial der Innenstadt. Argument: Eine Verdichtung der Bebauung dort bei gleichzeitigem Aufstocken von bestehenden Gebäuden könne die erwartete Nachfrage absehbar decken. Dass dies nicht ganz einfach würde, belegen allerdings Erkenntnisse aus dem städtischen Projekt mit dem komplizierten Namen „Sektorales Entwicklungs- und Nutzungskonzept Wohnen Innenstadt“. Demnach sind 76 Prozent der Grundstückseigentümer in der Innenstadt private Eigentümer (siehe Info). Drei Viertel davon sind älter als 50 Jahre, 37 Prozent gar älter als 65 Jahre. Gerade das, so die Analyse, könne wegen der geringeren Investitionsbereitschaft einen dynamischen Entwicklungsprozess gefährden.  

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