Infrastruktur Gemeinsam wohnen, arbeiten und feiern

Pluwig · Der Wohnkulturhof in Pluwig ist ein einmaliges Projekt. Geld spielt bei der Auswahl der Bewohner nicht die Hauptrolle.

 Die Macher des Wohnkulturhofs (von links): Joachim Albrech, Katja Königstein und Marius Kliche.

Die Macher des Wohnkulturhofs (von links): Joachim Albrech, Katja Königstein und Marius Kliche.

Foto: Albert Follmann

Neue Wohnformen haben sich mittlerweile vielerorts etabliert. Sie sind einerseits Ausdruck demografischer Veränderungen, also einer immer älter werdenden Gesellschaft. Andererseits werden sie befeuert von der Kostenentwicklung auf dem Wohnungsmarkt: Grundstücke und Wohnungen werden immer teurer, deshalb sind kostengünstige Gemeinschaftslösungen gefragt.

In Mehrgenerationen-Projekten leben Jung und Alt unter einem Dach, Wohn-Pflege-Gemeinschaften sind für Menschen eine Alternative, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in den eigenen vier Wänden leben können. Im 1750-Einwohner-Ort Pluwig (Verbandsgemeinde Ruwer) steht ein Wohnprojekt in den Startlöchern, das einmalig in Rheinland-Pfalz sein dürfte: der Wohnkulturhof (siehe Info). Das Mehrgenerationenprojekt basiert auf den drei Säulen Wohnen, Arbeiten und Kultur.

Der TV hat die drei Initiatoren Joachim Albrech, Katja Königstein und Marius Kliche vor Ort getroffen. Sie haben mittlerweile den Verein Wohnkulturhof gegründet und zu zwei Stammtischen geladen. Ziel sei es, Gleichgesinnte zu finden, die nach dem Motto „In Gemeinschaft Vielfalt erleben” in einigen Jahren dort wohnen und arbeiten möchten. Der Verein hat derzeit 30 Mitglieder.

Projektmanager Albrech, Ex-Geschäftsführer des Taurus-Institus für Regionalentwicklung an der Uni Trier, macht deutlich, dass ein dickes Portemonnaie nicht die entscheidende Rolle spielt. Vielmehr sei der soziale Aspekt wichtig: „Wir suchen Menschen, die unsere Idee mittragen; die Chemie muss stimmen.” Auch das Mainzer Sozialministerium hat die Innovation gewürdigt und eine Anschubfinanzierung über 10 000 Euro für Gutachter- und Beratertätigkeiten bereitgestellt.

Albrech und seine Frau Katja Königstein, die Vorsitzende des Vereins Wohnkulturhof und von Beruf Web-Moderatorin ist, wollen selbst in das Mehrgenerationen-Domizil ziehen. Zehn bis zwölf Wohneinheiten sind auf dem Gelände unterhalb des Friedhofs geplant. Königstein: „Nachdem die Kinder raus sind, ist unser Haus in Pluwig zu groß geworden.” Ihr Steckenpferd ist das Co-Working. Bewohner des Kulturhofs, aber auch Externe, sollen dort ganze Büroräume oder einzelne Arbeitsplätze unterschiedlicher Größe und Ausstattung flexibel nutzen können. Auch sollen Räume für Workshops, Kurse oder Konzerte angemietet werden können.

Marius Kliche ist Musiker und Vorsitzender des Kulturvereins Ruwertal. Er möchte mit Frau und drei Kindern im Wohnkulturhof Pluwig leben. Die Kliches wohnen in Schöndorf-Lonzenburg. In der dortigen Kulturscheune hat Kliche unter anderem die beliebten Suppenjazz-Konzerte und das Kino-Open-Air ins Leben gerufen. Er ist davon überzeugt, dass die Gemeinschaftsräume eine Bereicherung für den ganzen Ort werden.

Im Gemeinderat ist das ungewöhnliche Wohnprojekt auf einhellige Zustimmung gestoßen. „Uns hat der soziale Aspekt überzeugt”, sagt Ortsbürgermeisterin Annelie Scherf. Auf dem angrenzenden Gelände wolle die Gemeinde sechs bis acht Grundstücke erschließen. Der Wohnkulturhof soll in den Bebauungsplan integriert werden.

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