Veranstaltungen „Mr. Arena“ Wolfgang Esser macht Feierabend

Trier · Ende einer Ära: Für Wolfgang Esser (67) ist nach 17 Jahren an der Spitze der Arena Feierabend. Ohne seine Liebe zum Basketball wäre Triers größte Halle wohl nie gebaut worden. Dabei war es nicht nur einmal richtig eng.

 „Mr. Arena“ und Trierer Basketball-Legende: Wolfgang Esser – hier bei einer Ausstellung zur 25-jährigen Bundesliga-Zugehörigkeit der Trierer Basketballer im Jahr 2015 – geht in den Ruhestand.

„Mr. Arena“ und Trierer Basketball-Legende: Wolfgang Esser – hier bei einer Ausstellung zur 25-jährigen Bundesliga-Zugehörigkeit der Trierer Basketballer im Jahr 2015 – geht in den Ruhestand.

Foto: TV/Marek Fritzen

Was kommt danach? Der letzte Arbeitstag mag die eine große Zäsur sein, die man herbeisehnt oder fürchtet. Schreibtisch räumen, Kopf freimachen, ein letztes Tschüss – und dann raus: In die Freiheit. Ins Ungewisse. Bei manchen auch: in die Langeweile. Je nach Naturell.

Was danach kommt? Die Frage hat Wolfgang Esser oft gestellt bekommen in den letzten Tagen und Monaten. Und sie wird ihn noch eine Weile begleiten, den 67-Jährigen, der am Freitag seinen letzten Tag als Chef der MVG hat – und damit als Arena-, Europahalle-, Messepark-Boss. Ab dem 1. Juli ist Arnd Landwehr alleiniger Geschäftsführer. Die Doppelspitze ist dann nach einem Jahr Übergangszeit passé.

Essers Antwort kommt flott, aber sie ist vage, ganz bewusst. „Ich lasse erst mal alles auf mich zukommen“, sagt er beim Treffen mit dem TV-Reporter auf der Terrasse der Tufa-Gaststätte Textorium, das immer wieder mal von Passanten kurz unterbrochen wird: „Wolli, wie geht’s?“, „Wolli, was machst du danach?“ Abwarten. Ihm wird nicht langweilig werden. Das sagt er nicht. Aber davon kann man ausgehen.

Mit frommen Rentner-Imperativen à la „genieß‘ den Ruhestand!“ braucht man Esser nicht zu kommen. „Genossen habe ich mein Leben ja auch vorher“, sagt der gebürtige Trier-Süder („Gallstraße, Hausgeburt“), der aber im Maarviertel seine Kindheit verbrachte. Esser ist übrigens der erste Trierer der Familie: Seine Eltern stammen aus Oberhausen, sie verschlug es nach dem Krieg über Idar-Oberstein an die Mosel. „Ich hatte das Privileg, seit dem Studium das machen zu können, was ich machen wollte.“ Im Basketball und in der Eventbranche.

Von daher seien andere vielleicht begeisterter, wenn der Ruhestand ansteht. „Meine Frau Jutta ist neun Jahre jünger als ich – sie hat beim Palais einen Job, der ihr viel Spaß macht. Wir können also nicht sagen: Wir setzen uns ins Wohnmobil und fahren monatelang durch die Gegend.“

Man wird sich daran gewöhnen müssen, nicht mehr so ziemlich als Erstes Wolfgang Esser zu sehen, wenn man die Arena betritt. Der ewige Arena-Standard: Egal, ob Basketball-Länderspiel, Tokio Hotel, Schlagerfest, Manowar – das Publikum ist immer anders, aber vorne wartet der Mann mit der Lederweste, im karierten Hemd und dem Lockenkopf. Das hat sich eingebrannt. Auch wenn die Weste vielleicht längst in der hintersten Schrankecke hängt. Rund 1200 Veranstaltungen gingen in den vergangenen 16 Jahren in der Mehrzweckhalle über die Bühne – gezählt sind nur die mit Eintritt. „Ich war sicher bei 1000 davon als Veranstaltungsleiter vor Ort.“ Über 2,8 Millionen Besucher hat die 2003 eröffnete Arena empfangen.  „Und in der ganzen Zeit hat es nur einen Todesfall in der Arena gegeben – das war ein Herzinfarkt bei einem älteren Herrn bei einer Blasmusik-Parade.“

Am Mittwochabend feierte er seinen Abschied mit geladenen Gästen im FOH, der Arena-Gaststätte. Eine steife Verabschiedung mit vielen Rednern, die wollte er nicht, bloß nicht: Kein Es-wurde-alles-schon-gelobt-nur-noch-nicht-von-jedem. Sondern eine lockere Talkrunde mit den Moderatoren Björn Pazen und Chris Schmidt, die Weggefährten von Esser auf die Bühne holten. Helmut Schröer etwa, seinen früheren Lehrer am Wirtschaftsgymnasium, lange bevor er Wirtschaftsdezernent und später Trierer Oberbürgermeister wurde (1989 bis 2007). „1984 fragte mich Schröer bei einem Turnier in der Mäusheckerhalle, ob ich nicht als Basketball-Trainer nach Trier zurückkehren will“, erinnert sich Esser, damals 32 Jahre alt – und sehr erfolgreich als (Spieler-)Trainer: „Das konnte ich mir erst nicht vorstellen, die spielten damals in der Oberliga.“

Das Sportstudium hatte ihn nach Köln verschlagen, Esser schaffte es dann mit Linz als Spielertrainer von der Oberliga bis in die zweite Liga. Er kehrte dann zum Regionalliga-Aufsteiger nach Trier zurück, weil er sein Netzwerk nutzte: „Wir gehen alle zurück nach Trier“, sagte er anderen Exil-Trierern  wie Rainer Loch und Michael Edringer (sein Neffe): Das war der Grundstein für den späteren Profibasketball.

James Marsh – selbst eine Trierer Basketball-Legende, Pokalsieger und früherer Nationalspieler – fasst es kurz und knapp zusammen: „Ohne Wolli Esser gäbe es die Arena Trier nicht.“ Marsh stieg 1990 als junger Spieler unter Esser in die Bundesliga auf. In den 90ern begannen die Planungen für eine Großraumhalle, der Vergabebeschluss für die Arena folgte 2001 – und als alles rosarot im Trierer Basketball aussah, ging erst der damalige Namenssponsor pleite, dann der Club in die Insolvenz. „Der OB sagte mir damals nur: Halte unbedingt die Lizenz in Trier.“ Das gelang, Trier hielt 2001/02 im Insolvenzverfahren die Klasse, 2003 gab es trotz sportlichen Abstiegs eine Wildcard, die TBB (Esser: „Der Name war eigentlich nur ein Arbeitstitel“) blieb in der Bundesliga. Auch die spätere Insolvenz der TBB verlief einigermaßen glimpflich aus Arena-Sicht – Profibasketball gibt es weiterhin in der Arena, in der zweiten Liga. „Wir haben mit aller Macht versucht, Basketball in Trier zu halten“, sagt Esser, der mit seiner Familie den schwersten Schlag im Jahr 2013 erlebte – damals starb Judith bei einem Verkehrsunfall, die älteste seiner drei Töchter.

 Wolfgang Esser hat heute seinen letzten Arbeitstag als Arena-Chef.

Wolfgang Esser hat heute seinen letzten Arbeitstag als Arena-Chef.

Foto: Simon Engelbert

Auch die Arena gehört für Esser längst irgendwie zur Familie. Als Trainer war er der Mann der großen Emotionen. Einer, der von allen Spielern immer 100 Prozent verlangte. „Im Sport muss man jeden so lange kitzeln, dass es im richtigen Moment klappt. Als Vorgesetzter läuft es anders: Aber die Anerkennung und Wertschätzung für die Mitarbeiter ist die gleiche. Es geht immer nur mit einem guten Team. Ich bin ziemlich sicher, dass es bei einem Großteil der Mitarbeiter auch so angekommen ist. Wir hatten jedenfalls eine ganz geringe Fluktuation.“ Bei einem Termin wird Esser auf jeden Fall noch mal vor Ort sein – nicht nur, weil er von ihm eingefädelt wurde: Am 11. August spielt die deutsche Basketball-Nationalmannschaft in Trier gegen Schweden – ein Wiedersehen mit Henrik Rödl: Der langjährige TBB-Trainer ist seit 2017 Bundestrainer. „Das wird richtig hochkarätig“, freut sich Esser. Und was danach kommt? Wird schon kommen.

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