Xanthippe Treverorum

Oh Mann, was für ein Wochenende steht mir da ins Haus. Keine Ahnung, wie ich die WM und das Altstadtfest unter einen Hut kriegen soll. Gestern abend musste ich den Überlebenskampf der Franzosen verfolgen, heute mittag spielt Deutschland, am Abend Argentinien.

Wie soll ich da in Ruhe mit meinem Kumpel Pitt unsere berühmte Turbo-Tour "30 Bierstände in 300 Minuten" machen? Da könnten wir höchstens zu so einem publiken Wiefing gehen, oder wie das auf Neudeutsch heißt, wenn man zusammen steht, glotzt und bechert. Aber ist das auch nicht mehr so das Wahre in unserem Alter. Also hab' ich mit Pitt verabredet, dass wir Montag frei machen und Sonntagabend auf Tour gehen. Aber wie ich das daheim erzählt habe, ist mir meine Bärbel fast ins Kreuz gesprungen. "Am Sonntag wollten wir doch zur Antikenfestspiel-Premiere", hat sie geschimpft, "da machen wir es eh nur einmal im Jahr, und ausgerechnet da musst du saufen gehen". - "Wie, einmal im Jahr", habe ich gesagt, "so selten ist es auch wieder nicht". - "Das meine ich nicht", hat die Bärbel gebrüllt, "ich rede von Kultur!" Aber so einfach wollte ich mich nicht geschlagen geben. "Kuck mal, auf dem Kornmarkt spielt der Leiendecker, den hörst du doch auch so gern". Aber das Argument kam gar nicht gut an. "Den hörst du sowieso bis in die Kaiserthermen", konterte mein Schatz. "Das haben die von den Festspielen wahrscheinlich diesmal extra so gelegt, aus Rücksicht auf Leute wie dich. Da kannst du mit dem linken Ohr Leiendecker lauschen und mit dem rechten "Ariadne auf Naxos". Wenn Bärbel so redet, ist Widerspruch zwecklos. Tschöö, Helmut. Bis morgen, Ariadne. Aber nächstes Jahr könnten sie bei den Festspielen zu Ehren meiner Frau das Stück "Xanthippe Treverorum" aufführen. Ist zwar antik, aber ziemlich aktuell.

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