Zu eng, zu voll, aber alle wollen rein: Neue Volksfreund-Serie zu Trierer Verkehrsproblemen

Trier · Bei diesem Thema kann jeder mitreden, egal ob Autofahrer, Radler, Buskunde oder Fußgänger: Verkehr in und um Trier herum. Grund genug für den Trierischen Volksfreund, diesem Thema eine dreiwöchige Serie zu widmen. Dass die auch für Nicht-Trierer interessant sein dürfte, zeigt der Blick auf die Verkehrsstatistiken.

 Im Martinerfeld und in der Aachener Straße in Trier-West staut sich der Verkehr vor einer geschlossenen Bahnschranke. Die Weststrecke wird derzeit verstärkt von Güterzügen genutzt. TV-Foto: Frank Göbel

Im Martinerfeld und in der Aachener Straße in Trier-West staut sich der Verkehr vor einer geschlossenen Bahnschranke. Die Weststrecke wird derzeit verstärkt von Güterzügen genutzt. TV-Foto: Frank Göbel

Stau? Baustelle? Geänderte Verkehrsführung? Darüber dürften sich die Einwohner des Trierer Umlandes mit Sicherheit genauso aufregen wie die Trierer selbst - wenn nicht, noch mehr. Die Stadt Trier mit ihren 112.000 Einwohnern ist schließlich Arbeitsort und Lernort für Zehntausende Menschen, aus Trier selbst und aus der Region. Ein Viertel der Beschäftigen in Trier arbeitet zwar in den großen Gewerbe- und Industriegebieten im Süden und Norden der Stadt sowie im Hafen, aber knapp die Hälfte der Arbeitsplätze ist auf die Innenstadt konzentriert. Als Innenstadt wird in der Regel der Bereich innerhalb des Alleenrings betrachtet.

32.000 Trierer arbeiten in ihrer Heimatstadt, rund 8500 fahren täglich zu einem Arbeitsplatz außerhalb Triers, weitere 6000 nach Luxemburg. Allein 30.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte kommen täglich von außerhalb zur Arbeit nach Trier, hinzu kommen Beamte und Selbstständige. Es sind also rund 40.000 Menschen, die täglich von außerhalb zur Arbeit nach Trier fahren. Der weitaus größte Teil davon stammt aus dem Landkreis Trier-Saarburg. Und neben dem Arbeitsort Trier ziehen natürlich auch Handel und Gewerbe in der City, die Sehenswürdigkeiten, die Schulen und die beiden großen Krankenhäuser zahlreiche weitere Verkehrsbewegungen nach sich. Rund 5500 Studenten von Uni und Hochschule wohnen außerhalb Triers, 2500 Schüler kommen von außerhalb zu den allgemeinbildenden Schulen, rund 5400 zumindest an einzelnen Tagen zu den Berufsschulen.

Wie stark die Stadt mit dem Umland verflochten ist, zeigt eine Verkehrsuntersuchung Trier-Luxemburg aus dem Jahr 2008. Die konkreten Zahlen dürften heute noch deutlich höher sein, sie zeigen aber gut die Trends, woher der Verkehr in Trier kommt.

Demnach gibt es täglich so viele Fahrten zwischenTrier und Luxemburg: 26.000Trier und der VG Schweich: 22.500Trier und der VG Ruwer: 20.500Trier und der Stadt Konz: 14.000 Trier und der VG Trier-Land 11.000.Deutlich geringer, aber dennoch ebenfalls eng mit Trier verflochten sind die restlichen Gemeinden der VG Konz, die Verbandsgemeinden Saarburg, Kell am See und Hermeskeil: von dort kommen jeweils täglich unter 6000 Fahrten nach Trier.

Nun gibt es zweifellos auch andere Großstädte mit vielen Pendlern und zweifellos auch andere, in denen sich der Zielverkehr sehr auf die Innenstadt konzentriert. Problem ist aber, das sich der weitaus größte Teil der Pendler per Auto auf den Weg nach Trier macht. Das wiederum liegt an den fehlenden Alternativen. Die weitaus meisten Gemeinden im Umland Triers haben keinen Bahnanschluss (Ausnahme: Konz, Schweich, Kordel und Igel). Und die Qualität des Busangebotes unterscheidet sich stark, selbst viele außerhalb liegende Stadtteile Triers sind nicht besonders gut angebunden.

Folglich steigen viele Pendler auf dem Weg nach Trier ins Auto, kommen über gut ausgebaute Straßen in Trier an - und stoßen auf ein Straßennetz, das vor allem in den Hauptverkehrszeiten unter den Belastungen ächzt.

Das wiederum ist zum Teil historisch bedingt: Das Straßennetz Triers ist zu großen Teilen um 1900 entstanden. Viele wichtige Straßen in der Innenstadt sind nach heutigen Standards viel zu schmal. Auch die Brückenköpfe der drei zentralen Moselübergänge in der Stadt sind viel zu eng und lassen keinen vernünftigen Ausbau zu, weil die Bebauung nah an die Mosel heranreicht. Der enge Straßenraum ist nicht nur ein Problem für die Autofahrer, darunter leiden auch Radfahrer und Fußgänger. Radwege sind oft nicht vorhanden oder lückenhaft. Bürgersteige gerne mal zugeparkt.

Auch die Trierer selbst sind gerne und viel unterwegs, wie Statistiken aus dem Mobilitätskonzept 2025 der Stadt zeigen. 89,4 Prozent der Trierer Bevölkerung verlässt an einem normalen Werktag das Haus. Jeder davon legt durchschnittlich 3,44 Wege pro Tag in Trier zurück, wofür er durchschnittlich 60 Minuten braucht. Die einzelnen Wege sind im Mittel 5,75 Kilometer lang, wofür der Trierer jeweils rund 16 Minuten unterwegs ist. Ein Drittel der Wege dient der Fahrt zur Arbeit, ein Drittel dem Einkaufen, der Rest ist Freizeit und Ausbildung. Die meisten Wege werden in Trier morgens gegen 8 Uhr unternommen.

Über 53 Prozent aller Wege werden von den Trierern per Auto gemacht, als Selbstfahrer oder Mitfahrer. Klingt nach viel, ist aber sogar weniger als im Bundesschnitt. Der Anteil des Radverkehrs liegt mit 9 Prozent im Bundesschnitt und ist vergleichbar mit anderen Städten. Angesichts der Tatsache, dass Trier auf Höhen von 125 bis 396 Metern über dem Meeresspiegel liegt, ist auch klar, dass längst nicht für alle Trierer das Fahrrad eine Alternative ist, um ins Stadtzentrum und zurück zu kommen. Auch der Anteil des Fußverkehrs liegt mit 20 Prozent im Durchschnitt. Dass die Trierer 16 Prozent aller Fahrten und Wege mit Bus und Bahn zurücklegen, ist überdurchschnittlich viel. Wenig überraschend ist dabei, dass der Anteil der Fußwege steigt, je näher die Menschen zum Stadtzentrum hin wohnen: in Mitte-Gartenfeld werden 40 Prozent der Wege zu Fuß zurückgelegt.

Erklärtes Ziel der Stadt Trier ist, dass bis 2025 deutlich mehr Wege per Öffentlichem Nahverkehr oder Fahrrad zurückgelegt werden.

2025 soll sich der Verkehr in Trier so verteilen: Auto/Motorrad < 45 Prozent der WegeBus und Bahn > 20 ProzentRad > 15 ProzentFußgänger > 20 Prozent.
2010 waren die Anteile so:Auto/Motorrad: 67 Prozent der WegeBus und Bahn: 13 ProzentRad: 6 ProzentFußgänger: 14 Prozent.Um die Ziele bis 2025 zu erreichen, müssten also noch tausende von Trierern und Umlandbewohnern ihr Mobilitätsverhalten ändern. Das zu erreichen ist für die Stadt das, was für Pendler die Fahrt von Quint bis Zewen mitunter sein kann: ein langer Weg. Meinung

Wir alle sind Teil des Problems

Von Michael Schmitz

Im Schimpfen sind wir alle ganz groß. Egal, ob wir als Autofahrer im Stau stehen. Uns als ÖPNV-Kunden über (angeblich) unfreundliche Busfahrer ärgern oder über verspätete Züge bei der Bahn. Egal, ob wir als Fußgänger über zugeparkte Bürgersteige schimpfen oder als Radler über Autofahrer, die uns die Vorfahrt nehmen. Mal ehrlich: Da kann sich jeder an die eigene Nase packen. Diese Auflistung zeigt ja auch: Jeder, der sich über die Verkehrsprobleme Triers aufregt, ist zugleich Teil des Problems. Der Blick auf die Hintergründe der tausendfach zurückgelegten Wege jeden Tag in Trier sollte uns daher alle zu etwas mehr Gelassenheit ermuntern. Einfache Lösungen für das komplexe Verkehrsnetz gibt es wohl nicht. Andererseits, manchmal vielleicht schon: Drei Tage wurden zwei komplette Ampelanlagen in der vielbefahrenen Luxemburger Straße in Trier vergangene Woche gewartet. Sie waren außer Betrieb. Der Verkehr lief reibungslos, kein einziger Unfall wurde berichtet. Manchmal ist weniger Regelung womöglich auch ein Gewinn. Den Verkehrsplanern auf die Finger zu schauen, kann also nicht schaden. Das geht auch ohne Schimpfen. m.schmitz@volksfreund.deExtra

In Trier gibt es knapp 1000 Straßen. Das Verkehrsnetz ist 560 Kilometer lang, davon sind 360 Kilometer Straße, der Rest Rad-, Geh- und Wirtschaftswege. Die Radwege sind etwa 50 Kilometer lang. In Trier gibt es 63.803 Fahrzeuge, darunter sind 3317 Lastwagen und 4453 Motorräder. In Trier-Saarburg sind 136.368 Fahrzeuge angemeldet, darunter 5062 Laster und 10.663 Motorräder.
Es gibt in Trier über 5000 Parkplätze in öffentlichen Parkhäusern und auf größeren Parkplätzen. Insgesamt gibt es mit den Stellplätzen an den Straßen rund 30.000 Parkgelegenheiten.
Jährlich werden in Trier zwischen 77.000 und 105.000 Knöllchen im ruhenden Verkehr geschrieben. Monatlich werden zwischen rund 6300 Raser geblitzt.
Rund 1000 Baustellen gibt es im Laufe des Jahres wegen Leitungsarbeiten, rund 20-mal werden größere Straßenzüge instand gesetzt, 50- bis 100-mal kleinere Flächen.
Die Stadtverwaltung hat rund 1000 Einsätze zur Gefahrenbeseitigung (Schlaglöcher, Bäume, Hochwasser).
In der Innenstadt und direkt angrenzend gibt es rund 900 öffentliche Anlehnbügel für Fahrräder und 100 Motorradparkplätze. Pro Jahr werden in Trier rund 600 Fahrräder gestohlen.
Die Stadtwerke Trier befördern mit über 70 Bussen und über 130 Busfahrern rund 45.000 Fahrgäste an jedem Werktag. Jährlich fahren die Busse rund 5 Millionen Kilometer.
Es gibt rund 4300 Unfälle pro Jahr in der Stadt, 100 bis 125 Radfahrunfälle und60 bis 100 Unfälle zwischen Fußgängern und Autos.Volksfreund-Verkehrsserie: So geht es weiter

Der nächste Teil der TV-Serie erscheint am Montag. Er stellt die Frage, die Autofahrer am meisten bewegt: Wie Stau ist Trier? Am Dienstag blicken wir dann auf die Weiterentwicklung der Bahnlinien in Trier, am Mittwoch sind die Radfahrer Thema, Donnerstag der Stadtbusverkehr. Alle bisherigen Beiträge finden Sie in unserem Dossier .

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