Zu teuer: Ralingen gibt Bürgerhaus auf

Ralingen · Um Geld zu sparen, geht die Sauergemeinde Ralingen ungewöhnliche Wege: Sie gibt ihr Gemeindehaus auf. Die Räume werden zu einer Wohnung umgestaltet und vermietet. Ratssitzungen und Festivitäten finden künftig im örtlichen Pfarrheim statt.

 Ortsbürgermeister Oswald Disch (links) und Pfarrer Wilhelm Reichardt haben gut lachen: Durch die gemeinsame Nutzung des Pfarrsaals sparen Kirchen- und Zivilgemeinde Kosten. TV-Foto: Albert Follmann

Ortsbürgermeister Oswald Disch (links) und Pfarrer Wilhelm Reichardt haben gut lachen: Durch die gemeinsame Nutzung des Pfarrsaals sparen Kirchen- und Zivilgemeinde Kosten. TV-Foto: Albert Follmann

Ralingen. Ein Defizit von rund 260 000 Euro hat die Gemeinde Ralingen im vergangenen Jahr eingefahren. Zu diesem schlechten Ergebnis beigetragen haben auch die fünf Bürgerhäuser, die sich die Mehrortsgemeinde leistet. Noch leistet, muss man sagen, denn Ortsbeirat und Gemeinderat haben beschlossen, das Bürgerhaus im Ortsteil Ralingen aufzugeben. Es hat 2012 ein Minus von rund 8000 Euro gebracht. "Die Vermietungen sind stark rückläufig", sagt Ortsbürgermeister Oswald Disch, "wir mussten uns etwas einfallen lassen." Der Lösungsansatz: das nur hundert Meter entfernt liegende Pfarrheim mitnutzen und so Unterhaltungs- und Betriebskosten sparen.
Kirchengemeinde und Rendantur hätten sofort mitgespielt, berichtet Disch, der Nutzungsvertrag sei unterschriftsreif. Das Pfarrhaus soll fünf Jahre gemeinsam genutzt werden; Start ist am 1. Juli 2013. Ralingens Ortsvorsteher Herbert Schilz koordiniert die Belegung und ist Ansprechpartner für Vermietungen. Einnahmen und Ausgaben teilen sich Kirchen- und Zivilgemeinde.
Die Seniorennachmittage fanden bereits im Pfarrsaal statt, auch probt der Musikverein Godendorf-Ralingen schon mal dort, wenn das Bürgerhaus Edingen-Godendorf belegt ist. Künftig werden im Ralinger Pfarrhaus auch Ratssitzungen stattfinden, ebenso Festivitäten von Bürgern. Das massive Gebäude wurde 1864 erbaut, ist aber gut in Schuss. Der Saal im Obergeschoss bietet Platz für bis zu 90 Personen. Er strahlt durch die Holzvertäfelung mehr Gemütlichkeit aus als der nüchterne Gemeindesaal. Das Pfarrheim verfügt über eine gut ausgestattete Küche, einen Treppenlift und eine Theke mit Ausschank.
Das Gemeindehaus soll nach Auskunft von Ortsbürgermeister Disch zu einer 110 Quadratmeter großen Wohnung umgestaltet und dann vermietet werden.
Zwischen den Ortsteilen Godendorf und Edingen liegt das größte Bürgerhaus der Gemeinde. Auch das soll auf den Prüfstand. Im Frühjahr will Disch alle Vereine zusammenholen und beraten, was mit dem 35 Jahre alten Bau geschehen soll. "Eine energetische Sanierung ist dringend erforderlich", sagt der Ortsbürgermeister, "die Heizung ist alt, und die riesigen Fenster sind nur einfach verglast." Schon jetzt müsse bei Konzerten oder Theateraufführungen eine variable Bühne aufgebaut werden, weil die bestehende zu klein sei. Neben den Bürgerhäusern in Godendorf/Edingen und Ralingen gibt es welche in den Ortsteilen Olk, Kersch und Wintersdorf.Meinung

Signal an die Bürger
Nahezu jede Gemeinde, so klein sie auch ist, nennt ein Bürgerhaus ihr eigen. Es gibt sicherlich gute Gründe für diese Einrichtung, etwa den, dass es sonst im Ort keine Platz gibt, an dem sich die Menschen treffen können. Fakt ist aber auch, dass viele Bürgerhäuser für den Zweck, den sie erfüllen, überdimensioniert sind und die Kosten in keiner Relation zum Nutzen stehen. Dabei ließen sich vielerorts in zumutbarer Entfernung Alternativen finden, wenn man nur wollte. Ralingen hat sein Bürgerhaus geopfert und eine für alle Seiten tragbare Lösung gefunden. Die Kooperation mit der Kirchengemeinde bringt nicht nur finanzielle Vorteile, es ist auch ein Signal an die Bürger: Seht her, nicht nur ihr müsst den Gürtel enger schnallen, wir tun es auch! Die Bevölkerung ist in diesen Dingen viel schmerzfreier als Kommunalpolitiker gemeinhin glauben. Die wollen keine Repräsentanten, die im alten Kirchturmdenken verhaftet sind, sondern welche, die neue Wege gehen und auch mal den Mut haben, sogenannte heilige Kühe infrage zu stellen. a.follmann@volksfreund.de

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