Zu wenig Platz für Friederike und Max

Trier · Wer sein Kind mit einem Jahr in eine Trierer Kindertagesstätte schicken will, tut gut daran, den Nachwuchs möglichst schon im Embryo-Stadium dafür anzumelden. Denn die Wartelisten sind lang - trotz des ab heute geltenden Rechtsanspruchs.

Trier. "Na, da sind Sie aber spät dran": Mit dieser Reaktion der Leiterin einer Trierer Kindertagesstätte hatten Rainer und Bettina nicht gerechnet. Schließlich war Bettina (alle Namen geändert) erst im dritten Monat schwanger, als das Paar sich im Frühjahr 2012 auf die Suche nach einem Kita-Platz für den ungeborenen Nachwuchs machte. Mittlerweile ist Tochter Friederike sieben Monate alt. Einen Betreuungsplatz haben ihre Eltern allerdings immer noch nicht. Dabei möchte Bettina im Januar wieder arbeiten gehen. Hoffnung, bis dahin die Zusage einer der fünf Kitas, bei denen Friederike auf der Warteliste steht, zu erhalten, hat die Mutter zwar noch. "Aber sicherheitshalber schauen wir uns mittlerweile auch schon nach einer Tagesmutter um."
Ein Platz in einer Kita wäre Rainer und Bettina allerdings viel lieber. Und auf einen Kita-Platz hat Friederike nach ihrem ersten Geburtstag im Dezember auch einen gesetzlichen Anspruch. In der Realität weiterhelfen wird der Familie das ab dem heutigen 1. August geltende Gesetz allerdings wohl kaum. Denn das Angebot reicht einfach nicht aus: Für 844 Einjährige, die es in Trier gibt, stehen 266 Kita-Plätze zur Verfügung, was einer Quote von 31 Prozent entspricht. Laut einer Elternumfrage des städtischen Jugendamts haben allerdings 40 Prozent der Eltern von Einjährigen Bedarf an einem Kitaplatz angemeldet (siehe Extra).Ratlosigkeit im Rathaus


Was Eltern unternehmen können, um ihr neues gesetzliches Recht auf einen Betreuungsplatz geltend zu machen, darüber herrscht im Rathaus offenbar Ratlosigkeit. Eine Antwort auf diese Frage hat der TV am gestrigen Mittwoch jedenfalls nicht vom Presseamt erhalten.
Tatenlosigkeit kann man der Stadtverwaltung allerdings nicht vorwerfen: In den vergangenen Jahren hat sie die Trierer Kitas kräftig aufgestockt und trotz immenser Schulden kräftig investiert. So entspricht die bereits realisierte Betreuungsplatzquote von gut 31 Prozent für Einjährige auch der Richtlinie, die das Bundesfamilienministerium den Kommunen vorgegeben hatte. "Wir begnügen uns aber nicht damit, dem Vorschlag des Gesetzgebers zu entsprechen", sagt Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen, "es ist uns ein grundsätzliches Anliegen, dass alle Kinder einen Betreuungsplatz finden." Tatsächlich will die Stadt die rund 60 Kitas, die es in Trier gibt - davon 41 in kirchlicher Trägerschaft, 15 in freier und nur vier in städtischer Trägerschaft - in den nächsten Jahren weiter ausbauen. Auch Neubauten sind geplant (siehe Extra zum Ausbaustand). "Natürlich erhoffen wir uns dafür von Bund und Land höhere Zuschüsse zu den Investitionen und Betriebskosten", sagt Jensen. Die übernimmt die Stadt auch bei Kitas in kirchlicher oder freier Trägerschaft zu 95 Prozent, zusätzlich zu den Personalkosten.
Dass die Eltern von Einjährigen ab heute Betreuungsplätze per Klage einfordern, ist wohl nicht zu befürchten. Für Zweijährige gilt in Rheinland-Pfalz der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz schließlich bereits seit Oktober 2010 - und auch für sie reicht das Angebot nicht aus: Für 886 Zweijährige gibt es in Trier 679 Plätze, was einer Quote von rund 76,6 Prozent entspricht. Der Bedarf liegt laut Elternumfrage allerdings bei gut 89 Prozent. Klage eingereicht hat allerdings noch niemand von den Eltern auf der Warteliste.
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In Trier gab es am Stichtag 31. Dezember 2603 Kinder unter drei Jahren, davon 886 Zweijährige, 844 Einjährige und 873 Kinder, die noch kein Jahr alt sind. Zum 1. September 2013 gibt es in Trier 706 Plätze für Kinder unter drei Jahren, informiert die Stadtverwaltung auf TV-Nachfrage. Bis Jahresende sollen es 745 Plätze sein. Für 28,62 Prozent aller 2603 Kinder unter drei Jahren gibt es dann ein Platzangebot. Für die 844 Einjährigen in Trier sind 266 Betreuungsplätze reserviert, was einer Einzelquote von rund 31,5 Prozent entspricht. Die Nachfrage liegt allerdings deutlich darüber: Laut einer Umfrage der Stadt haben 40 Prozent der Eltern von Einjährigen Bedarf an einem Kita-Platz angemeldet, zusätzlich wollen 24,9 Prozent einen Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter. wocExtra

Mit dem Bau neuer Kitagruppen alleine ist es nicht getan. Für die Träger der Einrichtungen wird es immer schwerer, Personal zu finden. Der größte Arbeitgeber in der Region ist die kirchliche gemeinnützige Kita GmbH. Ihr gehören unter anderem 18 Kindertageseinrichtungen in Trier mit 229 Mitarbeitern im pädagogischen Bereich. Im Kreis Trier-Saarburg sind es 631 Mitarbeiter in 42 Kitas. Laut David Terres von der Kita gGmbH sind in den Einrichtungen in Trier aktuell zwei Stellen vakant, im Landkreis sechs. Um personelle Engpässe zu überbrücken, werden dort 15 Unterstützungskräfte eingesetzt. In Trier ist es eine. Aufgrund des Fachkräftemangels werde es laut Terres zunehmend schwieriger, offene Stellen zu besetzen. "Zum Teil gelingt dies erst mit zeitlicher Verzögerung und es treten vorübergehende Vakanzen auf." Als kirchlicher Arbeitgeber stellt die Kita gGmbH keine geschiedenen Erzieher und Erzieherinnen ein, die wieder geheiratet haben. Die personellen Engpässe der Kita gGmbH resultierten laut Terres daraus jedoch nicht. "Es herrscht ein allgemeiner Fachkräftemangel, unter dem auch nicht-kirchliche Träger leiden." har/wocExtra

Ihre Investitionen in den Ausbau von Kitas hat die Stadt Trier (mit Zuschüssen von Land und Bund) stark erhöht: 2007 flossen 19,2 Millionen [UPDATE: Zahl korrigiert] Euro in Aufstockung und Neubau von Kitas, 2013 sind es gut 35,5 Millionen Euro. 17 Neubauten und Erweiterungen laufen derzeit oder sind in Planung, darunter die Kita-Neubauten im Baugebiet BU 13 (Tarforster Höhe, Erweiterung um 16 Plätze für unter Dreijährige), Castelnau (Feyen, 34 U-3-Plätze) und St. Peter (Ehrang, 28 U-3-Plätze), der Umbau der alten Grundschule Tarforst (20 U-3-Plätze), die Umwandlung von zwei Gruppen im deutsch-französischen Kindergarten (Petrisberg, 12 U-3-Plätze), die Erweiterung der Kita Christ-König (Trier-West, 16 U-3-Plätze), die Erweiterung der Kitas St. Helena (Euren, zehn U-3-Plätze), St. Bonifatius (Kürenz, 20 U-3-Plätze), Krabbelstube Mäusenest (20 U-3-Plätze), Kita Feyen (in der dortigen Grundschule, 34 U-3-Plätze), St. Martinus (Zewen, acht U-3-Plätze), Montessori Fliederbusch (Euren, 12 U-3-Plätze), Haus Tobias (Quint, vier U-3-Plätze), Am Bach (Trier Süd, 20 U-3-Plätze), Heiligkreuz (zehn U-3-Plätze), städtische Kita Feyen (zwei U-3-Plätze). woc

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