Zu wenige Pfleger für schwerkranke Kinder

Trier · Überstunden und extra Nachtschichten schieben die Mitarbeiter von Nestwärme in der Region Trier. Das Sozialunternehmen spürt den Fachkräftemangel am eigenen Leib. Derzeit können acht offene Vollzeitstellen nicht besetzt werden.

 Intensive Pflege zu Hause: Kinderkrankenschwester Inge Jörg versorgt Adrian Pimmer in seinem Bett. Der Junge wird täglich 24 Stunden vom Nestwärme-Kinderkrankenpflegedienst begleitet. Foto: nestwärme e.V.

Intensive Pflege zu Hause: Kinderkrankenschwester Inge Jörg versorgt Adrian Pimmer in seinem Bett. Der Junge wird täglich 24 Stunden vom Nestwärme-Kinderkrankenpflegedienst begleitet. Foto: nestwärme e.V.

Trier. Elisabeth Schuh ist in Sorge. Nestwärme habe ein großes Problem, erzählt die Geschäftsführerin des Trierer Sozialunternehmens, das unter anderem behinderte und schwerstkranke Kinder zu Hause betreut. Denn bei dem Unternehmen stehen zurzeit acht Vollzeit- und eine Halbtagsstelle offen. Stellen, für die Elisabeth Schuh keine Fachkräfte findet. "Bei manchen Familien müssen wir deshalb schon die Betreuung reduzieren", sagt sie und seufzt. "Wir mussten sogar einem Kind absagen, das aus einem Hospiz nach Hause soll und rund um die Uhr betreut werden muss." Intensive Pflege

Insgesamt hat die Pflegedienstleitung in den vergangenen Tagen vier Hilfeersuchen von Familien abgelehnt. "Wir haben einfach nicht genug Leute", sagt Schuh. Rund 60 Nestwärme-Mitarbeiter in Trier versorgen etwa 40 Familien in der Region. Doch der Bedarf ist laut der Geschäftsführerin wesentlich größer. Und das nicht nur rund um Trier: "Es ist in ganz Rheinland-Pfalz schwierig. Auch bei den Kinderpflegediensten in Mainz, Koblenz oder Kaiserslautern."familie und volksfreund

Das Problem des Sozialunternehmens ist, dass es als ambulanter Kinderintensivpflegedienst spezialisierte Fachkräfte braucht. "Da ist ein hoher Kenntnisstand gefordert", sagt Schuh. Denn die Mitarbeiter der Nestwärme kümmern sich vor allem um behinderte und schwerstkranke Kinder wie Frühchen oder Babys sowie Kleinkinder, die auf Sauerstoff angewiesen sind. Die Pflege sei sehr intensiv, sagt Schuh. Zudem stehe bei der Arbeit mit Kindern nicht nur die fachliche, sondern auch die soziale Kompetenz im Vordergrund. "Bei kranken Kindern kann man einen Hausbesuch nicht in 30 Minuten abwickeln", sagt sie mit Nachdruck.Ein Quereinstieg in diese Sparte sei kaum möglich, erläutert auch Thomas Mares, Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Trier. Er kennt das Problem des Pflegenotstands. "In der Pflegebranche fällt es uns sehr schwer, Stellen zu besetzen." Denn die Zahl der Absolventen reiche nicht, um den Bedarf zu decken. Zudem fehle es an Lehrkräften. Deshalb könnten Schulen nicht einfach mehr Schüler aufnehmen. Pfleger mit guten Chancen

Im April waren in der Region Trier 125 offene Arbeitsplätze im Gesundheitswesen gemeldet, zu dem Krankenpflege, Altenpflege und mobile Pflege gehören. Arbeitslosmeldungen gebe es dagegen kaum. Examinierte Krankenpfleger haben laut Mares sehr gute Chancen, schnell eine Arbeit zu finden.Elisabeth Schuh kann sich nicht erklären, warum es so schwer ist, Kinderkrankenpfleger zu finden. "Ich höre immer wieder, dass es sich die Menschen schön vorstellen, in diesem Feld zu arbeiten", sagt sie. "Aber warum kommt dann keiner?" Sicher weiß sie aber, dass ihr Unternehmen unbedingt mehr Fachkräfte benötigt. Ihre Mitarbeiter würden sogar Überstunden und extra Nachtschichten machen, um den kranken Kindern ein Leben zu Hause zu ermöglichen, erzählt sie. Sie stünden alle unter einer großen Belastung. Und auch Elisabeth Schuh ist ganz und gar nicht nicht glücklich mit der Situation: "Ich könnte mir die Haare raufen, dass wir den Familien nicht geben können, was sie brauchen."Der Verein Nestwärme wurde 1999 in Trier von Petra Moske und Elisabeth Schuh mit dem Ziel gegründet, Familien in Not Zeit und Zuwendung zu schenken. Inzwischen arbeitet Nestwärme im Sinne eines Sozialunternehmens mit mehr als 1200 ehrenamtlichen Mitarbeitern und über 80 Angestellten. Neben dem Hauptsitz in Trier gibt es Geschäftsstellen in Hamburg, Berlin, Frankfurt, Saarbrücken, Leverkusen, Nürnberg und München. Nestwärme bietet in Rheinland-Pfalz und im Saarland ein Kinderkompetenzzentrum mit ambulanter Kinderkrankenpflege, einen ambulanten Kinderhospizdienst, eine Fachberatung und eine integrative Kinderkrippe. Seit 1999 hat der Verein insgesamt 21 176 Familien betreut. hsc

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