Zum Abheben besteht kein Grund

Trier · Einer der größten Bürgerbeteiligungsprozesse in der Geschichte der Stadt Trier geht in die letzte Runde. Über fast drei Jahre zogen sich Sitzungen, Konferenzen, Workshops zur Erarbeitung eines Kulturleitbilds hin.

 Das Foto zeigt eine Szene des Tanzstücks „Marc Chagall – La Vie“, das 2012 am Trierer Theater lief. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Das Foto zeigt eine Szene des Tanzstücks „Marc Chagall – La Vie“, das 2012 am Trierer Theater lief. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier. "Wir sind noch nicht ganz fertig" - so lautet das ehrliche Bekenntnis von Kulturdezernent Thomas Egger. Die Lenkungskommission aus Mitgliedern des Stadtrates und städtischen Kultur-Experten hat es noch nicht geschafft, die vielen Anmerkungen und Meinungen aus dem Beteiligungsprozess in eine Vorlage für den Stadtrat einzuarbeiten. Ursprünglich sollte der Beschluss noch in dieser Legislaturperiode gefasst werden, die mit der Kommunalwahl im Mai endet.
Am Anfang stand der Aufruf des Dezernenten an die Kultur-Institutionen, eine Bestandsaufnahme der Trierer Kultur zu liefern, verbunden mit einem Zukunftskonzept, aus dem sich Entscheidungen in der konkreten kulturpolitischen Alltagsarbeit nachvollziehbar und transparent ableiten lassen sollten.
Was er zurückbekam, war nicht nach seinem Geschmack, und so legte Egger ein eigenes Kulturleitbild vor, erkennbar geprägt von der Absicht, die freie, offene und überwiegend privat finanzierte Kultur gegenüber der institutionellen "Subventions-Kultur" zu stärken. Prompt hagelte es Kritik, und die Creme der Kultur-Institutionen, angeführt von Tufa und Theater, legte einen völlig anders akzentuierten Gegenentwurf vor. Kernaussage: Kultur braucht Kontinuität und solide institutionelle Förderung.
Damit lag der Ball wieder im Spielfeld des Dezernenten. Der legte im Sommer 2013 eine ganze Veranstaltungsreihe auf, um das Leitbild in gründlichen, extern moderierten Workshops mit allen Beteiligten der Kulturszene zu diskutieren. Dazu kam eine Reihe von Rahmenveranstaltungen und Diskussionsrunden. Wer wirklich an allem teilnehmen wollte, musste in den letzten neun Monaten ein gutes Dutzend Termine reservieren.
Eines scheint jetzt klar: Egger kommt seinen Kritikern entgegen. Den Kernsatz seines Papiers, es gebe keine Bestandsgarantie für Kulturinstitutionen wie Theater oder Tufa, sei "so nicht haltbar", räumt er ein. Zumindest auf Zeit will er die Existenz der großen Einrichtungen sichern - freilich in der Erwartung, "dass die Institutionen sich einem Wandel nicht verschließen".
In der endgültigen Fassung der Leitlinien soll die Kultur selbstbewusster auftreten, sich nicht für ihre Existenz rechtfertigen müssen. Dass Kulturförderung eine zentrale kommunale Aufgabe ist - das will der Dezernent nach den Gesprächen mit der Kulturszene in den Leitlinien festschreiben. Allerdings sollen die Mittel transparent nach klaren Förderrichtlinien vergeben und ihr Einsatz durch Zielvereinbarungen kontrolliert werden.Mehr Service und Koordination


Der Moderator des Beteiligungsprozesses, Heiner Schneider, erläutert weitere Schwerpunkte, die aufgrund der Anhörungen eingebracht werden sollen: Bessere Kommunikation und Kooperation unter den Kultur-Anbietern, mehr Service und Dienstleistungen der Stadt für "kleine" Kulturmacher, Öffnung großer Einrichtungen wie dem Theater für die freie Szene.
Bis Ende Juni soll der Leitlinien-Entwurf nun stehen und am 22. Juli in der ersten Sitzung des neuen Stadtrates verabschiedet werden. Davor, so hat es Dezernent Egger bei seiner Zwischenbilanz versprochen, haben die am bisherigen Prozess Beteiligten die Gelegenheit, noch einmal über das endgültige Ergebnis ihrer Arbeit zu diskutieren.

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