Zum Glück ein Auslaufmodell
Vor drei Jahren beschloss der Trierer Stadtrat nach langen Wehen den Bau einer neuen Grundschule für Tarforst. Wer dieser Tage den noch in Betrieb befindlichen Altbau besucht, hegt keinen Zweifel mehr an der Sinnhaftigkeit dieser Entscheidung.
Trier. Wer im Kollegium von Gieselind Leinen-Voigt arbeitet, sollte nicht unter Platzangst leiden. Großzügig geschätzte zehn Quadratmeter misst das Lehrerzimmer, in dem die Rektorin und ihre vier Kolleginnen arbeiten. Allzweckraum für Elterngespräche und differenzierte Unterrichtsformen ist das Kämmerchen obendrein. Aber da kann man meistens auch das kleine Sekretariat nutzen, denn die Sekretärin kommt ohnehin nur für zwei Stunden - pro Woche, nicht pro Tag. "Wer hier arbeitet, muss realistisch und kreativ sein", sagt die Schulleiterin. Nur rund 80 Schüler, vier Klassen, und trotzdem keinerlei Platz. Als das Gebäude 1964 errichtet wurde, gab es noch "Zwergschulen" mit zusammengefassten Klassen, für die man wenig Räume brauchte. Zu Boom-Zeiten drängten sich hier mehr als 100 Schüler — kaum zu glauben. Die Toiletten sind immer noch draußen auf dem Hof, wo unterdessen der Asphalt bröckelt. Zum Turnen fährt man mit dem Bus in andere Schulen. Im ganzen Haus gibt es einen einzigen netzwerkfähigen Computer. Die Bausubstanz ist in einem traurigen Zustand.Warum hier niemand der Depression verfällt, ahnt man allenfalls im Flur des 60er-Jahre-Zweckbaus. Da hängen Pläne und Zeichnungen, da stehen Bau-Modelle. Kein Utopia, wie in vielen anderen Trierer Schulen, sondern Realität. "Endlich Neubau", sagt Gieselind Leinen-Voigt, und man hört das Aufatmen förmlich mit: "Das hier ist nur noch ein Auslaufmodell". Ein paar hundert Meter entfernt, an der "Grenze" zwischen Tarforst und Trimmelter Hof, kann man dem künftigen Domizil fast täglich beim Wachsen zusehen. Fünf Millionen Euro blättert die Stadt hin, zum Schuljahr 2009/2010 will man umziehen. Statt einzügig soll die Schule dann zweizügig werden und deutlich mehr Kinder von der Tarforster Höhe anlocken. Vielleicht wird sie dann auch ein Schmelztiegel zwischen dem eher dörflich geprägten Tarforst und dem nachgewachsenen Trimmelter Hof, die bislang wenig gemeinsam haben. Einiges würde die Schule gerne mit an die künftige Wirkungsstätte nehmen. Zum Beispiel die hohe Qualifikation des Lehrpersonals in der "Klippert-Methode", die zeitgemäße Lernformen vermittelt. Die gemeinsamen Konferenzen mit anderen "kleinen" Schulen. Oder die Arbeitsgemeinschaften für Chor, Flöten und Schach. Die Partnerschaft mit einer Schule in Ruanda. Den "Wir-tun-was-Tag" vor Weihnachten. Ansonsten, sagt die Rektorin, "sind wir eben eine ganz normale Grundschule". Eltern schätzen bei aller Kritik an Bau und Ausstattung die soziale Atmosphäre an der Schule. "Es gibt keine Probleme mit Gewalt auf dem Schulhof", stellt Elternsprecherin Edda Olk-Schmitt fest. Die vergleichsweise wenigen Kinder mit Migrations-Hintergrund seien "bestens integriert", auch sprachlich gebe es keine Probleme. Ein Abbild der überwiegend intakten Familienstrukturen im gewachsenen Stadtteil. Dennoch hat man eine freiwillige Nachmittagsbetreuung organisiert, mit Mittagessen im Pfarrheim. Die Hoffnung, nach dem Umzug zur Ganztagsschule aufzurücken, hat durch ein negatives Votum der Schulaufsicht bei der ADD einen erheblichen Dämpfer erlitten. Und auch sonst sind noch ein paar Fragen offen, zum Beispiel die nach dem genauen Zuschnitt des künftigen Schulbezirks.Aber all das ist ein Klacks angesichts des zu erwartenden Qualitätssprungs, von dem andere Trierer Schulen nur träumen können. Da lässt sich auch noch das voraussichtlich letzte Schuljahr im Gebäude mit dem Charme eines Plattenbau-Schuhkartons aushalten.Morgen in unserer Serie: die Grundschule Heiligkreuz.