Zum Lesen in die Telefonzelle - Jugendring Kasel richtet am Schulhof eine kleine öffentliche Bücherei ein

Kasel · Unter dem Motto "Ich bin ein Buch, hol’ mich hier raus!" geht der Kaseler Jugendring mit einem neuen Projekt an den Start: Auf Initiative von Clubchef Paul Neumann haben die Zwölf- bis 14-Jährigen eine ehemalige Telefonzelle mit Lesestoff gefüllt. Am Sonntag ist die Eröffnung gefeiert worden - mit einem großen Flohmarkt.

 Die zwölf- bis 14-Jährigen vom Jugendring Kasel sind stolz auf die neue, selbstverwaltete Bücherei. TV-Foto: Anja Fait

Die zwölf- bis 14-Jährigen vom Jugendring Kasel sind stolz auf die neue, selbstverwaltete Bücherei. TV-Foto: Anja Fait

Foto: Anja Fait (anf) ("TV-Upload Fait"

Kasel. 13 Meter Regalfläche hat Jugendringchef Paul Neumann an drei Seitenwänden der ehemaligen Telefonzelle an- und untergebracht. Seit Sonntag sind die Bretter in dem gelben Häuschen mit Lesestoff aller Art bestückt: Romane, Krimis, Biografien, Koch-, Kinder- und Lebensberatungs-Lektüre haben die zwölf- bis 14-jährigen Jugendring-Mitglieder gemeinsam mit dem Team Mütter hier platziert.

In der Bücherei herrscht Selbstbedienung. Unverschlossen, jederzeit und für jedermann zugänglich, steht das Bücherhäuschen nun am Schulhofgelände. Rückgabefristen oder Leihgebühren gibt es nicht. Wer möchte, darf sich bis zu drei Bücher herausnehmen, diese nach dem Lesen zurückstellen oder behalten und im Gegenzug anderen Lesestoff einstellen. Alle Bücher stammen aus Spenden, die Kaseler Bürger nach einem Aufruf im Jugendring abgegeben haben.

"Ich hätte nicht gedacht, dass wir so viele Bücher kriegen", sagt Max (13). Und Kathrin Reinert (36) vom Team Mütter bestätigt: "Als wir uns das erste Mal hier getroffen haben, waren wir ziemlich erschlagen." Rund 50 Bananen-Kisten voller Bücher sind abgegeben worden. Kinder und Gruppenstundenleiter sortierten den Lesestoff. Ein Teil war nicht mehr brauchbar, ein Teil steht in der Telefonzelle. Die übrigen wurden bei einem leider nur verhalten besuchten Flohmarkt zur Eröffnung der Telefonzelle am Sonntag im Gemeindehaus verkauft - zugunsten eines Flüchtlingsprojekts für allein geflüchtete Jugendliche. "Wir selbst haben ja genug Geld", sagen Helena (14) und Anna-Lena (13).

Katharina (14) begründet ihr Engagement im Team "Telefonzelle" damit, dass das Besondere an diesem Projekt die Gemeinschaft mit den anderen Kindern und Jugendlichen sei. Angst, dass Blödsinn mit den Büchern angestellt wird, haben die Jugendring-Mitglieder kaum. "Wir haben eher Bedenken, die Leute könnten ihre alten Bücher ständig einfach daneben abstellen", sagt Kathrin Reichert. Flohmarkt-Besucherin Julia Andres (29) ist derweil ganz begeistert von dem Projekt. Auch sie hat eine ganze Kiste mit Büchern gespendet. "Zuerst wollte ich sie verkaufen, dann habe ich mir überlegt, dass ich sie für den guten Zweck auch so abgeben kann." Die Telefonzelle will sie regelmäßig nutzen. anfExtra

Die ehemalige, rund 350 Kilogramm schwere Telefonzelle haben Vertreter des Jugendrings Kasel für 300 Euro im Internet gekauft und an der niederländischen Grenze abgeholt. Die Ortsgemeinde kümmerte sich darum, dass die Standfläche gepflastert wurde. Um den Jugendlichen bei dem Projekt kommunalpolitische Vorgänge näherzubringen, wurden sie in alle Antragstellungen eingebunden. Sie holten beispielsweise Genehmigungen und Teilfinanzierungszusagen bei den Kommunen und beim Schulträger ein. Die restlichen Kosten und die Aufsicht über die neue Bildungsstätte übernimmt der Jugendring. anf

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