Zweck erfüllt - Trier steigt aus: Warum Stadt und Kreis bei der Wirtschaftsförderung getrennte Wege gehen

Trier · Die Stadt Trier steigt aus dem Zweckverband Wirtschaftsförderung im Trierer Tal aus, um mehr Geld für Baumaßnahmen im Stadtgebiet investieren zu können. Im Kreis hält sich die Begeisterung in Grenzen. Der Ortsbürgermeister von Trierweiler-Sirzenich spricht von einem Supergau.

 Alles Schrott? Nein. Der Trierer Hafen und das Güterverkehrszentrum sind komplett vermarktet. Deshalb verlässt Trier den Zweckverband Wirtschaftsförderung im Trierer Tal. TV-Foto: Archiv/Friedhelm Knopp

Alles Schrott? Nein. Der Trierer Hafen und das Güterverkehrszentrum sind komplett vermarktet. Deshalb verlässt Trier den Zweckverband Wirtschaftsförderung im Trierer Tal. TV-Foto: Archiv/Friedhelm Knopp

Foto: Friedhelm Knopp (f.k.) ("TV-Upload Knopp"

Nur noch im kommenden Jahr wird die Stadt Trier 900 000 Euro an den Zweckverband Wirtschaftsförderung im Trierer Tal zahlen. Danach soll damit Schluss sein und das Geld in den Straßenbau und andere Projekte gesteckt werden, die als sogenannte freiwillige Leistungen gelten. 31,9 Millionen Euro darf die hoch verschuldete Stadt dafür ausgeben. Für jeden Euro mehr muss die Aufsichtsbehörde zustimmen.Hafen komplett vermarktet

"Da wir deutlich mehr in den Zweckverband einzahlen als daraus erlösen, ist ein Ausstieg sinnvoll", sagt Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Aus Sicht der Stadt Trier habe sich der Zweck der 1962 gegründeten Gebietskörperschaft vollkommen erfüllt.

Ziele waren vor 54 Jahren Bau und Betrieb des Trierer Hafens sowie die wirtschaftliche Nutzung der Moselkanalisierung. In den 70er und 90er Jahren kamen die Gemeinden Konz, Trierweiler-Sirzenich, Wasserliesch und Saarburg hinzu. Die Gesamtgewerbefläche des Zweckverbandes wuchs auf 465 Hektar. Das entspricht etwa 650 Fußballfeldern. Auf Trierer Gebiet liegen davon zwar nur 130 Hektar.

Dennoch hält die Stadt 50 Prozent der Beteiligung. Während im Kreisgebiet noch insgesamt 23,5 Hektar zu vermarkten sind, sind der Trierer Hafen und das Güterverkehrszentrum vollkommen erschlossen. Nach Berechnungen der Stadtverwaltung hat Trier schon 16 Millionen Euro mehr in den Zweckverband eingebracht, als dieser auf dem Stadtgebiet in Entwicklung und Vermarktung investiert hat. Vor allem Matthias Daleiden, Ortsbürgermeister von Trierweiler, schlägt Alarm: "Der Ausstieg von Trier ist ein Supergau und stellt die beteiligten Gemeinden vor riesige Probleme. Ich schließe nicht aus, dass andere Gemeinden dem Beispiel folgen werden. Ich denke hier auch an meine eigene Gemeinde."

Daleidens Ruf nach einer möglichst raschen Beratung über die Zukunft des Zweckverbandes wird von den anderen Mitgliedern geteilt. Allerdings bewertet die Kreisverwaltung die Entscheidung Triers weniger emotional. "Das bedeutet natürlich das Ende des Zweckverbandes in seiner heutigen Form", sagt Sprecher Thomas Müller. Der Kreis habe
aber ein nachhaltiges Interesse an einer Fortführung, da er seine Wirtschaftsförderung weiterhin überörtlich tätigen wolle.

Laut Thomas Thelen, Ortsbürgermeister von Wasserliesch, hat sich der Ausstieg der Stadt Trier angedeutet. "Ich sehe die nun notwendige Neuordnung auch als Chance." Verständnis auch in Konz: "Wir werden diese Entscheidung bedauern, aber akzeptieren", sagt Bürgermeister Karl-Heinz Frieden. "Wir werden sondieren, wie sich der Zweckverband künftig für die Region aufstellen kann", meint auch der Saarburger Bürgermeister Jürgen Dixius.

Welche organisatorischen Konsequenzen der Trierer Beschluss haben wird, ist noch nicht absehbar. Allerdings ist die Geschäftsstelle mit ihren drei Verwaltungsangestellten bereits heute mit dem Zweckverband Industriepark Region Trier in Föhren vereinigt. Auch ZV-Geschäftsführer Markus Guthörl will deshalb zunächst eher gelassen die Verhandlungen im neuen Jahr abwarten. "Zudem muss die Stadt Trier die in ihrem Gebiet liegenden verbandseigenen Grundstücke kaufen."

Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe hat alle Möglichkeiten und Risiken bei einem Ausstieg berechnen lassen. Im schlimmsten Fall würde die Stadt Trier demnach immer noch 260 000 Euro jährlich sparen.Meinung

Pragmatismus purVon Rainer Neubert

Für Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe ist der Ausstieg aus dem Zweckverband purer Pragmatismus. Eine weitere Beteiligung käme einer Subventionierung der Wirtschaftsentwicklung im Kreis gleich. Gleichzeitig schränkt die Beteiligung bis zum Ausstieg Ende 2017 die knapp bemessene Gesamtsumme für freiwillige Leistungen von knapp 32 Millionen Euro um jährlich 900 000 Euro ein. Für die beteiligten Gemeinden und den Kreis Trier-Saarburg mag der Ausstieg Triers bedauerlich sein.

Angesichts der vielen Kosten zum Beispiel für weiterführende Schulen und Kultur, die das Oberzentrum für die Menschen aus dem Kreis mitfinanziert, muss in Trier niemand ein schlechtes Gewissen haben. Der Zweckverband wird sich neu aufstellen. Möglicherweise geht er auch in einem erweiterten Zweckverband Industriepark Region Trier in Föhren auf. Dort wiederum ist die Stadt nach wie vor beteiligt - angesichts der knappen Gewerbeflächen in Trier mit gutem Grund.

r.neubert@volksfreund.deExtra

Der Zweckverband Wirtschaftsförderung im Trierer Tal betreut in der Stadt Trier und im Kreis Trier-Saarburg eine Gesamtfläche von 465 Hektar. Beteiligungen: Trier (130 Hektar) 50 %Konz (90 Hektar) 7,5 % Trierweiler-Sirzenich (119 Hektar) 10 % Wasserliesch (41 Hektar) 7,5 %. Saarburg (85 Hektar) 5 %Kreis Trier-Saarburg 20 %

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