Notfälle Medaillen für mutigen Einsatz in der Mosel

Schweich · Nach einer dramatischen Rettungsaktion in der Mosel hat die DLRG-Ortsgruppe Schweich zwei Helfer geehrt. Warum sie die Auszeichnung mit gemischten Gefühlen entgegennahmen.

 Stefan Zentius (links) und Thomas Rößler mit ihren Auszeichnungen für den gefährlichen Rettungseinsatz.   

Stefan Zentius (links) und Thomas Rößler mit ihren Auszeichnungen für den gefährlichen Rettungseinsatz.  

Foto: TV/Friedhelm Knopp

Ein Auto versinkt am 21. Oktober 2018 an der Longuicher Brücke in der Mosel. Der bewusstlose Fahrer sitzt noch hinter dem Lenkrad. Als Thomas Rößler von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Schweich und Stefan Zentius von der Freiwilligen Feuerwehr Longuich zeitgleich um 17.21 Uhr die Alarmierung erhalten, ahnen sie noch nicht, was da auf sie zukommt.

„Das war der heftigste Einsatz, den ich je erlebt habe“, werden beide später sagen. Und Einsätze haben die beiden Ehrenamtlichen schon genug erlebt. Der Weintechnologe Zentius (30) ist seit 2003 bei der Feuerwehr, der Autohandel-Serviceberater Rößler seit rund 20 Jahren bei der DLRG. Heute ist er Leiter Einsatz bei der DLRG-Ortsgruppe Schweich und dem DLRG-Bezirk Eifel-Mosel.

Was passiert am 21. Oktober? Kurz nach 17 Uhr hören zwei wandernde Handwerksgesellen an der Longuicher Brücke einen lauten Knall. Sie sehen gerade noch, wie ein Sportcabrio im weiten Bogen in die Mosel fliegt und schnell im Wasser versinkt. Die Zimmerleute wählen den Notruf 112 und starten vergebens einen eigenen Rettungsversuch.

Rößler ist mit dem DLRG-Einsatzwagen als einer der Ersten am Unfallort, ausgerüstet mit einem Neoprenanzug (Strömungsretter). Er erinnert sich: „Zu sehen waren ein Loch im Brückengeländer an der B 53, kurz bevor dort die Leitplanke beginnt, eine Bremsspur auf der Straße, einige Schleifspuren in der Uferböschung, und etwa 50 Meter entfernt auf der Mosel stiegen Blubberblasen an die Wasseroberfläche.“ Der Longuicher Zentius ergänzt: „Diese Stelle liegt genau in der Schifffahrtsrinne. Dort ist der Fluss vier Meter tief ausgebaggert.“

 Die Unfallstelle an der Longuicher Brücke.

Die Unfallstelle an der Longuicher Brücke.

Foto: Friedemann Vetter

Zentius ist am Tag des Unfalls zwar mit dem Löschfahrzeug eingetroffen, lässt sich aber mit dem schon gewasserten Feuerwehrboot auf die Longuicher Seite zurückbringen, um zu Hause seine private Taucherbrille und seine Flossen zu holen – „zurück auf dem Boot habe ich noch meine schweren Feuerwehrklamotten ausgezogen und die Flossen angelegt“. Rößler hat derweil im etwa 15 Grad „warmen“ Wasser den ersten Erkundungstauchgang absolviert, wobei er sich an den Luftblasen orientiert. Er sagt: „Das ist ein schlechtes Gefühl, so ins Trübe zu tauchen. Plötzlich erkennst du das Auto, und da sitzt noch einer drin.“

Beim nächsten Tauchgang ist auch Zentius dabei, und sie erreichen den noch angeschnallten, reglosen Fahrer. Zentius: „Dieses Auto war ein englischer TVR-Oldtimer (ehemaliger Hersteller von exklusiven Sportwagen in Kleinserie), das vertrackte Gurtschloss ließ sich nicht lösen.“ Die Helfer trennen den Gurt schließlich per Messer durch. Und dann das: Beim Hochziehen bleibt der Mann erst mal am Lenkrad hängen.

An Land kann der Verunglückte von den Rettungsdiensten nach einiger Zeit reanimiert werden. Richtig zu Bewusstsein kommt der 55-Jährige aber nicht mehr. Er stirbt am 1. Dezember im Krankenhaus. „Wenn er überlebt hätte, wäre uns das lieber gewesen als eine Rettungsmedaille“, sagen beide Helfer. Vier- oder fünfmal seien sie frei tauchend runtergegangen – genau wissen sie es nicht mehr. Zentius: „Auf jeden Fall war ich nach der Bergung noch mal unten, um nachzuschauen, ob nicht noch jemand im Wrack liegt.“ Der Grund dafür ist eine Diskussion oben, weil die Unfallzeugen nur eine Person auf der „Beifahrerseite“ gesehen hatten. Die Auflösung: Diese rechte Seite ist bei britischen Fahrzeugen die Fahrerseite.

Sehr zugesetzt habe den beiden Helfern die große Menge Benzin, die aus dem Wagen floss. Rößler: „Das brannte in den Augen und nahm einem nach dem Auftauchen den Atem. Bei mir hat noch drei Tage später alles nach Benzin geschmeckt.“

Von der DLRG-Medaille für eine Rettung unter Eigengefährdung (die zweithöchste der DLRG), überreicht durch den Präsidenten des DLRG-Bundes Achim Haag und den Landespräsidenten Ralf Bogler, sind beide überrascht worden. Besonders Rößler: „Ich ging ganz normal zu unserer Jahresversammlung. Dort traf ich überraschend Stefan Zentius und den Wehrführer von Longuich, die als Feuerwehrleute eine Extraeinladung von der DLRG erhalten hatten.“ Zentius: „Ich ahnte da schon etwas – diese Einladung der DLRG war doch ungewöhnlich.“

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