Zwei Mahnmale für zwei Schicksale

Aach · An das jüdische Leben in Aach erinnert heute vor allem noch der jüdische Friedhof. Nun sollen zwei Stolpersteine an zwei Aacher erinnern, die im Konzentrationslager ermordet worden sind. Zuvor muss noch der Gemeinderat entscheiden.

Aach. Vier Jahre lang dauert die Ungewissheit. Erst Anfang 1946 erfahren die Kinder von Ruben Levy, dass ihr Vater tot ist. Mit 89 Jahren ist der gebürtige Aacher gestorben. 1942. Im Konzentrationslager Theresienstadt. So steht es in einer Anzeige, die Familienangehörige in der in New York erscheinenden Zeitung "Aufbau" 1946 aufgegeben haben.
Aufgeführt in der Liste mit dem Vermerk "Aufenthalt unbekannt" ist auch Rubens Tochter Frieda. Was die Angehörigen zu dieser Zeit wohl nur ahnen, ist, dass sie auch tot ist. Sie wurde ebenfalls nach Theresienstadt deportiert, starb jedoch nach Informationen der Gedenkstätte Yad Vashem im KZ Auschwitz-Birkenau. 1943.
Nun sollen sogenannte Stolpersteine an die beiden Aacher erinnern (siehe Extra). Dabei handelt es sich um knapp zehn Mal zehn Zentimeter große Gedenktafeln aus Messing. Diese werden jeweils vor den Wohnhäusern im Bürgersteig eingelassen, in denen Menschen gelebt haben, die von den Nationalsozialsten getötet worden sind.
Die Inschrift auf den Steinen beinhaltet neben dem Namen auch die Lebensdaten. Im Fall von Ruben Levy, dessen nach Vallendar verheiratete Tochter Regina ebenfalls von den Nazis ermordet wurde, würde die Inschrift beispielsweise lauten "Hier wohnte Ruben Levy, geboren 14.4.1853, deportiert und ermordet."
Ehe es den Stolperstein gibt, muss erst der Gemeinderat Aach seine Zustimmung geben. Das Gremium trifft sich am heutigen Montag, 19.30 Uhr, im Gemeindehaus. Das Dekanat Schweich-Welschbillig war nicht nur Initiator der Studie "Leben in Aach", deren Ergebnisse vor einigen Tagen vorgestellt worden sind (der TV berichtete). Das Dekanat ist auch in der Gedenkarbeit involviert. Pastoralreferent Matthias Schmitz befürwortet grundsätzlich, dass dieser Teil der Geschichte aufgearbeitet wird. Er hat Ortsbürgermeister Ralf Kierspel vorgeschlagen, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die sich mit dem Thema Gedenkarbeit/Stolpersteine auseinandersetzen wird. Schmitz selbst will sich in solch einer Gruppe einbringen. Kierspel will den Vorschlag aufgreifen.
Entscheiden sich die Aacher für Stolpersteine, kann damit ein Wunsch von Frances Kallman in Erfüllung gehen. In der Trierer Neustraße sollen Stolpersteine für ihre Angehörige verlegt werden. Bei den Vorbereitungen für die Aktion stellte sich heraus, dass ihr Großvater Ruben und ihre Tante Frieda in Aach gelebt hatten, ehe sie deportiert wurden. Die Verlegung der Trierer Steine ist für April 2015 geplant. Zu diesem Termin wollen Frances Kallman und ihr Mann aus den USA anreisen. Dann könnten - so der Plan - die Steine in Aach verlegt werden.

Die von Gunter Demnig verlegten Stolpersteine kosten pro Stück 120 Euro. Die Trierer Arbeitsgemeinschaft Frieden (AGF) sucht noch Sponsoren. Informationen gibt es bei der AGF, Telefon 0651/9941017, E-Mail buero@agf-trier.de
Extra

Stolpersteine ist ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Mit Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Mittlerweile gibt es rund 45 000 Steine, in Trier sind es derzeit 146. Daneben gibt es Stolpersteine unter anderem in Konz, Wiltingen und Pellingen. Seit 1418 haben in Aach Juden gelebt. Die jüdische Gemeinde mit einer eigenen Synagoge entstand im 19. Jahrhundert. Um 1850 war jeder fünfte Aacher jüdischen Glaubens. Während der Nazizeit gelang einigen Familien die Auswanderung. Beim Novemberpogrom 1938 wurden jüdische Häuser demoliert und die Synagoge geschändet. 1942 und 1943 wurden die letzten in Aach lebenden jüdischen Bürger in die Vernichtungslager deportiert. Laut Gedenkbuch des Bundesarchivs sind 28 in Aach geborene jüdische Bürger dem Völkermord des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer gefallen. har

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