Zweifel an der Unabhängigkeit

TRIER. Die überraschende Ankündigung des ehemaligen Staatssekretärs Klaus Jensen, bei der Wahl des Oberbürgermeisters im kommenden Jahr als "freier" Kandidat anzutreten, stößt in einem Punkt auf Zweifel: Ob Jensen wirklich unabhängig sei, müsse er erst noch beweisen, heißt es bei allen Stadtratsfraktionen außer der SPD.

In der kommunalpolitischen Szene sorgt am Mittwoch der exklusive TV-Bericht, in dem Klaus Jensen seine Kandidatur für das wichtigste Amt der Stadt als Erster öffentlich macht, für Gesprächsstoff. Bereits am frühen Morgen glühen die Telefondrähte, eilig werden Absprachen getroffen und Pressemitteilungen verfasst. Am schnellsten reagiert die Trierer CDU, die bereits um 8.56 Uhr ihre Sicht der Dinge verbreitet. Fraktionschef Berti Adams verleiht seiner "Verwunderung" über den "unabhängigen Kandidaten" Ausdruck. "Früheres Mitglied in einer SPD-geführten Landesregierung, bis vor kurzem noch stellvertretender SPD-Vorsitzender von Trier, frisch verheiratet mit einer SPD-Ministerin, die SPD-Vorsitzende von Trier ist – dies sind Voraussetzungen, die nicht für die Unabhängigkeit Jensens sprechen", kommentiert Adams. Die Zukunft werde zeigen, "ob die Wähler ihm die Unabhängigkeit abnehmen werden".UBM-Fraktionschef Manfred Maximini stellt zwar die Integrität Jensens nicht in Frage, bezeichnet den Verfahrensweg jedoch als "unbegreiflich" und findet, das Ganze habe einen "peinlichen Beigeschmack". Begründung: "Die SPD versucht, durch die Hintertür jemanden in Amt und Würden zu hieven. Jensen distanziert sich doch nur aus opportunistischen Gründen von seiner Partei."Als "Angebot, das zu beweisen ist", werten die Grünen Jensens Vorstoß. Insbesondere müsse dieser "deutlich machen, dass er einen Politikwechsel für Trier anstrebt", sagt Wolf Buchmann, Vorstandssprecher des Kreisverbandes. Das Angebot Jensens werde sorgfältig geprüft, die Grünen seien offen für Gespräche. "Wenn er seine Unabhängigkeit ernst meint, kann seine Kandidatur Erfolg haben." Ähnlich argumentiert FDP-Fraktionschef Thomas Egger. "Wir werden sehen, ob er so unabhängig ist, wie er vorgibt zu sein." Als "echter" unabhängiger Kandidat sei Jensen "interessant", allerdings müsse es auch politische Übereinstimmungen geben."Er war nie ein Parteisoldat"

"Sehr zufrieden" zeigt sich SPD-Fraktionschef Friedel Jaeger. Die Bewerbung sei abgesprochen gewesen, "wir freuen uns darüber". Die SPD werde keinen OB-Kandidaten benennen. Zur Frage der "Unabhängigkeit" sagt Jaeger: "Das war Klaus Jensens persönliche Entscheidung, die wir respektieren." Der Ex-Staatssekretär sei nie ein Parteisoldat gewesen. "Wer ihn kennt, wird nicht an seiner Unabhängigkeit zweifeln."Die spannende Frage wird nun sein, ob und, wenn ja, welche OB-Kandidaten die anderen Fraktionen ins Rennen schicken. CDU-Chef Ulrich Holkenbrink, selbst als Anwärter im Gespräch, demonstriert Gelassenheit. "An unserem Fahrplan der Kandidatenfindung werden wir nicht rütteln. Erst nach der Bundestagswahl werden wir uns entscheiden." Die UBM hat bereits verkündet, außen vor zu bleiben. Das bekräftigt Maximini noch einmal und sagt gleichzeitig: "Vermutlich werden wir auch keinen anderen Kandidaten unterstützen." Die Grünen und die FDP zögern noch. Bei ihnen dürfte alles davon abhängen, wie die Gespräche mit Jensen laufen.

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