"Zweite Amtszeit? Das halte ich mir offen"

Trier · Ein Stadtratsbündnis, das keine Mehrheit mehr hat, ein Haushalt, der nicht verabschiedet wurde, ein heftiger Krach um eine Stabsstelle Umwelt - der Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen hatte in jüngster Zeit viel Ärger am Hals. Dennoch hält er sich - im Gegensatz zu früheren Ankündigungen - offen, für eine zweite Amtsperiode zu kandidieren, wie er im TV-Interview verrät.

 Fühlt sich offenbar sehr wohl an seinem Schreibtisch: der Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen. TV-Foto: Roland Morgen

Fühlt sich offenbar sehr wohl an seinem Schreibtisch: der Trierer Oberbürgermeister Klaus Jensen. TV-Foto: Roland Morgen

(mic/rm.) Gut gelaunt, selbstbewusst und überzeugt von dem, was er tut: dem TV präsentierte sich beim Interview ein souveräner Trie rer Oberbürgermeister - offenbar wenig beeindruckt vom Krach der vergangenen Wochen. Mit ihm sprachen die TV-Redakteure Michael Schmitz und Roland Morgen.

Herr Jensen, müssen Sie eigentlich im Schammat-Dorf auch morgens Schnee vor der Tür wegschippen?

Jensen: Ja, ich habe auch am vorigen Wochenende Schnee geschippt. Mir als Büromensch tut es gut, auch mal an der frischen Luft zu sein.

120 städtische Mitarbeiter waren in letzter Zeit ebenfalls viel an der frischen Luft: Sie waren in Trier zeitgleich zum Räumen und Streuen im Einsatz, trotzdem waren selbst Hauptverkehrsadern wie der Alleenring zeitweise kaum zu befahren. Wie kommt das?

Jensen: Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in so kurzer Zeit mal so viel Schnee hier in Trier hatten. So ein Wintereinbruch stellt höchste Anforderungen an alle. Alle Mitarbeiter in dem Bereich waren 14 Tage quasi rund um die Uhr im Einsatz mit wenig Schlaf. Wir haben nach den Erfahrungen des vergangenen Jahres erheblich mehr Salz geordert, aber die Natur setzt einfach auch Grenzen. Und wir haben leider das Problem, dass nicht alle Hausbesitzer und Mieter ihrer Verantwortung gerecht werden, vor der eigenen Haustüre zu räumen.

Trotzdem gab es sehr viele Menschen, die sich über die Stadt aufgeregt haben. Wir haben das bei den Leserkommentaren gemerkt, und hier im Rathaus gab es ja auch sehr viele Anrufe. Sind die Trierer notorische Nörgler?

Jensen: Das glaube ich nicht. Aber man kann einfach nicht alles zum gleichen Zeitpunkt wegräumen - bei 930 städtischen Straßen müssen zwangsläufig einige warten. Da müssen wir alle lernen, etwas besser mit der Natur umzugehen.

Vom Schnee-Chaos zum Chaos im Stadtrat: Trier hat vorläufig keinen verabschiedeten Haushalt. Andere Städte, beispielsweise Konz, setzen ihren ohnehin erst im Frühjahr in Kraft- ist die Ablehnung im Stadtrat wirklich so dramatisch, wie Sie es in der Sitzung dargestellt haben?

Jensen: Wir haben schon bei einigen Projekten Probleme, weil Fristen da sind - beim Konjunkturprogramm zum Beispiel. Insofern kann man die Situation nicht mit früheren Haushalten vergleichen. Ich bin aber sehr optimistisch, dass wir am 2. Februar im Rat einen Haushalt verabschieden werden, und dann halten sich auch die Folgen in Grenzen.

CDU und FWG sagen, die Verwaltung sei nun gefragt, weitere Sparvorschläge zu machen, die Ex-Ampelfraktionen und Sie sehen die Opposition in der Pflicht: Was gilt denn nun?

Jensen: Wir haben vereinbart, dass wir am 2. Februar nach Möglichkeit einen gemeinsamen Haushalt verabschieden wollen. Wir haben auch vereinbart, dass die Verwaltung jetzt keine Vorschläge macht. Alles andere bespreche ich mit den Fraktionen in sehr engem Kontakt mit allen. Es gibt eine sehr konstruktive Atmosphäre.

Alle, die mit dem Haushalt befasst waren, sagen: Die Sparmaßnahmen in diesem Jahr waren nichts im Vergleich zu dem, was die Stadt tun muss, wenn Sie 2012 in den Umschuldungsfond des Landes will. An welchen Stellen gibt es denn überhaupt die Möglichkeiten dazu?

Jensen: Ich sehe für die kommenden Jahre weitere Einsparmöglichkeiten im Wesentlichen durch strukturelle Veränderungen, die wir ja in weiten Teilen schon angegangen sind. Stichworte wären die Neuorganisation der Betriebshöfe und der Gebäudewirtschaft. Man muss aber auch sagen: Selbst wenn wir noch viele Millionen Euro einsparen, wird sich das Problem des Haushaltsdefizits nicht lösen, weil wir so viele gesetzliche Aufgaben haben. Wir werden 2011 einen umfangreichen Katalog von strategischen Maßnahmen abarbeiten und sind quasi ein ganzes Jahr in Haushaltsberatungen im Gespräch mit den Ratsfraktionen und der Verwaltung.

Apropos Gespräch mit den Ratsfraktionen. Vor allem die CDU hat ja schwere Geschütze gegen Sie aufgefahren: Sie seien nicht so unparteiisch, wie Sie es vor Ihrer Wahl angekündigt hätten. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

Jensen: Der ist völlig ungerechtfertigt. Ich behandle alle Fraktionen gleich. Es gibt keine Ungleichbehandlung, das ist für mich eine Selbstverständlichkeit.

Dennoch sitzen bei Ihnen am Frühstück ja quasi drei Personen am Tisch: Ihre Frau, also die private Malu Dreyer, die SPD-Landesministerin Malu Dreyer und die SPD-Stadtverbandsvorsitzende Malu Dreyer: Ist es da nicht schwer, glaubwürdig als unparteiischer OB zu agieren?

Jensen (lacht): Wir haben zwei Mal die Woche Gelegenheit, gemeinsam zu frühstücken, weil meine Frau sonst in Mainz und Berlin ist. Wenn man so wenig Zeit füreinander hat, dann redet man über alles, nur nicht über Kommunalpolitik.

Und da ist nichts abgestimmt? Das wollen Sie uns jetzt aber auch nicht weißmachen

Jensen: Natürlich versuche ich, in Mainz so viel wie möglich für die Stadt Trier rauszuholen. Das ist mir bisher erfolgreich gelungen, und das werde ich auch fortsetzen.

Viel Ärger im Stadtrat in letzter Zeit. Machen Sie sich trotzdem Gedanken über eine zweite Amtszeit? Sie haben ja ursprünglich angekündigt, nur eine Wahlperiode zu amtieren.

Jensen: Das ist richtig. Damals waren die rechtlichen Voraussetzungen so, dass ich für eine zweite Amtszeit schon zu alt gewesen wäre. Ich werde nach der ersten Wahlperiode fast 64 sein. Nach der alten Rechtslage hätte ich dann nach einem Jahr schon wieder Neuwahlen ausschreiben müssen. Das wäre ja Unsinn. Mittlerweile haben sich die Bestimmungen geändert. Ich könnte jetzt auch erheblich länger arbeiten, vier oder fünf Jahre, die Altersgrenze ist angehoben worden. Für eine zweite Amtszeit zu kandidieren, halte ich mir daher offen. Die Arbeit als OB macht mir Spaß.

Lesen Sie morgen im zweiten Teil des TV-Interviews: Was Klaus Jensen zum Streit um die Stabsstelle Umwelt sagt, wie er zur Gestaltung des Porta-Nigra-Umfelds steht, welche Schulnote er 2010 gibt und was er vom Kinofilm "Freck Langsam" hält.

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