12 der 34 Trierer Sporthallen weiterhin gesperrt: Gutachter präsentiert Horrorshow an Baumängeln

Trier · Eine Pressekonferenz zum Zustand der Trierer Sporthallen wird zu einer Show der Kuriositäten. Gutachter Bruno Isstas, dessen Gesellschaft Isstas und Thees alle 34 Hallen in Trier untersucht hat, präsentiert Deckenkonstruktionen, die abenteuerlich, fahrlässig und in wenigen Fällen klar lebensgefährlich sind.

 PK zur Bestandaufnahme der Schaeden an den Trierer Sporthallen und Vor -Ort -Besichtigung der Deckenkonstuktion der Sporthalle des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums. , xxx Isstas, OB Wolfram Leibe und Angelika Birk TV-Foto: Friedemann Vetter

PK zur Bestandaufnahme der Schaeden an den Trierer Sporthallen und Vor -Ort -Besichtigung der Deckenkonstuktion der Sporthalle des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums. , xxx Isstas, OB Wolfram Leibe und Angelika Birk TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

Der Betonbrocken ist sechs Kilo schwer, die Experten von Istass und Thees haben ihn gewogen. "Offensichtlich ist die Masse beim Betonieren aus der Form gelaufen", sagt Bruno Isstas. Der Brocken hing bis vor kurzem an der Decke einer der 34 Trierer Sporthallen, und zwar seit ihrem Bau in den 70ern. Wäre er abgebrochen, hätte er die Zwischendecke durchschlagen und entweder den Hallenboden getroffen - oder jemanden, der dort gerade Sport macht.

Die Mimik und Gestik der Teilnehmer an der Pressekonferenz in einem Klassenraum des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums am Donnerstagnachmittag künden von Unverständnis und Empörung, denn Isstas hat nicht nur den Sechskilobrocken im Programm. Seine Präsentation von Momentaufnahmen aus dem Deckenbereich der Trierer Sporthallen ist bautechnisch gesehen eine Horrorshow. Holzbalken hängen an einzelnen Nägeln, Gipskartondecken und Leimfugen sind völlig durchnässt. Auf einigen Fotos, die Isstas präsentiert, steht nur "System?". Der Gutachter erklärt: "Wir haben keine Ahnung, was der damals Verantwortliche sich dabei gedacht hat."

"Damals" - damit meint Isstas die Bauphase der meisten Trierer Sporthallen. Doch auch in den 70ern galten Normen und Regeln, auch in den 70ern gab es Architekten, Bauleiter und die Abnahme der Leistungen von Handwerksfirmen. Bürgermeisterin Angelika Birk, die zusammen mit Oberbürgermeister Wolfram Leibe den Stadtvorstand repräsentiert, versucht eine Erklärung. "Man steht in einer neuen Halle, blickt nach oben und sieht eine scheinbar fertige und stabile Decke." Kurze Pause. "Um die eingehängten Zwischendecken näher untersuchen zu können, hätte man sie öffnen und damit beschädigen müssen. Aber dazu hatte man keinen Anlass, denn es gab kein Misstrauen."

Das Misstrauen begann erst 2014. Erst eine Wartung der Trennvorhänge lenkte die Aufmerksamkeit auf die Zwischendecken (der TV berichtete). Beginnend mit der Mäusheckerhalle ließ die Stadt alle ihre Sport- und Turnhallen untersuchen. Das Ergebnis: Zwölf der 34 Hallen sind entweder komplett gesperrt oder nur eingeschränkt nutzbar, denn Ballsport ist verboten.

"Es geht uns jetzt darum, schnell und konsequent zu reagieren", sagtWolfram Leibe. "Wir wollen so schnell wie möglich handlungsfähig sein." Der Schul- und Vereinssport in Trier leidet enorm unter den Schließungen und Einschränkungen, die Aufrechterhaltung des Trainings- und Wettkampfbetriebs ist eine tägliche Herausforderung.
In den Betriebssportanlagen Trier-West und Feyen will die Stadtverwaltung die problematischen Zwischendecken komplett entfernen und die Sportstätten danach wieder öffnen. Bis Ende Juni soll das geschehen sein, die Kosten liegen pro Halle bei 35?000 Euro. Auch die Halle der Grundschule Barbara soll auf diese Weise wieder zur sicheren Sportstätte werden. Hier liegt der Termin am Ende der Sommerferien und damit Anfang September.

Und der Rest? Alle gesperrten oder nur eingeschränkt nutzbaren Hallen werden von mehreren Büros im Auftrag der Stadtverwaltung untersucht. Hier gibt es noch keinen Zeitplan. Der Sport in Trier bleibt demnach auch in den kommenden Monaten eine tägliche Herausforderung.

Meinung
Risiken im öffentlichen Raum

Die Misere der Trierer Sporthallen kreist um eine zentrale Frage, die niemand konsequent beantworten kann oder will. Warum ist der Zustand der eingehängten Zwischendecken, den Gutachter heute als fahrlässig, riskant und möglicherweise lebensgefährlich entlarven, über Jahrzehnte hinweg niemandem aufgefallen? Die Stadt Trier ist als Trägerin der Hallen verantwortlich für deren Sicherheit. Es war offenbar nichts anderes als pures Glück, dass es nie zu einem Unfall kam.

Es gab keinen Grund zum Misstrauen, sagt Bürgermeisterin Angelika Birk. Es gab 2012 auch keinen Grund, daran zu glauben, dass ein Baum im Rautenstrauchpark einfach umfallen kann. Das Unterschätzen oder Ignorieren möglicher Gefahren im öffentlichen Raum ist keine bewusste Handlung der Verantwortlichen, sondern eine Konsequenz alltäglicher Routine. Deckenkontrollen hatte niemand auf dem Schirm. Es gab auch so immer genug zu tun.
j.pistorius@volksfreund.de
Extra Sporthallen in Trier

 PK zur Bestandaufnahme der Schaeden an den Trierer Sporthallen und Vor -Ort -Besichtigung der Deckenkonstuktion der Sporthalle des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums. In die Betondecke geschossene Naegel. TV-Foto: Friedemann Vetter

PK zur Bestandaufnahme der Schaeden an den Trierer Sporthallen und Vor -Ort -Besichtigung der Deckenkonstuktion der Sporthalle des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums. In die Betondecke geschossene Naegel. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter


Diese Hallen sind gesperrt: Mäusheckerweg, Bezirkssportanlage West, Bezirkssportanlage Feyen, Grundschule Barbara (alle wegen Sicherheitsmängeln wegen der abgehängten Decken), Grüneberg (wegen Schimmel).
In diesen Hallen hat die Stadtverwaltung Ballsport verboten: Grundschule Ehrang, Grundschule Mariahof, Grundschule Ruwer, Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, Humboldt-Gymnasium, Unter Gerst und Medard.
So geht es weiter: Die Bezirkssportanlagen West und Feyen sollen bis Ende Juni wieder geöffnet werden. Die Grundschule Barbara soll bis zum Ende der Sommerferien folgen. In allen drei Hallen werden die Zwischendecken entfernt. jp

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