Abschied vom „Hans Kann in allen Gassen“: Historiker, Autor und dienstältester Stadtführer Triers überraschend im Alter von 72 Jahren gestorben

Trier-Euren · So unvermittelt und unerwartet man ihm in Trier begegnen konnte, so ist er auch gegangen: Völlig überraschend ist Hans-Joachim Kann im Alter von 72 Jahren gestorben – ein in vielfacher Hinsicht immenser Verlust.

 Faible für Triers Geschichte: Hans-Joachim Kann in seinem Haus in Trier-Euren. TV-Foto: Archiv/Cordula Fischer

Faible für Triers Geschichte: Hans-Joachim Kann in seinem Haus in Trier-Euren. TV-Foto: Archiv/Cordula Fischer

 Mein Zuhause, Hans-Joachim Kann auf Franzens Knueppchen auf dem Petrisberg TV-Foto: Friedemann Vetter

Mein Zuhause, Hans-Joachim Kann auf Franzens Knueppchen auf dem Petrisberg TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: (ClickMe)

Für die einen war er der "Typ in der Toga", für andere der coole Pauker und für Wissenschaftler der unverzichtbare "Dr. Kann". Wobei der Name durchaus Programm war. Was andere nicht können oder sich nicht trauen: Kann kann! Zum Beispiel stilecht römisch gewandet - in Toga und Sandalen - Stadtführungen zu leiten. Das könnte leicht peinlich wirken, erst recht, wenn man in diesem "Arbeitsanzug" Stadtbus fuhr. Nicht bei Hans-Joachim Kann. Ein Baum von Kerl, durch und durch würdevoll in seiner Erscheinung und klug und gelehrt in allem, was er sagte - das hätte auch in der Antike Eindruck gemacht.

Als Lehrer war der gebürtige Neuwieder 1969 nach Trier gekommen, unterrichtete Deutsch und Englisch am Max-Planck-Gymnasium (MPG) und fand schnell seine Passion: die Geschichte seiner Wahlheimat und ihre Hinterlassenschaften. Kaum Trierer, war er schon Stadtführer und blieb es bis zuletzt, wobei die Togaführungen nur eine Facette seiner vielfältigen Einsetzbarkeit waren. Nach seinem Abschied vom Schuldienst 2007 hatte Kann mehr Zeit, um seinen Leidenschaften zu frönen. Spätestens seitdem war der Toga-Typ ein Stück Stadtbild.

Leerlauf kannte Kann nicht. Ständig war er unterwegs, durchstreifte Stadt und Land, machte manche archäologische Entdeckung. Oder er widmete sich der Literatur. 20000 Buchseiten pro Jahr waren Minimum für den Mann, der von sich zu sagen pflege, er "lese wie ein Wahnsinniger". Er schrieb auch viel. Rund 50 Buchveröffentlichungen, darunter Stadtführer, Romane und Sachbücher, gehen auf sein Konto, dazu ungezählte Artikel in Jahrbüchern oder Zeitschriften.

Bernhard Simon (59), Leiter des Trierer Stadtarchivs und früherer MPG-Schüler, kannte Kann seit dessen Anfängen in Trier. Er charakterisiert ihn als "nicht nur fachlich hervorragend, sondern auch stets hilfsbereit und uneigennützig. Er behielt sein Wissen nicht für sich, er teilte es gerne und freute sich, wenn er Trier und der Wissenschaft - wieder mal - einen Dienst erweisen konnte."

Stadtführer, Wissenschaftler, Autor, Ratgeber und auch - oft in Zusammenarbeit mit seiner Frau Frankie, die er beim Studium in den USA kennengelernt hatte - gefragter Übersetzer ins Englische oder umgekehrt. Kann hatte auch einen feinen Sinn für Humor. Was nicht ausschloss, dass er auch laut losprusten konnte vor Lachen. Zum Beispiel, als ihn jemand einmal als "Hans Kann in allen Gassen" bezeichnete.

Sein unerfüllter Herzenswunsch war es, das Geheimnis des Franzensknüppchens zu erfahren. Der Hügel auf dem Petrisberg - eine römisches Monumentalgrab? Und wenn ja: Wer wurde darin bestattet?
Am vergangenen Donnerstag ist Kann gestorben, völlig überraschend. Er wird vielen fehlen.

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