Aufsichtsbehörde verordnet Stadt Rotstift

Nach der gescheiterten Verabschiedung des Haushalts 2011 geht es in Trier um die Frage, wie ein Etat aussehen könnte, der auf eine Genehmigung durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) rechnen kann. Die ADD hatte noch im alten Jahr den Nachtragshaushalt 2010 massiv kritisiert und mit Auflagen versehen.

 Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD hat die Stadt Trier dazu aufgefordert, konsequenter bei den freiwilligen Ausgaben zu sparen. Fotos: dpa/Roland Morgen

Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD hat die Stadt Trier dazu aufgefordert, konsequenter bei den freiwilligen Ausgaben zu sparen. Fotos: dpa/Roland Morgen

Trier. Schon am 25. November hatten die Kommunal-Aufseher der Stadt einen Bescheid geschickt, der den Nachtragshaushalt zwar passieren ließ, aber mit dem deutlichen Hinweis, dass er im Grunde nicht genehmigungsfähig sei. Kritikpunkte: Zu wenig Einsparungen im freiwilligen Bereich, kaum "nachhaltige Haushaltskonsolidierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen", keine konsequente Fortschreibung der ADD-Auflagen für die Planungsdaten der drei nächsten Haushaltsjahre. Eine Haushaltsverbesserung habe man keineswegs in erster Linie durch Sparmaßnahmen erzielt, sondern durch eine günstigere Steuerschätzung. Deshalb sperre die ADD weiterhin 1,5 Millionen Euro freiwilliger Ausgaben.

Das 21-Seiten-Papier wurde am 25. November an die Stadt geschickt. Die Öffentlichkeit erhielt davon am 14. Dezember via Rathaus-Zeitung Kenntnis - freilich nur mit der Information, der Haushalt sei genehmigt, ohne ein Wort zur Kritik und zu den Auflagen. Die Fraktionen hätten den Wortlaut der ADD-Stellungnahme erst am 16. Dezember erhalten, sagt CDU-Chefhaushälter Jürgen Plunien - exakt am Tag der Haushaltssitzung. Da sei keine Zeit mehr gewesen, das Thema in die Beratungen einzubringen. "Man hätte uns früher informieren können", kritisiert Plunien. "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt", ergänzt sein Fraktionsvorsitzender Bertrand Adams.

OB Klaus Jensen sieht dagegen "nicht den geringsten Anlass" für den Verdacht, man habe das brisante Papier zurückgehalten. Die Verwaltung habe den ADD-Bescheid geprüft, ein Antwortschreiben entworfen und beides zusammen dann den Fraktionen zur Kenntnis gegeben. "Wir wollten das nicht unkommentiert weiterschicken", erklärt der Oberbürgermeister die Zeitspanne.

Aber Jensen macht auch keinen Hehl daraus, dass er sich über die Stellungnahme der Kommunalaufsicht geärgert hat. In einem Schreiben an die ADD zweifelt er nicht nur die Rechtmäßigkeit der Auflage an, er hält der Behörde auch eine "Verschlimmbesserung" der Situation durch ihre Vorgaben vor. Andere Kritikpunkte seien "nicht nachvollziehbar". Jensen zum TV: Er brauche die ADD nicht, "um zu wissen, dass ich sparen muss".

Die Sparvorgaben der ADD habe die Stadt im Wesentlichen erfüllt und so etwa die nicht einkalkulierten 800 000 Euro für die Kita-Sanierung Trimmelter Hof aufgefangen. Zudem habe er selbst die 1,5-Millionen-Euro-Ausgabensperre im Haushalt 2010 bis zum Jahresende verlängert. Die Stadt werde sie einhalten. Kein Stadtvorstandsmitglied habe um eine Ausnahmeregelung gebeten. Jensen verweist darauf, dass die große "Phase zwei der langfristigen Sparmaßnahmen" für den Haushalt 2012 vorbereitet werde.

CDU fühlt sich in ihrer Haltung bestätigt



Mit dem Verweis auf das nächste Jahr will sich die CDU allerdings nicht begnügen. Die Christdemokraten fühlen sich durch die ADD laut Fraktionschef Adams "in unserer Haltung zum Haushalt 2011 bestätigt". Die CDU vermutet, der Etat, den sie abgelehnt hat, "wäre sowieso nicht genehmigungsfähig gewesen".

Eine Auffassung, der OB Jensen heftig widerspricht. Er signalisiert zwar Zustimmung zu einigen von der CDU geforderten Rahmenbedingungen (der TV berichtete), steht aber nach wie vor hinter dem abgelehnten Haushalt. Eine Änderung der Vorlage für die Beratung am 2. Februar ist aus seiner Sicht nicht nötig. Kommentar von Bertrand Adams, dessen CDU-Fraktion für eine Mehrheit möglicherweise gebraucht wird: "Das werden wir dann noch sehen."

Meinung

Wie wäre es mit "Trier 21"?

Es wird ein diplomatisches Kunststück, eine Mehrheit für den Haushalt 2011 zu finden. CDU und FWG haben das Zahlenwerk fundamental kritisiert - sie würden sich lächerlich machen, wenn sie das gleiche Papier, mit einigen Fußnoten zur Verfahrensweise versehen, sechs Wochen später verabschieden. OB Jensen und die Überbleibsel der Ampel wollen ihren Haushalt nicht ändern, müssen aber der Opposition die Chance geben, das Gesicht zu wahren, wenn sie eine sichere Mehrheit anstreben. Das ist das eine Polit-Spielchen. Das andere ist das Schwarze-Peter-Geschiebe zwischen ADD und Stadtverwaltung. Seit Jahren schimpft der Papiertiger ADD über das Haushalts-Gebaren, wie Teenager-Eltern, die ihren Kindern Vorträge über eine vernünftige Lebensweise halten - wohlwissend, dass die Kids sagen: Lass die Alten mal schwätzen. All das wird ein Ende haben, wenn es um den Entschuldungsfonds geht. Wenn die Stadt unter den Schutzschirm des Landes will, wird in realer Münze gezahlt. Aber es gibt wenigstens einen Schuldigen, auf den man zeigen kann, wenn die Kommunalpolitiker den Bürgern die Konsequenzen der Entschuldung offenbaren müssen. Das Erwachen wird weniger böse, wenn man jetzt schon damit anfängt. Zum Beispiel mit einer öffentlichen Anhörung Marke Stuttgart 21. Ein Faktencheck, wofür die Stadt ihr Geld ausgibt, was davon flexibel ist, wo man sparen könnte. Offene, zielorientiert moderierte Foren von Bürgern und Politikern, die versuchen, Prioritäten zu erarbeiten. Die den Moloch Haushalt transparent machen. Mit dem Ziel, die unvermeidlichen Einsparungen so sozialverträglich, sachgerecht und zukunftsfähig wie möglich zu gestalten. Da könnte Trier doch mal bundesweit den Vorreiter machen. d.lintz@volksfreund.de

ExtraNachtragshaushalt: Jede Kommune muss ihre Finanzen mit einem ordentlichen Haushaltsplan regeln, der Einnahmen und Ausgaben möglichst exakt festlegt. Er wird meist für ein Jahr, manchmal aber auch für zwei Jahre im Voraus beschlossen. Oft ergeben sich aber im Laufe der Zeit Veränderungen. Die Einnahmen entwickeln sich anders als kalkuliert, es kommen unerwartete Ausgaben hinzu. Wenn diese Entwicklung größere Formen annimmt und der ursprüngliche Haushalt in wichtigen Punkten nicht eingehalten werden kann, muss die Kommune reagieren. Damit die Transparenz gewahrt bleibt und die rechtlichen Kriterien einer ordentlichen Haushaltswirtschaft nicht verletzt werden, verabschiedet der Rat dann - meist im Herbst - einen Nachtragshaushalt. Er muss ebenso wie der "normale" Haushalt von der Kommunalaufsicht bei der ADD genehmigt werden. (DiL)

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