Wirtschaft Bilanz der Volksbank Trier: Marx oder Raiffeisen?

Trier · Bei der Vertreterversammlung der Volksbank Trier geht es um zwei große Männer, die ähnliche Ziele verfolgten. Mitglieder können sich trotz Zeiten niedriger Zinsen über eine solide Dividende freuen.

 Wer Mitglied der Volksbank Trier ist, bekommt dieses Jahr erneut vier Prozent Dividende.

Wer Mitglied der Volksbank Trier ist, bekommt dieses Jahr erneut vier Prozent Dividende.

Foto: Friedemann Vetter

Zwei Männer kämpfen gewissermaßen posthum um Aufmerksamkeit. Sie sind beide vor 200 Jahren geboren und beide veränderten die Welt mit ihren Ideen: Karl Marx und Friedrich Wilhelm Raiffeisen.

Drei Gäste der Vertreterversammlung der Volksbank Trier sollen den Abend nach der nüchternen Verlesung von Zahlen zu einer gelungenen Veranstaltung verhelfen: Theresia Theurl (Expertin für Genossenschaftswesen), Christian Jansen (Historiker) und Paul-Josef Raue (Journalist) sind gekommen, um den Zuhörern in einer kurzen Podiumsdiskussion zwei sozial­ethische Vordenker näher zu bringen.

Der Grund: Der Gründervater der Genossenschaften (und somit auch der Volksbank) ist kein geringerer als Friedrich Wilhelm Raiffeisen. „Leider wissen das nur vier Prozent“, sagt Raue. „Das heißt, wir haben in der Gesellschaft kaum ein Bild von ihm.“ Damit wolle er aufräumen. Im September wird ein Buch erscheinen, das sich mit dem Leben Raiffeisens auseinandersetzt.

Während im Hungerwinter 1846/47 Karl Marx und Friedrich Engels das „Kommunistische Manifest“ verfassten, entwickelte Raiffeisen die Idee der Genossenschaft mit der Auffassung: „Wenn es vielen Einzelnen schlecht geht und wenn sie keine Perspektive haben, dann wird das über kurz oder lang die Gesellschaft zerstören.“

Das führt Theresia Theurl vor den Gästen aus. Raiffeisens Idee ist nach wie vor erfolgreich. Allein in Deutschland sind 22 Millionen Menschen in Genossenschaften organisiert. Weltweit sind es etwa 800 Millionen.

Raiffeisens berühmtestes Zitat: „Was einer nicht schafft, das schaffen viele.“ Karl Marx hatte ähnliche Ansichten. Nur habe er die Menschen eher in politischen Parteien oder Gesellschaften unterbringen wollen, sagte Jansen. Die Unterschiede der Sozialreformer sind eindeutig: Raiffeisen hat mittelständische Unternehmen geschaffen, Marx wollte den Untergang des Kapitalismus. Den Kommunismus den Marx forderte, verstand Raiffeisen als „Verführung“, für den Menschen nicht anfällig wären, wenn es ihnen nur besser ginge. Raiffeisen habe immer für ein verständnisvolles Miteinander geworben, nicht für einen Klassenkampf.

So eindeutig wie die Unterschiede sind, so uneindeutig sind die Meinungen zu der Frage: „Marx oder Raiffeisen – wer war der bessere Genosse?“ Sie bietet Stoff zum Nachdenken, aber keinen allgemeingültigen Lösungsvorschlag.

Die beiden Jubilare sind nicht die Einzigen, die an diesem Abend besonders geehrt werden. Für ihren 25-jährigen Jahrestag als ehrenamtliche Aufsichtsratsmitglieder bekommen Robert Reis, Wolfgang Schäfer und Norbert Feder gedankt und eine Silbernadel an das Revers geheftet.

Letzterer durfte auch die frohe Kunde des Prüfungsberichtes überbringen: Die Zahlen stimmen, die Methoden und Strukturen ebenso. Das interne Kontrollsystem funktioniert. Der Vorstand scheint einen guten Job gemacht zu haben.

Was zu beschließen war, wurde einstimmig abgesegnet: die Entlastung des Vorstands, die Entlastung des Aufsichtsrates, eine Satzungsänderung, die Abstimmung zur Verwendung des Jahresüberschusses. „Ich habe ja auch keinen Gegenvorschlag“, heißt es von Christel Leiendecker, einer Vertreterin, bei letzterer Abstimmung scherzhaft von der Seite.

Der Überschuss in Höhe von 1,68 Millionen Euro wird zur Zahlung einer Dividende von vier Prozent pro Anteil und zur Stärkung der Rücklagen verwendet. „Mit der Stärkung des Eigenkapitals können wir letztendlich auch mehr Kredite vergeben, die unsere regionale Wirtschaft stärken“, sagt Norbert Friedrich, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Trier im Gespräch mit dem TV.

Kredite bilden das Kerngeschäft der Volksbank. Die Summe der Kreditvergaben beträgt 1,2 Milliarden Euro. 370 Millionen Euro sind davon im Geschäftsjahr 2017 generiert worden. Die kämen hauptsächlich Privatleuten und Mittelständlern zugute. Von den 370 Millionen Euro entfielen 202 Millionen Euro auf Firmenkredite. Baufinanzierungen wurden mit 152 Millionen Euro gefördert und der Konsum hat 16 Millionen Euro verschlungen. „Wir haben quasi jeden Arbeitstag ein Haus verkauft“, verkündet Friedrich stolz. Insgesamt ist die Bilanzsumme um 5,1 Prozent auf 1,48 Milliarden Euro gestiegen. „Die Zahlen sehen doch ganz gut aus“, sagt Leiendecker als persönliches Fazit.

Noch mehr Zahlen: 284 Mitarbeiter aus der Region wurden mit 9,3 Millionen Euro entlohnt, die ihrerseits 3,2 Millionen Euro an Steuern weitergaben. Die Bank selbst zahlte knapp 4 Millionen Euro an Steuern. Insgesamt vertrauen etwa 75 000 Kunden auf die Finanzdienstleistungen der Volksbank Trier.

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