Blitzer bringen Trier fast zwei Millionen Euro

Trier · Vor einem Jahr begann die Stadt Trier, das Tempo auf ihren Straßen selbst zu kontrollieren. Die Mitarbeiter des Ordnungsamts stellten mehr als 81 000 Verstöße fest und verhängten Bußgelder in Höhe von fast zwei Millionen Euro. Doch OB Wolfram Leibe will daraus keine wachsende Einnahmequelle machen und hat die Regulierung sogar gebremst.

 Ein Mitarbeiter des Ordnungsamts stellt die Radaranlage wie vorgeschrieben ein, damit die Geschwindigkeit korrekt gemessen wird. TV-Foto/Archiv: Friedemann Vetter

Ein Mitarbeiter des Ordnungsamts stellt die Radaranlage wie vorgeschrieben ein, damit die Geschwindigkeit korrekt gemessen wird. TV-Foto/Archiv: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann vetter (Ve._), Friedemann Vetter ("TV-Upload vetter"

Trier. Die große Masse der ertappten Temposünder besteht nicht aus gewissenlosen Rasern, das verrät die Bilanz des Jahres 2016 klar. Mit 15 oder manchmal auch 35 Euro wegen leichter Verstöße sind die meisten dabei. Das Aufleuchten der Blitzer setzt aber auch bei geringen Summen Emotionen frei, viele rufen laut "Abzocke!" Diese Rufe erreichten auch die Chefetage des Rathauses - und sie hatten Konsequenzen.

Die Kontrolleure: In 2115 Messstunden, darunter viele Nacht- und Wochenendschichten, haben die Mitarbeiter der kommunalen Geschwindigkeitsüberwachung (KGÜ) in allen Trierer Stadtteilen 823 000 Fahrzeuge erfasst. Damit hat die Stadt mehr geblitzt als vorher die Polizei. "Die Intensität konnte deutlich erhöht werden", bestätigt Sachgebietsleiter Elmar Geimer. Das Ergebnis: 81 300 Verstöße wurden im Jahr 2016 protokolliert und 1,98 Millionen Euro an Verwarnungs- und Bußgeldern verhängt.

Die Raser
: Nur ein Bruchteil der Ertappten - 4100 Fahrer - war mehr als 20 Stundenkilometer zu schnell.
Die Folge: ein Bußgeld von mindestens 80 Euro und ein Punkt im Fahreignungsregister des Kraftfahrtbundesamts in Flensburg. 570 Fahrer waren mehr als 30 Sachen schneller als erlaubt.
Für sie bedeutet der Brief des Ordnungsamts ein Bußgeld von 160 Euro und ein Fahrverbot.

Die Strafen: Rund 50 000 der Ertappten waren bis zu 10 Stundenkilometer zu schnell, sie zahlen ein Verwarnungsgeld von 15 Euro. Bei rund 20 000 Fahrern waren es schon 15 Sachen, sie sind mit 25 Euro dabei.
7500 Fahrer waren bis zu 20 Kilometer pro Stunde schneller als erlaubt, für sie sind es 35 Euro. Dazu kommen noch 310 Autofahrer, die mit dem Handy am Ohr fotografiert wurden - das ergibt 60 Euro und einen Punkt.

Der Rekord: Spitzenreiter aller Geblitzten war ein Fahrer, der mit 127 Stundenkilometern auf der Zurmaiener Straße - dort gilt Tempo 50 - unterwegs war.
Die Folgen: In einzelnen Straßen habe sich die Situation infolge der Kontrollen spürbar verbessert, erklärt Elmar Geimer. "Zum Beispiel am Schulzentrum Mäusheckerweg oder am Pfahlweiher, wo die Überwachungsteams wegen der beiden Kindertagesstätten und aufgrund des Rufs der Straße als beliebter Schleichweg besonders häufig präsent waren."

Die Einnahmen: Mit fast zwei Millionen Euro haben die verhängten Verwarnungs- und Bußgelder jede Prognose übertroffen. 540 000 Euro nutzte die Stadt zum Ausgleich des Defizits am Theater (der TV berichtete). Der Rest fließt in den Haushalt.

Der Vorwurf: Viele sprechen von Abzocke: Die Stadt blitze an Stellen, die keine Gefahrenschwerpunkte sind und zum Schnellfahren verleiten - Beispiele sind die Uferstraßen, besonders das Zurmaiener Ufer kurz vor der Autobahn.
Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) reagiert. "Kontrollen 100 Meter hinter dem Ortseingangsschild wird es nicht mehr geben. Da hat der OB ein Gespräch geführt." Generell will Triers Verwaltungschef die Kontrollen nicht erweitern. Seine Botschaft: "Ich will nicht noch mehr kontrollieren. Haltet die Regeln ein!"Meinung

Es ist immer noch keine Abzocke
Blitzen ist Abzocke - dieser Vorwurf wird jetzt wieder heiß diskutiert werden. Doch er war immer falsch und ist es auch angesichts von fast zwei Millionen Euro immer noch. Fakt ist: Die Stadt Trier darf auf ihren Straßen blitzen. Zu jeder Zeit, an jedem Ort. Wer innerhalb der Stadtgrenzen zu schnell fährt, geht deshalb aus eigenem freien Willen das Risiko ein, dabei ertappt zu werden. Zu jeder Zeit, an jedem Ort. Die Forderung, das Ordnungsamt dürfe nur vor Schulen und Kindergärten blitzen, ist völliger Unsinn. Jedes Fahrzeug kann jederzeit zu einer Gefahr werden - durch technische Fehler, durch Wetterverhältnisse, aber eben auch durch Unachtsamkeit und Selbstüberschätzung des Fahrers, der glaubt, er habe die Lage auch bei zu hohem Tempo immer unter Kontrolle. Wenn jemand finster entschlossen am Abzocke-Vorwurf festhalten will, kann er sich sehr einfach schützen - indem er sich an die Tempolimits hält. j.pistorius@volksfreund.de

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