Bomben lehren Grauen

Am 12. September 1944 mussten wir unsere Heimat verlassen. Die Alliierten standen auf der anderen Seite der Sauer. Wir fuhren mit unserem Pferdewagen, beladen mit den wichtigsten Sachen, von Godendorf nach Ittel, wo wir von der Familie Theisen aufgenommen wurden. In der Adventszeit verstärkten sich die Angriffe der alliierten Bomber und Jabos (Jagdflugzeuge) immer mehr. Sie schossen mit ihren Bordwaffen auf den einzelnen Mann. Weihnachten 1944 war ich im Gottesdienst in der Kirche in Ittel. Am Ende der Messe vernahm ich furchtbare Detonationen. Als ich aus der Kirche kam, hingen über Welschbillig große Rauchwolken.Tot und verstümmelt


Mittags gingen mein Vater und ich nach Welschbillig, um festzustellen, ob auch Leute von Godendorf unter den Opfern seien. Zwei Frauen waren gerade zu Hause angekommen, als sie von den Bomben überrascht wurden. Sie wurden tot und verstümmelt aus den Trümmern des Hauses geborgen. Die Schwiegereltern von Margarete Trierweiler und ihr Sohn Klaus konnten lebend aus den Trümmern geborgen werden. Hinter eine Gartenmauer hatte man die Leichen gelegt, bis der Leichenbestatter sie einsargen würde. Diesen grausamen Anblick der verstümmelten Toten hatte ich wochenlang, sogar manchmal heute noch vor Augen. Ich dachte dabei: Wer wird morgen dran sein. Jakob Horn ist bei der Explosion einer Bombe über ein Haus geflogen und war tot. Weihnachten 1944 werde ich in meinem Leben nicht vergessen, besonders das Bild des Grauens nicht. Man kann nur hoffen und beten, dass sich so etwas nie wiederholt.

Matthias May Ralingen-Godendorf Landwirt/Rentner, 73 Jahre

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