Bürgerservice Trier bewältigt Existenzkrise

Trier · Der Fortbestand des Bürgerservice Trier ist gesichert, das Insolvenzverfahren wird in Kürze aufgehoben. Diese Kernbotschaft haben die Verantwortlichen am Donnerstag mit großer Einigkeit und Erleichterung bekanntgegeben. Die Gläubiger haben dem Insolvenzplan zugestimmt. Alle 270 Arbeitsplätze bleiben erhalten.

 Christian Bungert, Tobias Perzborn und Dennis Müller (von links) bauen in der Schreinerei der Erprobungs- und Qualifizierungswerkstatt unterm Dach des Bürgerservice Trier einen Lebensturm mit Bruthilfen und Nahrungsmitteln für Insekten. Nach dem abgeschlossenen Insolvenzverfahren kann der Bürgerservice seine Zukunft planen.

Christian Bungert, Tobias Perzborn und Dennis Müller (von links) bauen in der Schreinerei der Erprobungs- und Qualifizierungswerkstatt unterm Dach des Bürgerservice Trier einen Lebensturm mit Bruthilfen und Nahrungsmitteln für Insekten. Nach dem abgeschlossenen Insolvenzverfahren kann der Bürgerservice seine Zukunft planen.

Foto: Marcus Hormes

Die Stimmung ist gelöst bei der Pressekonferenz im Sitzungssaal des Bürgerservice (Büs) in der Monaiser Straße. "Wir sind froh, dass wir es geschafft haben, das Unternehmen in nur sieben Monaten zu sanieren", sagt die Trierer Rechtsanwältin und Insolvenzgeneralbevollmächtigte Christiane Frosch.

Die Ausgangslage: Vollständig lautet der Name Bürgerservice gemeinnützige Gesellschaft zur Integration Arbeitsloser Trier (siehe Extra). Das Unternehmen schrieb zwar im laufenden Betrieb schwarze Zahlen, litt aber chronisch unter finanziellen Altlasten, dünner Eigenkapitaldecke und geänderten Förderbestimmungen. Weil die Stadt Trier als Gesellschafter nicht weitere Millionen zuschießen wollte, sollte eine Insolvenz in Eigenverwaltung die Lösung bringen.

Die Gläubiger: Laut Insolvenzplan bekommen die Gläubiger eine feste Quote von knapp fünf Prozent ihrer Forderungen - eine für solche Verfahren übliche Größenordnung. Professor Thomas B. Schmidt, gerichtlich bestellter Sachwalter, nannte auf Nachfrage als Beispiele für Gläubiger Lieferanten, Finanz- und Arbeitsverwaltung sowie Sozialversicherungsträger. Ihre Zustimmung bei der Gläubigerversammlung am Mittwoch war einstimmig.

Die Stadt: Der Büs verkauft sein drei Hektar großes Grundstück mit mehreren Hallen und Bürogebäuden zum aktuellen Verkehrswert an die Stadt Trier. Der genaue Preis ist geheim, ebenso die ursprüngliche Höhe der Schulden. Nach TV-Informationen ermittelte der Gutachter für die Immobilie einen Wert von vier Millionen Euro. Beim Kauf werden zwei Millionen Euro verrechnet, die die Stadt Trier dem Büs 2014 zugeschossen hatte. Zusätzlich muss die Stadt ihre bisherigen Bürgschaften für den Büs in nicht genau bezifferter Millionenhöhe aufwenden. Das Geld ist dann also weg - dafür besitzt die Stadt nun die Immobilie. Sie schließt mit dem Büs einen Erbpachtvertrag über 40 Jahre. Bürgermeisterin Angelika Birk: "Unser Ziel für die nächsten acht Jahre ist, die Zuschüsse an den Büs auf maximal 250.000 Euro pro Jahr zu begrenzen."

Die Umstrukturierung: Der Geschäftsbereich Fotovoltaik wurde verkauft. Hinter der neuen Gesellschaft stehen die Firma Wircon aus Baden-Württemberg und der deutsch-luxemburgische Energieversorger Enovos, mit denen der Büs bisher zusammenarbeitete. Der bisherige Büs-Geschäftsführer Horst Schneider wechselt als Geschäftsführer wie acht weitere Mitarbeiter zur neuen Gesellschaft. Sein Nachfolger an der Spitze des Büs ist der bisherige Prokurist Gregor Schäfer.

Die Mitarbeiter: Die 270 Arbeitsplätze bleiben erhalten. Betriebsratsvorsitzender Gerhard Fuchs: "Beim Schlagwort Insolvenz war das Entsetzen groß. Aber jetzt ist alles sehr erfolgreich zu Ende gegangen. Wir werden demnächst in Tarifverhandlungen einsteigen." Optimistisch äußert sich auch Karl-Heinz Ney, Vorsitzender des Vereins Tina als Büs-Gesellschafter: "Die Insolvenz war der einzige Weg, das Unternehmen auf sichere Füße zu stellen. Wir sind überzeugt, dass der Büs auf dieser Basis gedeihlich arbeiten kann."

EXTRA Bürgerservice

Der Bürgerservice wird zu 51 Prozent vom Verein Trierer Initiative für Arbeitslose (Tina) getragen, zu 49 Prozent von der Stadt Trier. Gesellschaftszweck ist die Beschäftigung, Qualifizierung und Betreuung von Menschen, die dem regulären Arbeitsmarkt sonst nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Der Geschäftsbereich der Arbeitsmarkt-Dienstleistungen umfasst Schulungen und Berufsvorbereitungen, Ausbildungs- und Teilhabeprojekte für Schwerbehinderte, Qualifizierungsangebote für Langzeitarbeitslose sowie Integrations- und Sprachkurse.
Im Geschäftsbereich Handwerk und Dienstleistungen beschäftigt der Büs überwiegend Schwerbehinderte, ehemalige Langzeitarbeitslose und sonstige Menschen mit Vermittlungshemmnissen, die zusammen mit Fachkräften arbeiten.
Der Büs beschäftigt 270 Mitarbeiter am Standort Monaiser Straße, in der Fahrradstation am Hauptbahnhof Trier und in der Wertstoffsortierung im Trierer Hafen.

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