Das gleiche Stück und doch immer anders

Neun Regisseure maßen sich im Rahmen des Internationalen Festivals für Theaterregie in der Tufa mit Kurz-Inszenierungen der griechischen Tragödie "Die Bakchen" von Euripides und faszinierten das Publikum mit ganz unterschiedlichen Ansätzen. Sieger des Wettbewerbs wurde nach Jury-Entscheid Wolf Rahlfs aus Bruchsal.

 Elke Reiter und Michael Gubenko spielten beim Internationalen Festival für Theaterregie in der Tufa Trier Bettina Stiller-Weishaupts Interpretation der Bakchen von Euripides. TV-Foto: Anke Emmerling

Elke Reiter und Michael Gubenko spielten beim Internationalen Festival für Theaterregie in der Tufa Trier Bettina Stiller-Weishaupts Interpretation der Bakchen von Euripides. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Welche Bandbreite an Interpretationen ein und dasselbe Theaterstück zulassen kann, vermittelte ein erstmals in Trier ausgetragener Vorentscheid des Internationalen Festivals für Theaterregie.

Neun von ursprünglich zwölf gemeldeten Regisseuren zeigten an zwei Abenden in der Tufa Trier je 18-minütige Inszenierungen der Schluss-Szene von Euripides "Die Bakchen".

Anhängerinnen des Bacchus reißen Pentheus in Stücke



Ein Boten-Bericht fördert die wahre Dimension einer Tragödie zutage: Im Wahn haben die "Bakchen", Anhängerinnen des Halbgottes Bacchus, in einer von ihm eingefädelten Rache gegen Theben dessen Herrscher Pentheus in Stücke gerissen. Allen voran seine eigene Mutter Agaue, die ihn in Verblendung nicht erkannt hat. Diese Zusammenhänge erschließen sich den Zuschauern zwar erst im Nebeneinander der Einzelproduktionen. Spannender ist aber ohnehin, wie unterschiedlich die jungen Regisseure mit dem für alle gleichen Ausgangstext und unter gleichen technischen Rahmenbedingungen umgehen.

Die aus Welschbillig stammende Bettina Stiller-Weishaupt zum Beispiel schiebt ihn zugunsten von Musik beiseite und konzentriert sich auf Agaues Schmerz. Die Wienerin Pamela Schermann hingegen übersetzt das antike Drama mit Nachrichten-Videos über George Bush oder Le Pen in die moderne Problematik der Manipulation durch Medien.

Alle Regisseure haben Gelegenheit, im Interview mit Moderatorin Julia Barlogh ihre Ansätze zu erläutern. Der Trierer Fachjury aus den Regisseuren Birgit Hoffmann und Roman Schmitz, der Literaturwissenschaftlerin Christine Bähr und dem Komponisten Karl Maihoroff fällt die Entscheidung nicht leicht: "Es waren viele interessante Aufführungen dabei", sagt Birgit Hoffmann. Zwar habe keine den Kern getroffen, es sei allerdings auch ein sehr sperriger Stoff.

Zur gelungensten Regiearbeit küren die Juroren die von Wolf E. Rahlfs aus Bruchsal. Er hat den Botenbericht mit drei Schauspielern und einem Gitarristen als Chor umgesetzt und damit dargestellt, wie eine Gruppe Menschen wahnhaftem Rausch verfällt. "Das perfekte chorische Sprechen ist dem antiken Drama sehr angemessen", begründet Birgit Hoffmann das Urteil der Jury.

Rahlfs bekommt 250 Euro und zieht ins innerdeutsche Finale in Leipzig ein. Auch das Publikum stimmte ab. Sein Preis ging an den Kölner Regisseur Siegfried Bast, der die Grundlage seiner Laufbahn in Trier und Luxemburg mit Studium und Rollenunterricht gelegt hat.

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