Das letzte Stündlein naht

Für die Pauluskirche wird in einigen Jahren das letzte Stündlein schlagen. Die Pfarrgemeinde Trier-Liebfrauen will das 1907 geweihte Gotteshaus "langfristig aufgeben". Bis zur Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 soll sich aber nichts ändern.

 1905/07 nach Plänen von Julius Wirtz und Wilhelm Schmitz erbaut und nun Auslaufmodell: die Pauluskirche. TV-Foto: Roland Morgen

1905/07 nach Plänen von Julius Wirtz und Wilhelm Schmitz erbaut und nun Auslaufmodell: die Pauluskirche. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Gerüchte um eine Schließung der Pauluskirche kursieren seit Jahren. Jetzt erhalten sie ihre Bestätigung. "Bereits jetzt könnte die Pfarrei auf St. Paulus als Gottesdienstraum verzichten. Langfristig werden wir die Kirche aufgeben müssen", heißt es im frisch erschienenen zweiten Pastoralplan der Pfarrgemeinde Trier-Liebfrauen. Beschlossen ist noch nichts, aber Pfarrer Hans Wilhelm Ehlen (66) sagt auf TV-Anfrage klar: "Es kommt der Zeitpunkt, an dem die Pauluskirche unsere eigenen Kräfte überfordert."

Was weniger eine Frage des Unterhalts des denkmalgeschützten Gebäudes, sondern der Struktur und des Aufbaus der 2000 im Zuge der ersten Pfarreienfusion im Bistum entstandenen großen Innenstadtpfarrei Liebfrauen ist. Dort ist St. Paulus neben St. Gangolf, St. Agritius, St. Antonius sowie Liebfrauen und der Dompfarrei schon längere Zeit das fünfte Rad am Wagen. Vor 40 Jahren gab es in der damals noch eigenständigen Pfarrei St. Paulus in der nordwestlichen Altstadt noch 40 Kommunionkinder; diesmal stammte nur eines aus dem Pfarrbezirk. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Katholiken in der Altstadt und im Ostviertel von 17 000 auf 6500.

Dennoch ist das seelsorgerische Angebot (insgesamt zehn Sonntagsmessen in allen Gotteshäusern) relativ üppig. Allerdings braucht das dreiköpfige Stammpersonal Hilfe unter anderem von pensionierten Geistlichen. Die Werktagsmessen in St. Paulus (montags und donnerstags 18 Uhr) finden schon weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Hieronymus-Jaegen-Grab in die Liebfrauenkirche



Die Frage nach Teilnehmerzahlen beantwortet Pastor Ehlen so: "Wir freuen uns über jeden, der kommt."

Während die übrigen Kirchen der Innenstadtpfarrei "für die Zukunft positioniert werden" (z. B. Agritius als Kinder- und Familienkirche; Gangolf als Gebets- und Beichtkirche), gibt es für St. Paulus offenbar nur noch eine einzige Großaufgabe: Wie bereits 1996 dürfte das Gotteshaus am Paulusplatz bei der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 als Stationskirche für Pilgergruppen dienen. Und dann? "Wir wollen im Herbst mit dem Bistum Gespräche aufnehmen und gemeinsam eine verträgliche Lösung suchen", kündigt Ehlen an.

Für das Pfarrheim in der Böhmerstraße wird schon jetzt ein Mieter gesucht. Und für den in der Pauluskirche beigesetzten Hieronymus Jaegen (1841-1919) hat Ehlen bereits einen Plan: "Triers heimlicher Heiliger" (der Seligsprechungsprozess ist seit 1941 im Vatikan anhängig) soll in der Liebfrauen-Basilika "ein würdiges Grab finden, das Gläubige ganztägig besuchen können". In der Pauluskirche ist das nicht der Fall. Sie ist schon jetzt überwiegend geschlossen.

Der fortgeschriebene Pastoralplan der Innenstadt-Pfarrei Trier-Liebfrauen trägt den Titel "In Bewegung nach innen und außen: Ein Segen wirst Du sein". Er beschreibt auf 22 Seiten die Situation und formuliert Ziele und Vorgehensweisen und ist das Arbeitsinstrument bis zum Jahr 2013. Einzelexemplare erhalten Interessierte kostenlos im Pfarrbüro (Liebfrauenstraße 2.)

Meinung

Erst der Anfang

In der Trierer Altstadt liegen die Ursprünge des deutschen Christentums, und knapp 1800 Jahre später gehen von dort wieder Impulse aus, diesmal allerdings einer Rückwärtsbewegung. Der ersten Pfarreienfusion im Bistum Trier, die 2000 aus fünf eigenständigen Innenstadt-Pfarreien eine große Einheit machte, folgt jetzt logischerweise die nächste Zäsur. Mehrere nahe gelegene Gotteshäuser, immer weniger Katholiken und Seelsorger-Mangel machen St. Paulus entbehrlich. Die Kirche könnte nach ihrer Profanierung verkauft und weltlich weitergenutzt werden, möglicherweise ist aber auch eine Verwendung als Grabkirche denkbar. St. Paulus ist die erste katholische Kirche, die im ehemaligen Regierungsbezirk Trier geschlossen werden soll. Aber sie wird - das ist so sicher wie das Amen in der Kirche - auf längere Sicht nicht die einzige sein. r.morgen@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort