Das war 2012 in Trier

Volksfreund.de wirft einen Blick zurück aufs vergangenen Jahr.

Eingestiegen
Der neue Mann fürs Antike in Trier: Marcus Reuter amtiert seit Mitte des Jahres als Chef des Landesmuseums. Der 45-jährige Archäologe kommt aus Xanten an die Mosel, gilt als Spezialist für große Ausstellungen - und damit auch als Garant für die Fortsetzung der Linie seines die Treppe nach Speyer hochgefallenen Vorgängers Eckart Köhne. Der hatte der lebendigen Präsentation seiner Preziosen deutlich mehr Bedeutung beigemessen als der Beschäftigung mit dem Ausgraben toter Materie.

Umgestürzt
Es war jene Art von Unglück, mit dem niemand rechnet: Bei Windstille fiel im November mitten in der Trierer Innenstadt ein großer Kastanienbaum auf eine Straße und erschlug eine 70-jährige Passantin. 17 Menschen mussten wegen Schocks behandelt werden - sie hatten den Absturz des Baums am Rand des Rautenstrauch-Parks nur mit Glück überlebt. Hinterher gab es heftige Diskussionen, ob man den maroden Zustand des Baums hätte erkennen können. Das städtische Grünflächenamt hatte ihn erst wenige Wochen vorher routinemäßig überprüft. In den Folgetagen nach dem Unglück wurden kurzfristig weitere Bäume gefällt. Obwohl die Informationspolitik des Rathauses nicht immer optimal war: Hinweise auf ein Verschulden der Stadt haben sich bislang nicht ergeben. Ein unabhängiger Baum-Experte erklärte im TV-Interview, selbst gravierende innere Schäden eines Baumes seien nicht automatisch äußerlich erkennbar.

Abgeschmackt
Heftig umstritten schon vor der Eröffnung im September war das Flatrate-Bordell im Trierer Norden. Der "Poppstall" lockt mit All-inclusive-Angeboten - nicht nur nach Ansicht von Frauenrechtlerinnen eine besonders perfide Art der Ausbeutung von Prostituierten. Die Stadt war "not amused", hatte aber keine rechtlichen Möglichkeiten, einzuschreiten. Eine übereifrige Frauengruppe wollte deshalb sogar Oberbürgermeister Jensen als "Komplizen der Frauenverachtung" ausgemacht haben.

Angeklagt
Was ist eine original Trierische Viezporz? Sogar über diese Frage kann man sich vor Gericht streiten. Seit vielen Jahren kommen die beliebten Keramik-Trinkbehälter für das Trierer Nationalgetränk überwiegend aus einer Werkstatt in der Eifelstadt Speicher. Deren Legitimation, den Begriff "Original" zu benutzen, zweifelte ein Trierer Geschäftsmann an, der die Porzen auch schon mal via Bayern in China fertigen ließ. Er verklagte den Konkurrenten auf Schadenersatz - Streitwert immerhin stolze 50.000 Euro. Die Richterin sah es nicht so - am Ende gab es einen Vergleich.

Weggerollt
Da gelingt der Stadt dank privater Initiative schon einmal ein Zufallstreffer im Bereich der Jugendarbeit - und schon wird daraus ein Zankapfel. Die Skaterhalle Trier-West, aus der Übergangsnutzung eines ehemaligen Lebensmittelmarkts entstanden, zog quasi über Nacht massenhaft Kinder und Jugendliche an. Das Problem: Laut Bebauungsplan BW 74 steht demnächst der Abriss des vergammelten Gebäudes zugunsten eines lukrativen Wohnungsbaus an. Seit einem Jahr versucht die Stadt nun vergeblich, eine Ersatzlösung zu finden. Die Proteste reißen nicht ab, der Stadtrat stärkte den Jugendlichen den Rücken - eine Lösung ist aber nicht in Sicht.

Abgezählt
"Immer nur lächeln", heißt es in einer berühmten Operette, "doch wie's da drin aussieht, geht keinen was an." Auch Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen lächelt tapfer zwischen den Aktenordnern des städtischen Haushalts - obwohl es für Optimismus nicht den geringsten Anlass gibt. Die Trierer sitzen weiter bis zum Hals in Schulden, und Jahr für Jahr werden es 50 Millionen Euro mehr. Und zwar inzwischen überwiegend nicht mehr für Zukunftsinvestitionen, sondern für Kassenkredite, die im laufenden Geschäft verbraucht werden. Insgesamt ist die Stadt mit rund 750 Millionen Euro in den Miesen - macht etwa 7500 Euro pro Bürger, Kinder und Greise eingeschlossen. Das Land bietet bescheidene Hilfe über einen Entschuldungsfonds, verlangt aber im Gegenzug eisernes Sparen. Der Stadtrat stimmte dem Beitritt mehrheitlich zu - trotz der Befürchtung, künftig noch weniger zu sagen zu haben als bisher. Grüne und Linke waren dagegen, alle anderen beugten sich einem Argument Jensens, dem man schwerlich widersprechen konnte: Die Stadt profitiert nach seiner Berechnung von dem Fonds in den nächsten 15 Jahren mit insgesamt fast 200 Millionen Euro.

Wieder getroffen
Städtepartnerschaften gab es viele in den Zeiten der deutsch-deutschen Euphorie rund um den Mauerfall. Doch nur wenige haben sich so gehalten wie die Beziehung zwischen Weimar und Trier. Im Oktober traf man sich zu diversen Festivitäten angesichts des 25. Geburtstags der Partnerschaftsgründung - zu Zeiten, als es noch BRD und DDR gab. Ein Höhepunkt war der Besuch von mehreren Hundert Weimarern anlässlich der traditionellen Bürgerreise. Auf dem Trierer Hauptbahnhof trafen sich unter anderem (von links nach rechts) die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, Elisabeth Ruschel, der Trierer Dezernent Thomas Egger, der Weimarer Oberbürgermeister Stefan Wolf und Helmut Büttner vom Verein Weimarer Bürgerreisen.

Ausgespielt
2011 hatten Gastronom Simon Haag und Promoter Ingo Popp das Casino am Kornmarkt in Betrieb genommen - als Spielstätte für kleine, aber feine Veranstaltungen aller Art. Das Programm, die Einrichtung, die Atmosphäre: Alles bekam die allerbesten Kritiken. Nur hingehen mochten die Trierer nicht. Im März 2012 war schon wieder Schluss. Ingo Popp hat sich inzwischen sogar komplett aus dem Veranstaltungsgeschäft zurückgezogen - nicht zuletzt aus Frust über die mangelnde Unterstützung der Stadt.

Ungelöst
Seit mehr als zwei Jahrzehnten hat sich die Stadt nicht ausreichend um die Zukunft ihrer Schulen gekümmert, unbequeme Entscheidungen immer wieder aufgeschoben. Jetzt droht der große Knall: Trier kann sich den Unterhalt von mehr als 40 Schulen nicht leisten, dazu kommt, dass etlichen Schulen die Schüler ausgehen. Schuldezernentin Angelika Birk ließ ein Schulentwicklungskonzept erstellen, das nachhaltig für die Konzentrierung des Angebots auf weniger, aber besser ausgestattete Standorte plädiert - was wiederum für massive Proteste aus jenen Stadtteilen sorgte, deren Schulen existenzgefährdet sind. Im Juni wurde das Konzept vorgelegt, im November sollte es endgültig verabschiedet werden. Inzwischen will sich im Stadtvorstand niemand mehr auf einen Zeitpunkt festlegen, wann die Umsetzung beginnen könnte. Hauptgrund: Das Schuldezernat hat bislang keine belastbaren Kostenrechnungen vorgelegt.

Aufgeschmissen
Dicke Luft zwischen den Trierer Sozialeinrichtungen und "ihrer" Dezernentin: Angelika Birk musste Jugendtreffs, Eingliederungshelfern, Sozialbetreuern, Kinderschutz und vielen anderen Institutionen mitten im Haushaltsjahr eine Kürzung der zugesagten Zuschüsse verkünden. Sie führte die harte Entscheidung auf Sparauflagen der ADD zurück. Die Einrichtungen gingen auf die Barrikaden wie nie zuvor, mobilisierten kräftig - und erzielten einen Erfolg. Die Kürzungen wurden fürs Jahr 2012 nur zu einem geringen Teil wirksam und vom Stadtrat für 2013 und 2014 gänzlich zurückgenommen. Da es sich aber um sogenannte freiwillige Leistungen handelt, muss erst die Genehmigung des Haushalts durch die Kommunalaufsicht abgewartet werden.

Ausgeflippt
Es sollte eine schöne Party zum Fastnachtsstart werden, am Weiberdonnerstag rund um den Hauptmarkt. Es wurde ein Besäufnis der eher grellen Art, bei der sich vor allem ein Teil der jugendlichen Besucher derart zurichtete, dass 20 von ihnen mit Alkoholvergiftungen im Krankenhaus landeten und die Notfall-Einsatzkräfte im Dauereinsatz waren - ebenso wie die Polizei. Über die Maßnahmen gegen das Komasaufen gab es unterschiedliche Meinungen. Die Stadt wollte ursprünglich den Fastnachtsauftakt 2013 komplett ausfallen lassen und in den Rathaussaal verlegen. Das wollten die Narren nicht, die darauf verwiesen, dass ein Großteil der Besucher friedlich feierte. Am Ende stand ein Kompromiss: Es bleibt beim Fest auf dem Hauptmarkt, aber der Alkoholausschank in der Trierer Innenstadt wird weitgehend verboten.

Abgeschafft
Aus für den freundlichen Pappkameraden: Die rheinland-pfälzische Polizei muss sparen und schließt deshalb im August ihre bürgernahe Anlauf- und Informationsstelle in einem Ladenlokal in der Palaststraße. Das Kerngeschäft der Polizeiarbeit wird davon sicher nicht beeinträchtigt. Aber die Sympathiewerbung für die Freunde und Helfer bleibt auf der Strecke. Immerhin: Von der ursprünglich geplanten Streichung des Polizei-Kaspers, der Aufklärungsarbeit in der Schule betreibt, wurde abgesehen.

Umgepflügt
Jahrelang diskutierte man um die Nutzung des Palastgartens und die durch Griller verursachten Schäden und Verunreinigungen. Dann kamen die Pilger des Heiligen Rocks und walzten die Parkanlage regelrecht platt. Den Sommer über musste die malträtierte Wiese teilweise für drei Monate gesperrt werden - eine schnellere Lösung mit flächendeckendem Rollrasen wurde verworfen. Allerdings übernahm das Bistum zumindest die Kosten für die am ärgsten ramponierte Fläche unter dem Pilger-Versorgungszelt. Inzwischen kann wieder gesonnt und gegrillt werden - zumindest, wenn das Wetter es erlaubt.

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