Der entmachtete Intendant - Stadtrat Trier stimmt für neue Leitungsstruktur am Theater

Trier · Die Doppelspitze am Theater Trier ist beschlossene Sache. Der Stadtrat stimmt am Donnerstagabend für den Plan des Trierer Oberbürgermeisters Wolfram Leibe (SPD), dem Generalintendanten Karl Sibelius die kaufmännische Leitung zu entziehen. Die härtesten Worte, die dabei fallen, treffen jedoch jemand anderen.

 Geld ist nicht alles. Doch wer sein Budget so stark überzieht wie das Theater Trier, der hat Probleme. TV-Fotos (3): Friedemann Vetter (2), Archiv/Klaus Kimmling

Geld ist nicht alles. Doch wer sein Budget so stark überzieht wie das Theater Trier, der hat Probleme. TV-Fotos (3): Friedemann Vetter (2), Archiv/Klaus Kimmling

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Trier. "Wer ist dagegen?" Als Triers OB Wolfram Leibe dem Stadtrat diese Frage stellt, hebt nur Susanne Kohrs (Die Linke) ihre Hand. Alle anderen Hände bleiben unten. Die Entscheidung ist gefallen, Leibe hat sich durchgesetzt: Karl Sibelius, der gefeierte Künstler und umstrittene Intendant des Trierer Theaters, steht bald nicht mehr allein an der Spitze des Trierer Theaters, sondern soll sich die Leitung mit einem ihm gleichberechtigten Verwaltungsdirektor teilen.

Sibelius verfolgt den Vorgang schweigend. Der Rat hat seinen Wunsch nicht erfüllt, ihm noch für eine Spielzeit eine Chance als Generalintendant zu geben.

Es ist wieder einmal ein Lehrstück darüber, wie sehr Kommunalpolitik irritieren kann. 2013 hatte der Stadtrat Trier beschlossen, die kaufmännische und künstlerische Leitung des Theaters in einer Person zu vereinen. Genau die richtige Idee, hieß es damals. Ein klarer Fehler, heißt es heute.

Sibelius muss sich am Donnerstagabend einiges anhören. Da ist die Rede von einem Finanzdesaster (CDU), von einer extrem hohen Problemdichte am Theater (SPD), von einem Dilemma (FWG). Die AfD fordert sogar, den Vertrag mit Karl Sibelius zu beenden. Doch das ist möglicherweise gar nicht mehr nötig.

Denn noch hat sich der Österreicher nicht klar geäußert, ob er als Teil einer Doppelspitze überhaupt in Trier bleiben will. Der TV hat ihn gefragt. Seine Antwort: "Ich weiß noch nicht, wie ich auf eine eventuelle Vertragsänderung, die mir noch nicht vorliegt, reagieren werde. Das hängt vom Inhalt ab."

Einen neuen Vertrag, der mit hoher Wahrscheinlichkeit ein verringertes Gehalt umfasst, muss der Stadtrat ebenfalls beschließen. Das Papier steht am Donnerstag im nicht öffentlichen Sitzungsteil zur Diskussion. Aus den Fraktionen ist zu hören, man wolle den Vertrag ablehnen.

Die härtesten Worte des Abends gelten jedoch nicht Karl Sibelius. Kulturdezernent Thomas Egger (SPD) habe seinen Verantwortungsbereich falsch gesteuert, die Ratsfraktionen immer wieder hingehalten, sein Dezernat nicht im Griff - es ist wieder einmal kein schöner Abend für den Rechtsanwalt aus Ludwigshafen. Er wird auch nicht schöner, als er dem Rat den Plan vorlegt, 300.000 Euro aus dem Überschuss der kommunalen Verkehrsüberwachung - seit Januar blitzt Trier selbst - nicht wie versprochen in die Verkehrssicherung zu investieren, sondern damit das gesprengte Theaterbudget reparieren zu wollen. Seine Begründung: "Mir liegen keine anderen Deckungsmöglichkeiten vor." Der Rat stimmt schließlich zu. Diesmal ohne Gegenstimme.Meinung

Er muss sich entscheiden

Von Jörg Pistorius

Karl Sibelius war bisher zu keinem Zeitpunkt der richtige Intendant für Trier. Seine Bilanz ist verheerend: 20 Prozent weniger Zuschauer, ein Chaos in der Budgetplanung, Zerwürfnisse mit vielen Leistungsträgern des Theaters. Der Plan, Sibelius als Generalintendanten einzusetzen, ist gescheitert.

Er wird sich bald äußern müssen, ob er bereit ist, die neue Situation zu akzeptieren. Ob er den verletzten Stolz überwinden kann. Ob er es möglicherweise sogar als Erlösung begreift, einem Profi die Finanzen zu überlassen und selbst alle Kraft der Kunst widmen zu können. Und ob er mit einem gleichberechtigten Partner auf Augenhöhe und ohne Zerwürfnisse, die es in den vergangenen Monaten in Serie gegeben hat, arbeiten kann.

Sollte er an nur einem dieser Punkte Zweifel verspüren, dann ist ein Abschied aus Trier der einzige richtige Weg.

j.pistorius@volksfreund.de

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