Die Jüdische Gemeinde in Trier steht vor Herausforderungen

"Trier vergisst nicht" - die Stadt erinnert ab dem 24. März mit einem Gedenkbuch an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. "Das ist heute wichtiger denn je", sagt Daniel Botmann von der jüdischen Gemeinde. Die steht derzeit vor großen Herausforderungen.

Trier. Die jüdischen Gemeinden in Deutschland stünden vor allem vor der Aufgabe, ihre größtenteils zugewanderten Mitglieder zu integrieren, erklärt Daniel Botmann, stellvertretender Vorsitzender des Landesverbands der jüdischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz. Die meisten in Deutschland lebenden Juden sind aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion zugewandert. Nach Angaben des Zentralrats der Juden in Deutschland lebten 1991 circa 60 Juden in Trier. Die Gemeinde war in Ihrer Existenz bedroht. Heute gibt es durch die Zuwanderung hier wieder rund 600 Juden.

Um die jüdischen, meist russischsprachigen Immigranten möglichst gut aufzufangen, bietet die Gemeinde beispielsweise Deutschkurse an. "Die jüdischen Gemeinden sind zu riesigen Integrationszentren geworden. Inzwischen gibt es fast mehr Sozial- als Religionsarbeiter", sagt Daniel Botmann. Schwierig werde die Integration bei den älteren Juden, die jungen seien dagegen bereits als Deutsche aufgewachsen.

Das Judentum in Deutschland befände sich nun in einer Übergangsphase. "Es gibt momentan kein wirklich deutsches Judentum", stellt der 26-jährige Sohn des Trierer Gemeindevorsitzenden fest.

Engagement stößt an Grenzen



Auch die Stadt Trier bietet kostenlose Deutschkurse und Beratung für Immigranten an. Warum die jüdische Gemeinde zusätzliche Integrationsarbeit leistet? Mildtätigkeit sei eine wichtige Säule des jüdischen Lebens, verdeutlicht Botmann. Heute heißt das: soziale Gemeindearbeit.

Das Engagement stößt an Grenzen. Finanziell stehe es nicht gut, räumt Botmann ein: "Wir haben keinen Angestellten. Alles läuft ehrenamtlich." Ohne Rabbiner und Vorbeter könne die Gemeinde nur einen Gottesdienst pro Woche anbieten. Er sehe auch das Land in der Pflicht, dieses Problem zu lösen.

Die Finanzierung der jüdischen Gemeinden in Deutschland ist über Kirchenstaatsverträge mit den Ländern geregelt. Die Gemeinde in Trier erhält jährlich 38 000 Euro Zuschuss. Fast ausschließlich von diesem Geld finanziert sie alles: vom Unterhalt der Synagoge bis zur Sozialarbeit. Andere Länder geben hier vergleichsweise mehr aus. Peter Waldmann, Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Landesverbandes sieht das kritisch: "In Trier ist man an einem Punkt angelangt, wo es kaum mehr weitergeht."

Das Gedenken an die Opfer der NS-Zeit dürfe trotz finanzieller Schwierigkeiten nicht vernachlässigt werden, sagt Botmann. Je weniger Zeitzeugen es gebe, desto bedeutender seien Projekte wie das neue Gedenkbuch, "es ist nur problematisch, wenn die jüdische Thematik ausschließlich darauf reduziert wird."

Magdalena Schüßler ist Stipendiatin der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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