Ein Notruf, der mehr ist als eine Hotline

Trier · Der Trierer Frauennotruf hat zwei neue hauptamtliche Mitarbeiterinnen: Ruth Petri und Judith Vana. Die beiden stehen Frauen und Mädchen auch außerhalb von akuten Situationen zur Seite. Ein neues Programm soll helfen, schwierige Situationen und Erlebnisse kreativ und gemeinschaftlich in Workshops und anderen Veranstaltungen zu bewältigen.

 Ruth Petri und Judith Vana unterstützen Frauen, die geschlagen oder vergewaltigt werden – und helfen anderen, sich gegen Übergriffe zu wappnen. TV-Foto: Helena Rosengrün

Ruth Petri und Judith Vana unterstützen Frauen, die geschlagen oder vergewaltigt werden – und helfen anderen, sich gegen Übergriffe zu wappnen. TV-Foto: Helena Rosengrün

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Trier. Neue Köpfe, neues Programm, neue Ideen: Judith Vana arbeitet seit 2015 beim Trierer Frauennotruf, Ruth Petri seit Anfang 2016. "Wir wollen die Dinge wieder aufleben lassen, da vieles über die Zeit eingeschlafen ist", sagt Petri. Viele glaubten, feministische Ideen seien umgesetzt, und deshalb brauche man nicht mehr zu kämpfen. Deshalb enthalte das neue Programm ein Forum, bei dem Frauen über Themen wie Sexismus oder Gewalt gegen Frauen diskutierten.
Auch bei der Selbsthilfegruppe des Frauennotrufs haben die beiden hauptamtlichen Mitarbeiterinnen einiges geändert. Sie wird nun konstant begleitet und moderiert. Zurzeit besteht sie aus sechs Mitgliedern. Sie steht allen Frauen und Mädchen, die beispielsweise häusliche oder sexuelle Gewalt erleben mussten, offen. Ein Einstieg ist jederzeit möglich. "Wir möchten, dass sich mehr Frauen engagieren und zum Beispiel mal einen Abend in der Selbsthilfegruppe mitgestalten", sagt Vana.
Kurs für Selbstverteidigung


Der Frauennotruf wurde 1992 gegründet und ist ein gemeinnütziger Mitgliedsverein der Tufa, der in Trägerschaft des Vereins SIE (Solidarität, Intervention, Engagement) steht. Das Wort Frauennotruf führe in die Irre, sagt Petri: "Man denkt sofort an eine Hotline." Zwar sei der Verein für Frauen in brenzligen Situationen jederzeit ansprechbar, doch er biete viel mehr.
So habe zuletzt ein Schnupperkurs für Selbstverteidigung großen Anklang gefunden. Dass der Kurs ausgebucht war, hänge auch mit einer Sensibilisierung für das Thema Gewalt gegen Frauen nach der Kölner Silvesternacht zusammen, sagen Vana und Petri. Im kommenden Jahr wollen die beiden einen zweitägigen Workshop zum Thema Selbstverteidigung anbieten.
Die beiden Mitarbeiterinnen stehen auch beratend zur Seite, wenn es um Themen wie Stalking oder sexualisierte Gewalt geht. In manchen Fällen liege das Erlebte bereits Jahre zurück, bevor sich Frauen entschließen könnten, ihre Erfahrungen mitzuteilen. "Für viele Frauen ist es eine Wahnsinnshürde, sich anzuvertrauen", sagt Petri. "Im Internet ist die Hürde niedriger, deshalb arbeiten wir daran, auch online helfen zu können", sagt Vana. Jedes Trauma sei individuell. "Es gibt unterschiedliche Heilungsmöglichkeiten."
In Kooperation mit dem internationalen Frauengarten gebe es ein Angebot, in der Natur zur Ruhe zu kommen und Energie zu tanken. Im Frauengarten stehen einheimischen Frauen, aber auch Migrantinnen Einzelparzellen zur Verfügung. "Wir haben eine Frau aus einem Kriegsgebiet, die sehr zurückhaltend ist und wenig sagt, sich aber hingebungsvoll um ihre Parzelle kümmert. Es tut ihr gut", erzählt Petri.
Wichtig ist den beiden auch, den kritischeren Blick dafür zu schärfen, wie Frauen auf Plakaten oder in der Werbung dargestellt werden: Wo beginnen und wo hören sexistische Darstellungen auf? "Frauen sind in dieser patriarchalischen Welt aufgewachsen und kennen teilweise nur diese Sichtweise", sagt Petri. Eine Sichtweise, in der den Frauen beispielsweise eine Mitschuld bei einer Vergewaltigung gegeben wird, da sie den Täter durch kurze Röcke provoziert hätten. Es sei wichtig, Frauen und Mädchen zu sagen: "Du hast die Möglichkeit, das zu ändern!", sagt Judith Vana.
Weitere Informationen und Kontakt: Facebookseite des Frauennotrufs, E-Mail info@frauennotruf-trier.de , Telefon 0651/2006588.
Extra

Ausgewählte Angebote des Frauennotrufs:Seelenbalsam: Raus aus der Krise, Rein ins Leben - Frauen treffen sich, um trotzt widriger Lebenssituationen Lebensfreude und Genuss zu empfinden; 1. Dienstag im Monat, 17 bis 18.30 Uhr, in den Räumen des Frauennotrufs. Plenum: Feministisch-philosophischer Austausch; 3. Donnerstag im Monat, 19 Uhr. hero

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