Ein Ort der Ewigkeit

TRIER-SÜD. Vom 17. Jahrhundert bis ins Jahr 1922 wurden die Mitglieder der jüdischen Gemeinde auf einem Friedhof in der Weidegasse bestattet. Am 14. und 21. November gibt während der ersten Israelischen Kulturtage eine Führung einen seltenen Einblick in die Geschichte der Juden in Trier.

Hinter einer hohen Mauer in der Gilbertstraße und der angrenzenden Weidegasse liegt der alte jüdische Friedhof. "Zu den ersten Dingen einer jüdischen Gemeinde gehört es, einen Friedhof einzurichten", erklärt der Trierer Historiker und Judaist Rainer Barzen. Er bietet im Auftrag der deutsch-israelischen Gesellschaft Führungen über den nur zu besonderen Anlässen geöffneten Friedhof an. Ein erster jüdischer Friedhof in Trier befand sich am Viehmarkt. Als die Juden 1418 die Stadt verlassen mussten, verschwand diese Ruhestätte und wurde zu Bauland. Jüdische Friedhöfe wurden nicht wie in der christlichen Tradition um die Gotteshäuser herum angelegt.Gemeinden bekommen schwer einen Begräbnisplatz

Nach ihrer Rückkehr legte die neue jüdische Gemeinde einen Friedhof in der Weidegasse - und damit südlich der Stadtmauer - an. 1652 ist der jüdische Friedhof an der Weidegasse erstmals belegt. "Im Mittelalter und der frühen Neuzeit wurde es den jüdischen Gemeinden schwer gemacht, einen Begräbnisplatz für ihre Toten zu erwerben", schreibt die Forscherin Annette Haller in ihrer neuen Dokumentation "Der jüdische Friedhof an der Weidegasse in Trier". Sie dokumentiert darin die Grabstein-Inschriften. Im Unterschied zu Gräbern auf einem christlichen Gottesacker, die nach einer gewissen Zeit wieder abgeräumt und neu belegt werden, ist ein jüdischer Friedhof ein Ort der Ewigkeit. Er wird nie aufgelöst und bietet so den Verstorbenen eine dauerhafte "Heimat". Auf jüdischen Friedhöfen gibt es keinen Blumenschmuck und keine parkähnliche Anlage. Dies führt Historiker Barzen auf eine andere Trauer-Kultur zurück: "Mitglieder der jüdischen Gemeinde pflegen Gräber nicht übermäßig und besuchen den Friedhof auch nur wenig. Die Gräber bleiben erhalten und werden nicht neu belegt. Den Zerfall der Steine lässt man geschehen." Auf dem Friedhof in der Weidegasse zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen einem alten und einem neuen Teil. Der ältere Abschnitt befindet sich vom Eingang aus gesehen auf der linken Seite. Viele der meist aus Sandstein gehauenen, oben abgerundeten Grabsteine sind jedoch heute eingesunken. An diesen Steinen wurden die Inschriften - der jüdischen Tradition entsprechend - auf der Rückseite angebracht. Ein anderes Bild zeigt der von 1800 bis 1900 entstandene neue Teil. Diese Gräber unterscheiden sich kaum von christlichen Grabstellen des 19. Jahrhunderts. Die in deutscher und hebräischer Sprache verfassten Inschriften sind nun, der christlichen Tradition folgend, auf der Vorderseite angebracht und zeigen auch nicht-jüdische Motive. Für Rainer Barzen zeugt dies von einer geänderten Selbstdefinition und dem Wunsch der Juden, sich in die Gesellschaft einzubringen.Anlage seit 1999 unter Denkmalschutz

Der jüdische Friedhof in der Weidegasse wurde 1999 unter Denkmalschutz gestellt. Seit 1922 werden die Mitglieder der jüdischen Gemeinde auf einem Teil des Hauptfriedhofs bestattet. "Dass die jüdische Gemeinde sich inzwischen zusammen mit der christlichen Bevölkerung auf einem Gelände bestatten lässt - wenn auch auf einem abgetrennten Areal", sagt Barzen, zeige, wie sehr sie Teil der sie umgebenden Gesellschaft geworden sei. Die nächsten Gelegenheiten, den jüdischen Friedhof in der Weidegasse zu besuchen, gibt es am 14. und 21. November. Jeweils um 13 Uhr startet am Domfreihof (Eingang Volkshochschule) ein Stadtrundgang durch das jüdische Trier, der auch zu der alten Begräbnisstätte führt.

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