Ein Philosoph am Brett

TRIER. (cofi) Nach Punkten hat Georg-Emanuel Meier den Schach-Titel "Internationaler Meister" in der Tasche und damit den Grundstein für Großmeister-Ehren gelegt – sein nächstes Ziel. Dass er mit 18 Jahren so erfolgreich ist, liegt zum einen am Talent, zum anderen am intensiven Training, an Disziplin und Leidenschaft.

Im Alter von vier Jahren hat Georg-Emanuel Meier die Schach-Regeln von seiner Mutter gelernt. "Das war nichts Außergewöhnliches", erinnert er sich. "Ich habe Schach gespielt wie andere Gesellschaftsspiele. Dass es professionelles Schach gibt, wusste ich nicht." Vom Schach-Virus befallen wurde er, als er sich bei einem Sportfest neben Bogenschießen und anderen Sportarten auch beim Schach beweisen konnte. "Da habe ich meinen ersten Gegner gleich umgehauen", sagt Meier, der sich über Nacht für Bezirks-, Rheinland- und Rheinland-Pfalz-Meisterschaften qualifizierte. Beim SC Zewen machte er die ersten Gehversuche in einem Verein, wechselte dann zum Club in Trier-Süd, wo er Zug um Zug besser wurde und ältere Spieler mit Leichtigkeit besiegte. "Ich war von Natur aus neugierig und unvoreingenommen. Am Anfang macht man kleine Schritte, der Wunsch nach einem Meistertitel kam erst später." Seit etwa drei Jahren wird Meier von Großmeister Vladimir Chuchelov trainiert, bei dem er ganze Wochenenden verbringt, Partien analysiert und Strategien entwickelt, "obwohl ich eher intuitiv spiele". Auf großen Turnieren hat der Gymnasiast viele so genannte ELO-Punkte gesammelt, deren Höhe über Titel und Position in der Weltrangliste entscheidet. Den "Fidemeister"-Titel, den er sich verdient hat, habe er aber nicht angenommen, "der bringt ja nichts". Im Gegensatz zu Russland sei Deutschland - auch bei der finanziellen Förderung - keine Schachnation. Nächstes Ziel: Großmeister mit 19 Jahren

Auf der nächsten Stufe - als Internationaler Meister - steht er bereits, verliehen wird ihm der Titel offiziell im Mai 2006. Sein altes Ziel, mit 19 Jahren Großmeister zu sein, kann er gut erreichen: Meier spielt in der Bundesliga und der Jugend-Olympia-Mannschaft, er will die nächsten U 20-Meisterschaften bestreiten und bei Olympia 2008 Deutschland vertreten. Für sein Abitur in Physik und Mathematik will er beim Schach in den nächsten Monaten aber kürzer treten, um danach als Profi die Karriereleiter weiterzuerklimmen. "Ich bin eher ganz normal"

Bei seinen Mitschülern vom Hindenburg-Gymnasium habe sein Erfolg nie eine große Rolle gespielt, versichert Georg-Emanuel Meier. Sie wissen zwar, was er macht, wenn er wieder einmal - "auf eigene Gefahr" - vom Unterricht freigestellt wird und durch die Welt reist. "Aber die Begeisterung wäre sicher größer, wenn ich Fußball spielen würde. Ein Superstar bin ich noch lange nicht." Als Eigenbrödler gelte er nicht, obwohl viele Schachspieler Egozentriker seien. "Ich bin sehr viel mit mir selbst beschäftigt, aber ich bin doch eher ganz normal. Ich mache alles mal mit, aber eben weniger als andere." Wenn Meier das sagt, dann verblüfft er im nächsten Moment mit philosophischen Gedanken zur Selbsterkenntnis. "Die Beschäftigung mit sich selbst steht beim Schach im Vordergrund. Viele Probleme, die man beim Schach hat, sind in einem selbst, im eigenen Charakter verwurzelt. Probleme im Leben spiegeln sich auch beim Schach wider. Die ultimative Therapie ist das aber nicht, und niemand spielt Schach, um ein besserer Mensch zu werden." Aber Fähigkeiten wie Konzentration, Disziplin und ein gutes Gedächtnis können auch im Alltag helfen. "Ich habe beim Schachspielen gelernt, mit eigenen Fehlern umzugehen und Strategien zu entwickeln, wie man sich verbessern kann."

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